Die 11. HomBuch ist offiziell eröffnet: Mitorganisatorin Vera Backes von Dr. Theiss Naturwaren dankte zu Beginn des Lesefests den Sponsoren und kam auch gleich auf den ersten Gast zu sprechen. Und das war mit Margot Käßmann, der wohl bekanntesten Theologin Deutschlands, gleich ein echter Hochkaräter. Bei ihrer Lesung im Siebenpfeifferhaus ging es vor allem um das Thema Altern. Jedoch keineswegs im negativen Sinne.
Welche der anwesenden Frauen mag es eigentlich, alt zu sein? Hätte Margot Käßmann diese Frage am Anfang ihrer Lesung gestellt, die Hände der weiblichen Gäste wären vermutlich nicht gerade in die Höhe geschossen. Alter, das klingt für viele doch zu sehr nach Krankheit, Pflege, und ja, natürlich auch Tod. Freiheit und Selbstbestimmung kommen einem da vielleicht nicht unbedingt in den Sinn. Zumindest nicht, bis man eine der bekanntesten Theologinnen Deutschlands über das Thema hat sprechen hören.
Denn Käßmann hat überhaupt keine Hemmungen, die weibliche Lebensphase ab dem 60. Geburtstag als „schöne Zeit im Leben“ zu bezeichnen. „Unsere Gesellschaft sieht Frauen viel zu negativ in diesen Jahren“, kritisiert die 63-Jährige im HOMBURG1-Gespräch. Sie habe mit ihrem 2018 erschienen Buch „Schöne Aussicht auf die besten Jahre“ einen Gegenakzent setzen wollen.
Zumindest im Siebenpfeifferhaus gelingt ihr das an diesem wunderschön-sonnigen Septemberabend ohne Mühe. Mag auch daran liegen, dass Käßmann diese Lesung deutlich sicht- und hörbar schon oft gehalten hat. Selten der Blick ins Buch, viel Augenkontakt mit den rund 40 Besuchern, die in Corona-Zeiten kommen durften. So wird die Veranstaltung eher zu einem launigen Vortrag, als zu einer trocken vorgetragenen Lesung. Und ganz wichtig: Käßmann schaffte es dadurch, Nähe zum Publikum entstehen zu lassen.
Dazu kommt natürlich noch der Inhalt des Werks, der nicht im pastoral-moralischen Stil gehalten ist, sondern eher locker daherkommt. Käßmann erzählt ohne Scheu aus ihrem eigenen Leben. Wann sie eigentlich gemerkt hat, dass sie alt wird? „An den Händen, spätestens als meine Tochter mich darauf hingewiesen hat, dass ich die selben Altersflecken hätte, wie ihre Oma.“ Und mit einem Schmunzeln schiebt sie nach: “Ok, ich habe es jetzt verstanden!“ Es sind gerade diese leicht sarkastischen Einschübe, die das Publikum immer wieder zum Lachen bringen und für eine gute Stimmung im Saal sorgen.
So viel zur Atmosphäre im Saal. Doch wieso sind die Jahre ab Mitte 50 eigentlich die besten? Für die ehemalige Ratsvorsitzende des Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist es vor allem die Freiheit, die in vorigen Lebensabschnitten so nicht gegeben sei. „Wenn du ganz jung bist, steht du unter Druck, was Schule und Uni angeht; später geht es dann um die Familie und die Erziehung der Kinder.“ Erst im Alter habe man dann auch wirklich Zeit für sich. Aber positiver Blick hin oder her: Einen bekannten Satz aus einem Lied von Udo Jürgens möchte sie dann doch nicht stehen lassen. „Mit 66 Jahren fängt das Leben an, das stimmt natürlich nicht! Aber dann hat man Spaß daran, das kann man sich vorstellen.“ Gut möglich, dass dieser Gedanke auch von der ein oder anderen Zuhörerin geteilt wird, die zum Auftakt der HomBuch zu Gast war.
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