Bild: Rosemarie Kappler
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Unter dem Vorsitz des ehrenamtlichen Kulturbeigeordneten Raimund Konrad (CDU) hat in der vergangenen Woche der Homburger Stadtrat gegen die Stimmen von AfD, Linke und einem CDU-Ratsmitglied und bei drei Enthaltungen (2 Grüne, 1 CDU) für die Weiterplanung der Variante 1 zur Autobahnanschlussstelle Homburg-Ost gestimmt. Bereits zwei Tage zuvor war auch der Stadtrat in Bexbach auf Wunsch der Verwaltung aufgefordert ein deutliches Signal zu setzen. Gegen die Stimmen von Grüne und Linke war man dort ebenfalls für die Variante 1.

Erst jetzt kann die eigentliche heiße Phase im Bebauungsplanverfahren beginnen, in der Bürger, Behörden, Nachbarkommunen, Vereine und Verbände beteiligt werden. Mit dem Umschwenken des Homburger Stadtrates, der zwei Mal die frühere Positionierung des Oberbürgermeisters für Variante 2 unterstützt hat, sichert sich die Stadt Homburg weiterhin das ihr verliehene Recht, aktiv an den Planungen mitzuwirken. Hätte der Stadtrat erneut die Planungsvariante 1 abgelehnt, würde der Bund als Auftraggeber die Planung der Anschlussstelle in einem Planfeststellungsverfahren alleine übernehmen.

Stand der Dinge ist also: Es ist politisch eine Variante gefunden worden für den möglichen und vom Bund beauftragten Autobahn-Anschluss Homburg-Ost, und die Kreisstadt behält ihr Mitplanungsrecht. Aber: Ob und wann diese Variante und damit ein weiterer Anschluss zwischen Homburg/Bexbach und Waldmohr letztlich tatsächlich kommt, entscheidet sich erst im Verlauf des eigentlichen Planungsverfahrens, wenn alle Stellungnahmen und Einwände vorliegen und gegeneinander abgewogen sind. Die seit 15 Jahren geplante und umstrittene Anschlussstelle bei Reiskirchen hat den politischen Mandatsträgern, Verwaltungsleuten und Bürgerinitiativen einiges abverlangt. Zwischen persönlichen Angriffen bis hin zum erzwungenen Blick über den Tellerrand hinaus musste ihr Verstand zeigen, dass er stärker als Gefühlswallungen ist. Im Folgenden die Positionen der Fraktionen in den Stadträten von Homburg und Bexbach.

Homburg: Stefan Mörsdorf erklärte, dass die CDU-Fraktion trotz unterschiedlicher Meinungen in ihren Reihen zu der Position gekommen sei, „dass wir diese Anbindung brauchen.“ Schweren Herzens habe man sich für Variante 1 entschieden. Mit Blick auf die Belastungen durch das Industriegebiet Ost und den Zunderbaum seien Erbach, Reiskirchen, Bruchhof, Sanddorf und Jägersburg stark belastet, eine Anschlussstelle bedeute für die meisten Bürger einen Fortschritt. Mörsdorf forderte, dass beim Lärm- und Immissionsschutz für die Anwohner über den gesetzlichen Anspruch hinaus gegangen werden müsse, erinnerte an entsprechende Aussagen des Wirtschaftsministeriums. Auch nahm er das Land in die Pflicht, im Industriegebiet Zunderbaum für eine adäquate Verkehrserschließung zu sorgen.

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Mit Verweis auf das Industriegebiet Homburg-Ost, das eine Zukunft brauche, und die gleichzeitig erforderliche Entlastung der Berliner Straße unterstrich auch Marc Piazolo (Grüne) die Erfordernis einer Anschlussstelle. Für Lärmschutz der Anwohner müsse so gut wie möglich gesorgt werden, die Stadt müsse zur Not freiwillig was dazu leisten.

Die neue Realität anzuerkennen und Vergangenem nicht nachzutrauern, dafür warb Wilfried Bohn (SPD) angesichts der Fakten schaffenden Positionierung des Bundesverkehrsministeriums. Weil über den Haushalt der Stadt die Mehrkosten für die Planung der Variante 2 nicht zu tragen seien, bliebe also nur Variante 1 oder die Null-Variante. Letztere scheide für die SPD aus, weil Homburg als Industriestandort gute Anschlüsse brauche, damit künftig weiterhin von gut ausgebildeten Arbeitskräften Fahrzeugkomponenten gebaut werden können. Beim Lärmschutz im Rahmen der Variante 1 werde die SPD auf Einhaltung von Zusagen achten.

Daniel Schütte (AfD) erläuterte, warum seine Fraktion weiter für Variante 2 stimmen werde: „Wir wollen damit Variante 1 verhindern, damit Variante Null kommt.“ Eine Anschlussstelle Ost sei nicht dringend notwendig. Bereits jetzt habe der Verkehr insbesondere auf der B423 wegen deutlichem Stellenabbau spürbar abgenommen. Insofern sollte man erst die Fertigstellung des Dritten Ohres abwarten und sich dann mit Ost neubefassen.

Diesen Standpunkt vertrat auch Barbara Spaniol (Linke). Eine millionenschwere neue Anbindung passe nicht in den Zeitgeist der Klimaschutz, Radverkehr, ÖPNV und Erholung zum Ziel hat, und sei fragwürdig aus ökologischen (Waldvernichtung) und ökonomischen (Investions- und Lärmschutzkosten) Gründen. Der Schwerlastverkehr habe abgenommen, belastbare Verkehrsprognosen fehlten, ebenso der Beweis, dass die Industrie einen weiteren Anschluss fordere.

Die nunmehrige Zustimmung der FWG zur Variante 1 verknüpfte Thorsten Bruch mit der Forderung nach größtmöglichem Schutz für die Anwohner im Bereich der L118. Das Ja der FWG zur Variante 1 sei der Notwendigkeit geschuldet, dass Homburg einen weiteren Anschluss brauche. Die Menschen an der Berliner Straße und in Bruchhof bräuchten Entlastung, die Entwicklung der Gebiete Zunderbaum und G9 dürfe nicht gefährdet werden.

Politik sei die Kunst des Machbaren, meinte Jörg Kühn (FDP) und hielt fest: „Die Variante 2 ist nicht machbar.“ Insofern blieb die FDP bei ihrem Votum für V1, gab den V2-Befürwortern mit auf den Weg, dass sie ein totes Pferd reiten.

Bexbach: Dirk Vogelgesang (SPD) erklärte kurz und bündig: „Die Variante 1 ist für uns alternativlos“. Für die Linke begründete Volker Stumpf, warum die Fraktion für eine Null-Variante ist: Der Verkehr nehme ab, deshalb sei der mit dem Bau einer Anschlussstelle verbundene Waldverlust unnötig. Besser wäre, das Geld in Radwege und ÖPNV zu investieren. Karl-Heinz Klein (CDU) rückte ins Bewusstsein: „Die Entscheidung zu einem Anschluss fällt nicht in Bexbach, sondern in Homburg.“ Wenn der Anschluss komme, dann sei aber die Variante 1 eindeutig – insbesondere für Kleinottweiler – die bessere Lösung. Die Grüne waren ebenfalls für eine Null-Variante. Thomas Pfaff sprach von ökologischem Wahnsinn. Man sehe jetzt bereits beim Bau des Dritten Ohres, was an Lärmbelastung entstehe. Wenn künftig am Zunderbaum weiterer Wald vernichtet wird und 17 Hektar Fläche bebaut werden, dann müsse Bexbach mit mehr Verkehr rechnen. Die Stadt forderte er auf, deshalb auf schon früh zu intervenieren.

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