Seit 2017 sitzt die AfD im Deutschen Bundestag. Mit dabei ist auch der Kirkeler Dr. Christian Wirth, der vor vier Jahren über die saarländische Landesliste der Partei ins Parlament einzog. In diesem Jahr tritt er als Direktkandidat im Bundestagswahlkreis Homburg an. Uns hat der AfD-Politiker verraten, wie seine Zeit im Bundestag bisher war und welches politisches Projekt er weiter vorantreiben möchte.
Nichts los ist an diesem wolkenverhangenen, kühlen Dienstagmorgen im Kirkeler Naturfreibad, wo wir uns mit Dr. Christian Wirth treffen. Es herrscht eine geradezu friedliche Atmosphäre. Etwas, das Wirth auch anders kennt. Denn der AfD-Politiker ist Mitglied der Bundestagsfraktion seiner Partei. Und somit Teil jener Gruppe, die im Plenum immer wieder unter besonderer Beobachtung steht. Zwar nicht unter der vom Verfassungsschutz, aber doch von Seiten der politischen Gegner. So hagelt es immer wieder Zwischenrufe, wenn ein AfD-Politiker am Rednerpult steht. Und auch Politiker der AfD rufen gerne und laut dazwischen. Nicht selten fallen sie auch mit Provokationen auf. Die Stimmung im Plenum ist in den letzten Jahren somit deutlich hitziger geworden.
Auch Wirth hat bereits einen Ordnungsruf erhalten, doch es lässt sich durchaus sagen, dass der 53-Jährige nicht zu den Scharfmachern seiner Fraktion gehört. Obwohl er sich im Innenausschuss mit einem der Kernthemen der Partei, der Asylpolitik, beschäftigt. „Die Arbeit im Ausschuss macht mir sehr viel Freude“, unterstreicht der promovierte Jurist, der sich für Grenzkontrollen an den deutschen Grenzen ausspricht. „Mir ist klar, dass das nicht populär ist. Ich hätte auch lieber offene Grenzen. Aber solange die europäischen Außengrenzen nicht ausreichend geschützt sind, ist das notwendig.“
Das vor allem deshalb, weil, laut Wirth, die Flüchtlingskrise weiter fortbesteht. „Es kann nicht sein, dass einfach jeder in unser Land kommen kann“, betont Wirth mit Blick auf die Zahl der Asylanträge, von denen seit 2013 jedes Jahr mindestens 100.000 in Deutschland gestellt wurden. Eine Einführung von Grenzkontrollen würde seiner Meinung nach auch nicht zu Schwierigkeiten für die hiesige Wirtschaft führen. „Früher gab es auch Kontrollen an der Grenze und ich habe nicht mitbekommen, dass das für große Probleme gesorgt hätte.“
Die sieht er auf die saarländische Wirtschaft dagegen wegen der Transformation in der Automobilbranche zukommen. Hier steuere man auf „Riesenprobleme“ zu, denn die Elektromobilität schade der Zuliefererindustrie vor Ort. „Wenn wir nicht massiv umschwenken und eine Gleichwertigkeit der Antriebsformen herstellen, werden wir großen Schaden davontragen.“
Doch Wirth sieht im Hinblick auf die Zukunft der saarländischen Wirtschaft nicht nur schwarz. So sei man in Sachen Informatik durchaus gut dabei. Und der AfD-Abgeordnete möchte das mit einem Projekt weiter vorantreiben. So will er eines Bundesbehörde an die Saar holen, die sich konkret mit der digitalen Ausstattung und Ausbildung der Polizei beschäftigt. „Diese soll dafür sorgen, dass die Bundespolizei bei der EDV und der Verbrechensbekämpfung im digitalen Bereich gut aufgestellt ist.“ Doch klar ist auch: Für einen AfD-Abgeordneten ist es schwierig, einen solchen Vorschlag tatsächlich in die Tat umzusetzen. Denn keine andere Fraktion im Bundestag möchte mit der Partei zusammenarbeiten, von der ganze Landesverbände wegen Rechtsextremismus vom Verfassungsschutz beobachtet werden.
Man merkt Wirth an, dass es ihn nervt, politische Vorschläge nicht zur Vollendung bringen zu können. Das liegt vermutlich auch daran, dass er schon seit Jugendtagen politisch interessiert ist und der Bundestag somit für ihn eine große Bedeutung hat. „Dort zu arbeiten war ein Jugendtraum von mir und es ist wie ein Wunder für mich, dass ich im hohen Berufsalter doch noch die Möglichkeit dazu bekommen habe.“
Ein Wunder, das aber auch ein gehöriges Maß an Verantwortung mit sich bringt, wie nicht zuletzt die Corona-Pandemie gezeigt. In deren Zusammenhang musste der Bundestag gravierende Entscheidungen treffen, die tiefe Einschnitte in die Freiheitsrechte der Menschen zur Folgen hatten. Zumindest für Wirth muss damit nun Schluss sein. „Ich glaube, das Thema Corona ist weitgehend gelaufen, schließlich gibt es für jeden ein Impfangebot. Daher würde ich alle Maßnahmen aufheben.“ Das bedeutet für Wirth ausdrücklich auch: Die Bundesliga-Stadien wieder komplett zu füllen. 75.000 Zuschauer im Berliner Olympiastadion? Je nach Partie würde da vermutlich eine hitzige Stimmung herrschen. Ähnlich wie einige Kilometer weiter, wenn ein AfD-Politiker ans Rednerpult tritt.