Prof. Dr. Martina Sester, Vizepräsidentin für Forschung und Technologietransfer der Universität des Saarlandes. Foto: Oliver Dietze

Als Immunologie-Professorin Martina Sester Anfang Juni ihre Forschungsergebnisse zur Wirksamkeit von Impfstoffkombinationen bekannt gab und am 15. Juni als Preprint veröffentlichte, fand dies bereits internationale Beachtung. Jetzt hat das renommierte Fachjournal Nature Medicine nach strenger wissenschaftlicher Begutachtung die Studienergebnisse publiziert. Sie sind zudem von der Ständigen Impfkommission aufgegriffen worden, die inzwischen die kombinierte Impfung auch für über 60-Jährige empfiehlt.

Das Forscherteam um Martina Sester hatte nachgewiesen, dass wenn der Impfstoff des Herstellers Astrazeneca bei der Zweitimpfung mit dem Biontech-Wirkstoff kombiniert wird, die Geimpften eine deutlich stärkere Immunantwort zeigen als bei einer doppelten Astrazeneca-Impfung. An der Studie, bei der die Stärke der Immunantwort zwei Wochen nach Abschluss einer vollständigen Impfung bestimmt wurde, hatten sich 216 Personen beteiligt. Diese wurden vom Betriebsarzt am Universitätsklinikum des Saarlandes in Homburg im Laufe des Frühjahrs geimpft. Ein Teil von ihnen hatte eine zweifache Astrazeneca-Impfung oder eine zweifache Impfung der Hersteller Biontech und Pfizer erhalten, den weiteren Probanden wurde mit einem Abstand von neun bis zwölf Wochen eine Kombination aus beiden Impfstoffen – eine sogenannte heterologe Impfung – verabreicht. Einige wenige Personen wurden zudem mit dem Moderna-Impfstoff oder einer Kombination aus Astrazeneca und Moderna geimpft.

„Vor dem Hintergrund, dass die Ständige Impfkommission die heterologe Impfung im März ohne eigentliche Zulassungsstudien empfehlen musste, wurden Analysen wie unsere aus dem Labor für Transplantations- und Infektionsimmunologie dringend benötigt. Wir haben bei den geimpften Personen nicht nur untersucht, wie viele Antikörper sie gegen das Coronavirus gebildet haben, sondern wir haben auch die Wirkstärke der sogenannten neutralisierenden Antikörper bestimmt. Diese gibt uns Auskunft darüber, wie gut die Antikörper das Virus davon abhalten, in die Zellen einzudringen“, erläutert Martina Sester, Professorin für Transplantations- und Infektionsimmunologie der Universität des Saarlandes.

Die Analyse der Antikörper-Bildung ergab, dass eine kombinierte Astra-Biontech-Impfung ebenso wie eine zweifache Biontech-Impfung eine wesentlich höhere Wirksamkeit zeigte als eine zweifache Astrazeneca-Impfung. So konnten bei den beiden erstgenannten Varianten etwa zehnmal mehr Antikörper im Blut nachgewiesen werden. „Bei den neutralisierenden Antikörpern zeigte die kombinierte Impfstrategie sogar noch leicht bessere Ergebnisse als eine zweifache Biontech-Impfung“, fasst Martina Sester zusammen. Darüber hinaus hatte das Forscherteam zwei Typen von so genannten T-Zellen unter die Lupe genommen. Die T-Helferzellen unterstützen den menschlichen Körper unter anderem dabei, dass Antikörper gebildet werden. Bei der Vernichtung der infizierten Zellen kommen zudem die T-Killerzellen ins Spiel. Diese sind besonders wichtig, um schwerwiegende Verläufe einer Covid19-Erkrankung zu verhindern.

Bei der Bildung beider Zellarten hatten die Impfstoff-Kombination von Astrazeneca und Biontech sowie die zweifache Biontech-Impfung eindeutig die Nase vorn. Die heterologe Impfung führte bei der Bildung der Killerzellen ähnlich wie bei den neutralisierenden Antikörpern sogar zur stärksten Reaktion. „Hier zeigt sich recht markant, dass die zweifache Astrazeneca-Impfung die Immunabwehr weniger mobilisieren kann als die beiden anderen Varianten. Das bedeutet nicht, dass viele der so geimpften Personen keinen ausreichenden Impfschutz aufweisen, denn die Zulassungsstudie und der Erfolg der Impfkampagnen in vielen Ländern zeigen eine hohe Effektivität der Astrazeneca-Vakzine. Mit einer zweiten Dosis kann jedoch nicht mehr das volle Potential ausgeschöpft werden, das eigentlich in diesem Impfstoff liegt“, erklärt die Immunologin.

Die Forscherinnen und Forscher waren überrascht von der Eindeutigkeit der Ergebnisse. „Dies war auch der Grund, warum wir damit frühzeitig an die Öffentlichkeit gegangen sind und nicht erst das wissenschaftliche Begutachtungsverfahren abgewartet haben“, erläutert Martina Sester. Für die wissenschaftliche Publikation der Studie haben die Forscher ihre Daten noch unter weiteren Aspekten ausgewertet, etwa dem Geschlecht und Alter und der Frage, bei welcher Impfstoff-Kombination die meisten Nebenwirkungen auftraten. „Wir überprüfen jetzt, ob Menschen mit Vorerkrankungen, deren Immunabwehr zum Beispiel durch Medikamente geschwächt ist, nicht als dritte Impfung eine kombinierte Version bekommen sollten, um ein möglichste breite Immunreaktion des Körpers zu erzeugen“, sagt Immunologie-Professorin Martina Sester.

Die wissenschaftliche Studie wurde von der saarländischen Landesregierung im Rahmen des Landesforschungsförderungsprogramms unterstützt.

Originalpublikation: „Immunogenicity and reactogenicity of heterologous ChAdOx1 nCoV-19/mRNA vaccination” in Nature Medicine:
www.nature.com/

 

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