Zum ersten Mal werden im Saarland an einem konkreten Beispiel die Möglichkeiten präsentiert, die der Einsatz von Künstlicher Intelligenz für die Arbeit mit historischen Dokumenten bietet.
Mit einer KI-gestützten Software hat das Saarländische Landesarchiv einen zentralen Bestand seiner handschriftlichen Quellen transkribiert. Die digitalisierten Texte sind ab sofort online verfügbar.
Es ist ein wichtiger Schritt im Rahmen der saarländischen Digitalisierungsstrategie und ein bedeutender Fortschritt für den Umgang mit historischen Quellen. Die automatisierte Handschriftenerkennung ermöglicht der Forschung eine erhebliche Reduzierung ihrer zeitaufwändigen Arbeit. Sie hilft außerdem, Barrieren zu überwinden, die in der breiten Öffentlichkeit bei der Lektüre alter Handschriften existieren. Damit leistet sie auch einen Beitrag zur Verbesserung des Landesarchivs als bürgernaher Institution.
Zum Auftakt der KI-gestützten Archivarbeit wurden 142 Sitzungsprotokolle der Saarländischen Verwaltungskommission von 1946/47 transkribiert. Das Projekt wurde mit Hilfe der Software Transkribus realisiert. Diese ermöglicht die Erstellung und das Training individueller KI-Modelle, die an die jeweiligen handschriftlichen Vorlagen angepasst werden und so möglichst präzise Resultate liefern. Weitere Verbesserungen werden mit manuellen Korrekturen erreicht. Die Digitalisate und eine korrigierte Arbeitsfassung der Sitzungsprotokoll-Texte können ab sofort auf der Webseite des Landesarchivs heruntergeladen werden. Zeitnah ist eine kritische Edition mit final korrigierten Texten geplant, die um einen wissenschaftlichen Apparat ergänzt wird.
Die Lektüre der transkribierten Sitzungsprotokolle der Verwaltungskommission ermöglicht tiefe Einblicke in die Gründungsgeschichte des Saarlandes nach dem Zweiten Weltkrieg. Zwischen 2025 und 2029 jähren sich das Referendum von 1955 und die Eingliederung des Saarlandes in die Bundesrepublik zum 70. Mal. Bis dahin möchte das Saarländische Landesarchiv historische Quellen von den Anfängen bis zum Ende des Saarstaates für wissenschaftliche Forschung und die allgemeine Beschäftigung mit der Landesgeschichte besser nutzbar machen.
Auch außerhalb dieses thematischen Schwerpunkts will das Landesarchiv künftig KI-Anwendungen in seine Arbeitsprozesse einbetten. Die automatisierte Übersetzung zentraler Quellenüberlieferungen böte beispielsweise die Möglichkeit, Sprachbarrieren bei der Nutzung von Archivgut zu minimieren.
Weitere Informationen:
Die Verwaltungskommission des Saarlandes wurde im Oktober 1946 von der französischen Militärverwaltung eingesetzt. Sie fungierte bis zum Amtsantritt der ersten saarländischen Regierung unter Ministerpräsident Johannes Hoffmann (Dezember 1947) als eine Art provisorisches Kabinett und zentrale Institution beim Aufbau des teilautonomen Saarstaats. Nach den Landtagswahlen und dem Inkrafttreten der Verfassung fand am 17. Dezember 1947 ihre letzte Sitzung statt. Bis zu diesem Tag sind 142 Sitzungsprotokolle entstanden, die Einblick in eine Schlüsselphase der saarländischen Geschichte geben.