Die deutsche Industrie steht unter Druck: Der Fachkräftemangel ist allgegenwärtig, die wirtschaftliche Lage angespannt. Doch viele Unternehmen reagieren nicht mit Stillstand – sondern investieren gezielt in die Zukunft. Rund drei Viertel der Industriebetriebe mit mehr als 100 Beschäftigten setzen derzeit auf die Weiterbildung ihrer Mitarbeitenden im Bereich Industrie 4.0. Das zeigt eine aktuelle, repräsentative Umfrage des Digitalverbands Bitkom.
Ziel ist es, die Chancen der Digitalisierung voll auszuschöpfen – von der engeren Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine über die intelligente Prozesssteuerung bis hin zur Analyse großer Datenmengen in der Produktion. Dabei wird nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch der Wandel am Arbeitsplatz gestaltet: In vielen Fällen entstehen neue Stellen für gut ausgebildete Fachkräfte, während einfache Tätigkeiten zunehmend automatisiert werden.
68 Prozent der befragten Unternehmen gehen davon aus, dass durch Industrie 4.0 neue Jobs entstehen – allerdings mit sehr spezifischen Anforderungen. „Diese Positionen verlangen umfangreiche Qualifikationen im Bereich IT und Datenanalyse, kombiniert mit einem tiefen Verständnis industrieller Fertigungsprozesse“, erklärt Nick Kriegeskotte, Experte für Industrie 4.0 beim Bitkom. Gleichzeitig beobachtet die Branche, dass klassische Helferjobs abnehmen: Ebenfalls 68 Prozent geben an, dass durch die Digitalisierung Arbeitsplätze für geringer qualifiziertes Personal wegfallen.
Doch diese Entwicklung ist nicht zwingend ein Ausschlusskriterium für Menschen mit wenig Erfahrung: 44 Prozent der Industrieunternehmen sehen in digitalen Assistenzsystemen ein Potenzial, auch gering qualifiziertes Personal an komplexere Aufgaben heranzuführen – etwa durch schrittweise Anleitungen während des Arbeitsprozesses.
Neben der Personalentwicklung bietet Industrie 4.0 einen weiteren handfesten Vorteil: Die Qualität in der Produktion steigt. 57 Prozent der Unternehmen berichten, dass digitale Technologien die Fehleranfälligkeit verringern. „Durch die Analyse von Echtzeitdaten lassen sich menschliche und automatisierte Arbeitsschritte permanent überwachen. Fehler werden frühzeitig erkannt und können sofort behoben werden – manchmal sogar, bevor sie überhaupt entstehen“, so Kriegeskotte. Das steigert nicht nur die Effizienz, sondern senkt auch Kosten und sichert die Lieferfähigkeit.
Kostendruck bleibt Herausforderung – aber auch Türöffner
Trotz aller Investitionen in Technik und Personal sehen sich viele Industrieunternehmen weiterhin mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten konfrontiert. Rund ein Drittel plant laut der Umfrage, in naher Zukunft Stellen abzubauen. Doch auch daraus ergibt sich eine überraschende Entwicklung: 44 Prozent der Betriebe geben an, dass die Entlassungen bei anderen Firmen ihnen dabei helfen, eigene offene Stellen mit qualifizierten Fachkräften zu besetzen.
Regionale Bedeutung und Perspektive
Auch in der Industrieregion Saarland – etwa im Umfeld von Homburg, Bexbach oder Neunkirchen – spielen die Themen Digitalisierung und Fachkräftesicherung eine immer größere Rolle. Unternehmen, die heute in Weiterbildung und Industrie 4.0 investieren, positionieren sich besser für die Herausforderungen von morgen – und sorgen zugleich für neue Perspektiven auf dem regionalen Arbeitsmarkt.