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HOMBURG1: Viele Menschen sagen Homburg habe als Einkaufsstadt in den letzten
Jahren sehr abgebaut. Geschäfte verschwinden aus der Innenstadt, es gibt akute
Leerstände und die Attraktivität sinkt. Bei diesen Gedanken macht die Altstadt immer eine
Ausnahme und verkauft sich als eigenständiges Produkt innerhalb der Stadt. Wie ist denn Ihre Meinung dazu? Was könnte man denn in Homburg noch weiter verändern? Vielleicht auch eine kleine Analyse des Ist-Zustandes?

Ulrike Stutz: Ich komme ja ursprünglich mit meiner Praxis aus dem Bereich Talzentrum. Dort war ich fast 10 Jahre beheimatet. Da unten die Ecke ist leider recht schmutzig und nicht attraktiv gestaltet. Auch wenn einiges versucht wird, wie z.B. die Reinigung der Glasüberdachungen usw., aber da sind auch Tauben und es liegt einfach Dreck herum. Es ist dunkel, wenig attraktiv und es hat sich in den letzten Jahren nicht wesentlich verbessert. Das Gegenteil ist der Fall. Was wir hier oben in der Stadt haben, ist ein Kleinod, persönlich und inhabergeführt. Die Inhaber und die Mitarbeiter kümmern sich um ihre Umgebung. Auch vor meiner Praxis muss es tipptopp sein. Ich möchte nicht, dass Jemand durch irgendwelchen Müll waten muss, um in meine Praxis zu kommen. Das ist wirklich ein Unterschied zum anderen Teil der Stadt. Es müsste einfach mal sauberer sein. Beim Thema Verkehrsführung halte ich mich mal raus, das ist auch eine schwierige Sache hier in Homburg. Und es gibt ja noch die Kaiserstraße. Wir haben also drei parallel führende Straßen, die eigentlich alle etwas bieten, aber es ist irgendwie nicht optimal ausgenutzt.

Im November 2019 wurden unter der Glasüberdachung im Talzentrum Homburg Sonnensegel angebracht. – Bild Stephan Bonaventura

HOMBURG1: Kann der Rest der Stadt noch etwas von Ihnen in der Altstadt lernen?

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Manuela Brengel: Ja das können sie mit Sicherheit, wenn sie daran Interesse haben. Die Talstraße ist sowas von unattraktiv, ich hätte nie mein Geschäft dort eröffnet, das höre ich auch von meiner Kundschaft. Die Talstraße ist einfach unattraktiv, weil von den einzelnen Geschäften kaum Wert daraufgelegt wird, wie es um die Geschäfte herum aussieht. Es gibt überhaupt kein Miteinander. Ich selbst gehe auch sehr ungern in die Talstraße. Sie hat keine Atmosphäre, kein Flair, und das ist auch das, was ich immer wieder höre. Hier oben ist Atmosphäre, hier ist Flair, den man sieht und fühlt. Viele Kunden sagen zu mir: Das ist so ein bisschen wie Urlaub hier oben.

Ulrike Stutz: Es ist natürlich bedauerlich, weil es schon unten Geschäfte gibt, die ihr Bestes tun. Aber die Umgebung ist einfach unattraktiv und überwiegend mit Filialisten besetzt, das kommt auch noch dazu. Da besteht ja oft überhaupt nicht das Bedürfnis nach einem Miteinander, so wie wir das hier anstreben. Ich laufe durch die Saarbrücker Straße, da bekommt man beim Vorbeilaufen der Geschäfte mindestens ein Zuwinken, oft einen Kaffee oder einen Sekt im Laden und man redet miteinander. Es ist einfach toll hier in der Altstadt.

HOMBURG1: Hat Homburg zu viel ungenutztes Potenzial hier liegen, das einfach übergangen wird?

Ulrike Stutz: Das hat jede Stadt. Es ist halt schon sehr auffällig, dass die Saarbrücker Straße so angenehm, so hübsch, so schön ist und dass hier so viel Power zu spüren ist. Aber was will man unten in der Talstraße anders machen? Das ist nicht so einfach, weil da große Geschäfte sind. Hier oben in der Altstadt haben wir definitiv eine lebendige Gemeinschaft. Und man könnte es hier sogar noch schöner machen. Den Marktplatz, der eh schon so schön ist, könnte man auch noch schöner gestalten. Man könnte ihn noch eine Spur sauberer halten, noch mehr Blumen installieren und alles noch bunter gestalten. Auch hier gibt es natürlich noch viel Potenzial.

Blick Richtung Homburger Altstadt. – Bild: Stephan Bonaventura

HOMBURG1: Sie sind als Verein finanziell sehr begrenzt. Wie kommt man da zurecht bei all dem was man gerne umsetzen möchte?

Ulrike Stutz: Beim Thema Finanzen muss man natürlich überlegen. Das meiste Geld kommt durch Mitgliederbeiträge rein. Dadurch, dass wir alle selbstständig sind, ein gemeinsames Ziel haben, machen wir vieles in Eigenleistung. Da wird gar nicht groß überlegt, wenn eine gute Idee da ist. Daran sieht man aber auch, wieviel Herzblut bei uns Mitgliedern hinter unseren Aktionen steckt.

Manuela Brengel: Ich lebe schon immer nach dem Motto: Was kann ich für die Gemeinschaft tun und nicht was tut die Gemeinschaft für mich? Wenn einer eine gute Idee hat und es ist nicht genug Etat da, dann fragt man, ob wir es gemeinsam stemmen. In den vier Jahren, in denen ich dabei war, gab es bei uns noch nie große Diskussionen. Gerade das Miteinander motivierte uns beide auch dabei hier für den Vorstand im Verein anzutreten. Es haben sich auch Freundschaften in dem Verein entwickelt. Man sitzt also auch privat zusammen und trifft sich jetzt nicht nur zur Sitzung. Und das ist auch ganz wichtig. Wir harmonieren einfach gut.

HOMBURG1: Es gibt in Homburg im Bereich Handel mehrere örtliche Interessengruppen, die nebeneinander existieren. Wie kommt man da zurecht, die Meinungen können ja nicht immer gleich sein bei städtischen Themen?

Ulrike Stutz: Man muss reden, es geht nur mit Kommunikation, so dass man eine gemeinsame Linie findet, damit der eine dem anderen nicht im Weg steht oder man gegeneinander arbeitet. Das gibt es nicht. Das geht nicht, denn das bringt überhaupt keinen weiter. Ich denke, jeder von uns hat eigentlich das gemeinsame Ziel, Homburg weiterzubringen, attraktiver zu machen – auch die Altstadt. Wir sind hier oben viele Individualisten und trotzdem hat man ein gemeinsames Ziel. Ich will aber noch eins deutlich machen: Wenn jemand von außerhalb oder ein anderer Verein hier in der Altstadt Einfluss nehmen würde und Veränderungen möchte, die kritisch zu betrachten sind, dann muss man als Verein hier entgegentreten und sagen: Wir bringen der Stadt viel, wir sind damit nicht einverstanden und wir müssen darüber reden. Man muss als Verein eben auch schauen, dass sich hier an unserem Standort nichts Negatives entwickelt oder reingebracht wird.

HOMBURG1: Geht es hier gedanklich auch um die Umsetzung von Bauvorhaben innerhalb der Altstadt? Um den ureigentlichen Stil zu bewahren und zu schützen?

Ulrike Stutz: Ja, unbedingt. Wie gesagt ist unsere Altstadt ein echtes Kleinod. Damit muss man behutsam umgehen. Das Bild darf nicht durch bauliche Maßnahmen zerstört werden. Es fängt aber ja schon mit Straßen- und anderen Absperrungen an. Diese werden dann lieblos hingestellt, was überhaupt nicht ins Bild passt und das macht vieles kaputt.

Manuela Brengel: Die Altstadt ist das Aushängeschild von Homburg, so sehe ich das.
Deswegen müssen wir dann uns künftig auch öfter mit dem Stadtmarketing oder der Stadt überhaupt zusammensetzen, um zu sagen: Wenn ihr hier etwas macht, dann redet doch bitte auch mal vorab mit uns drüber. Wie sehen die Händler das überhaupt? Wenn zum Beispiel ungefragt ein Toilettenwagen vors Schaufenster gestellt wird, möchte ich das einfach nicht. Das kann die Stadt nicht einfach so bestimmen, da müssen wir eintreten und sagen: Stopp, bitte mal mit uns Rücksprache führen. Es gibt in dem Fall bestimmt auch eine andere Möglichkeit den Toilettenwagen unterzubringen.

Der Historische Marktplatz in Homburg an einem ruhigen Sonntag. – Bild: Stephan Bonaventura

HOMBURG1: Plädieren Sie für einen autofreien Marktplatz?

Ulrike Stutz: Meine private Antwort dazu ist auf jeden Fall: Ja! Es ist so schade, wenn dieser Platz vollgeparkt wird. Das nimmt vieles vom Flair. Mir wäre es lieber, wenn es wie beispielsweise in Trier oder in anderen schönen Städten wie Heidelberg wäre. Dort gibt es diese autofreien Plätze, die stets verschönert werden. Plätze, auf denen sich die Menschen treffen können, dafür ist ein Marktplatz da. Ein Marktplatz ist kein Parkplatz! Dass sich Leute dort treffen ist der ursprüngliche Sinn eines Marktplatzes und es wäre wunderbar, wenn man das ernst nehmen und auch respektieren würde.

HOMBURG1: Danke für das ausführliche Gespräch und viel Erfolg bei Ihrer künftigen Arbeit in unserer schönen Homburger Altstadt.

Das Interview führte Stephan Bonaventura.

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