Die Innere Medizin I des Universitätsklinikums des Saarlandes (UKS) hat seit vielen Jahren den Schwerpunkt auf der Behandlung und klinischen wie auch translationalen Erforschung von Lymphdrüsenkrebs (Lymphome) und Immuntherapien.
Aggressive Lymphdrüsenkrebs-Erkrankungen, bei denen es sich meistens um sogenannte diffus-großzellige B-Zell Lymphome (DLBCL) handelt, lassen sich mithilfe von Immuno-Chemotherapien zu etwa 60 – 70 % langfristig heilen. DLBCLs, die allerdings nicht auf eine solche Immuno-Chemotherapie ansprechen oder bei denen der Krebs wiederkehrt (rezidiviert), haben leider eine deutlich schlechtere Prognose. Diesen Patienten, falls sie ansonsten relativ fit sind, werden dann hochdosierte Chemotherapien mit anschließender meist autologer Stammzelltransplantation angeboten, älteren Patienten werden weitere Immuno-Chemotherapien angeboten, bei denen es in den letzten Jahren auch deutliche Verbesserungen gab. Ähnlich ist es bei mehrfach rezidivierten weniger aggressiv wachsenden (indolenten) Lymphdrüsenkrebs-Erkrankungen vom Typ des Mantelzell-Lymphoms oder des follikulären Lymphoms.
Für fitte Patienten mit diesen Diagnosen, bei denen die Lymphdrüsenkrebserkrankung trotz mehrerer Therapien rezidiviert ist, besteht seit Kurzem die Möglichkeit einer neuen hochwirksamen Therapie mit CAR-T-Zellen zur Verfügung. CAR steht für „chimeric antigen receptor“ (chimär = aus unterschiedlichen Bestandteilen künstlich zusammengesetzt).
Hierbei handelt es sich um eine neuartige Form der Zelltherapie, bei der den betreffenden Patienten eine bestimme Unterart von eigenen Immunzellen, sogenannte T-Lymphozyten oder T-Zellen entnommen werden. Diese werden dann gentechnisch durch den Einbau eines chimären Antigen-Rezeptors so umprogrammiert, dass sie gezielt ganz bestimmte Bestandteile von Lymphomzellen angreifen. „Diese Methode, an der weltweit seit fast 40 Jahren geforscht wurde, und bei der es vor etwa 10 Jahren zu ersten klinischen Durchbrüchen kam, stellt die aktuell wohl fortschrittlichste Immuntherapie von Krebserkrankungen dar“, betont Dr. med. Moritz Bewarder, leitender Oberarzt der Inneren Medizin I des UKS.
Nach Rückgabe dieser so modifizierten CAR-T-Zellen, kann es im Rahmen der Bekämpfung der Krebszellen meist in den ersten zwei Wochen zu schweren Freisetzungsyndromen von Entzündungsbotenstoffen (Zytokinstürme) kommen, die u.a. auch die Blut-Hirnschranke überschreiten können, was teilweise zu schweren neurologischen Nebenwirkungen bis hin zur Bewusstlosigkeit/ Koma führt. Deshalb ist im Vorfeld eine sorgfältige Aufklärung und Risiko-Nutzen-Abwägung erforderlich und es ist überaus wichtig, die Patienten, die für diese neue Therapie in Frage kommen, engmaschig zu überwachen und bei Bedarf sofort mit antientzündlichen Medikamenten gegenzusteuern.
Der ersten Verabreichung von CAR T-Zellen am Universitätsklinikum des Saarlandes ging ein langwieriger und aufwändiger Qualifikationsprozess in der Klinik für Innere Medizin I voraus. Aufgrund der möglichen schweren Nebenwirkungen einer CAR T-Zell-Therapie ist darüber hinaus die enge Zusammenarbeit der Inneren Medizin I mit der Radiologie, der Neurologie, der Apotheke sowie im Besonderen den Intensivstationen des UKS unabdingbare Voraussetzung für dieses neue Therapieverfahren.
„Wir sind sehr froh, diese innovative und sehr hochwirksame Therapie unseren Patientinnen und Patienten mit mehrfach rezidivierten Lymphdrüsenkrebs-Erkrankungen anbieten zu können“, sagt Privat-Dozent Dr. med. Lorenz Thurner, kommissarischer Klinikdirektor der Inneren Medizin I des UKS. „Sie bietet eine neue Chance, zuvor unheilbare Krebserkrankungen zu bekämpfen und teilweise zu heilen.“
Die Therapie ist zur Behandlung der folgenden Erkrankungen zugelassen und am UKS möglich: “diffus großzelliges B-Zell Lymphom”, “Mantelzell-Lymphom” und “follikuläres Lymphom”.