In Berlin haben sich die Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD geeinigt. Bundestag und Bundesrat müssen noch zustimmen. Das Gesetz soll bis zur parlamentarischen Sommerpause am 8. Juli endgültig beschlossen sein. „Die Einigung schafft nun Planungssicherheit für den Übergang von einer Generation zur nächsten, gerade für den Mittelstand als Motor der deutschen Wirtschaft und Garant für gute und sichere Arbeitsplätze“, erläuterte Finanzminister Stephan Toscani am Montag (20.06.2016).
Nach dem Kompromiss werden Firmenerben wie bisher von der Erbschaftsteuer weitgehend befreit, wenn sie das Unternehmen längere Zeit fortführen und Arbeitsplätze erhalten. Allerdings gelten schärfere Vorgaben – entsprechend den Forderungen des Bundesverfassungsgerichts.
Die Erbschaft- und Schenkungssteuer ist eine wichtige Landessteuer, deren Aufkommen voll dem saarländischen Haushalt zufließt. Ihr Aufkommen betrug 2015 rund 41 Mio. Euro. Im Jahr 2016 wurden zum 30. April bereits 20 Mio. Euro Steuern vereinnahmt.
Stephan Toscani: „Für das Saarland ist es im Hinblick auf die
Konsolidierung des Landeshaushalts gut, dass die Einigung erfolgt ist und die Erbschaftsteuer als Landessteuer erhalten bleibt. Da Ausnahmeregelungen für Großvermögen entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts eingeschränkt werden, ist zudem mit Mehreinnahmen aus dieser Steuer zu rechnen.“
Bisher müssen Unternehmensnachfolger generell kaum Steuern zahlen, wenn sie den Betrieb lange genug weiterführen und die Beschäftigung halten. Unabhängig vom Unternehmenswert werden Firmenerben bei der Erbschaftsteuer zu 85 oder 100 Prozent verschont, wenn sie das Unternehmen fünf beziehungsweise sieben Jahre fortführen. Die Verfassungsrichter hatten Ende 2014 eine Begünstigung generell für zulässig erklärt, aber schärfere Vorgaben verlangt.
Künftig sollen bei größeren Unternehmen Firmenerben nur verschont werden, wenn sie nachweisen, dass sie die Steuer nicht verkraften. Für Kleinbetriebe soll die Bagatellgrenze strenger gefasst werden. Die Einnahmen aus der Erbschaftsteuer von rund sechs Milliarden Euro könnten etwas steigen.
Hintergrund: Die neuen Verschonungsregeln (entsprechend dpa):
GROßVERMÖGEN: Ab Betriebsvermögen von 26 Millionen Euro je Erbfall soll es eine „Bedürfnisprüfung“ geben. Der Erbe muss nachweisen, dass ihn die Zahlung der Erbschaftsteuer finanziell überfordern würde. Unterhalb der Grenzen werden weiter Steuervorteile gewährt. Lässt sich der Erbe auf die Bedürfnisprüfung ein, muss er sein Privatvermögen offenlegen. Das kann zur Hälfte zur Besteuerung herangezogen werden. Wird die Steuer aus dem Privatvermögen gezahlt, kann sie zehn Jahre lang zinslos gestundet werden – allerdings nur im Erbfall und nicht bei einer Schenkung.
ABSCHMELZMODELL: Soll das Privatvermögen privat bleiben, greift ein Abschlagsmodell: Mit wachsendem Unternehmensvermögen muss ein größerer Teil des Betriebsvermögens versteuert werden. Die Verschonung sinkt schneller mit der Größe des Unternehmensvermögens – bis auf null. Es würde im Extremfall also keine Verschonung geben. Keine Verschonung wird gewährt ab einem Erwerb von 90 Millionen Euro.
FAMILIENUNTERNEHMEN: Für Familienunternehmen mit Kapitalbindung beziehungsweise Verfügungsbeschränkung – der Erbe kann nicht frei über Gewinne oder Verkäufe entscheiden – ist ein Steuerabschlag auf den Firmenwert geplant. Der darf maximal 30 Prozent betragen.
KLEINBETRIEBE: Bisher sind Betriebe mit bis zu 20 Arbeitnehmern vom Nachweis des Arbeitsplatzerhalts befreit. Da ein Großteil der Firmen weniger als 20 Beschäftigte hat, haben die Richter die Verschonung unverhältnismäßig genannt. Künftig sollen nur Betriebe mit bis zu fünf Mitarbeitern von der Nachweispflicht ausgenommen werden.
BETRIEBS- und VERWALTUNGSVERMÖGEN: Es soll bei der Abgrenzung zwischen „verschonungswürdigem“ und „nichtverschonungswürdigem“ Vermögen bleiben. Anders als Betriebsgrundstücke und Maschinen wird Verwaltungsvermögen besteuert und nicht „verschont“. 10 Prozent des Verwaltungsvermögens bleiben pauschal steuerfrei, auch Tatbestände wie die betriebliche Altersvorsorge oder verpachtete Grundstücke.
INVESTITIONSKLAUSEL: Mittel aus einem Erbe, die gemäß dem vorgefassten Willen des Erblassers innerhalb von zwei Jahren nach seinem Tod für Investitionen in das Unternehmen getätigt werden, sollen steuerrechtlich begünstigt werden.
UNTERNEHMENSWERT: Für das vereinfachte Ertragswertverfahren gibt es eine neue Berechnung. Das jetzige Verfahren führt angesichts der Niedrigzinsen zu unrealistisch hohen Firmenwerten. Bisher werden diese ermittelt, indem ein Kapitalisierungsfaktor von rund 18 mit dem Gewinn multipliziert wird. Künftig soll sich dieser Faktor zwischen 10 und maximal 12,5 bewegen.
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