Symbolbild

Mehr Mobilität, weniger Verkehr – das ist für Mobilitätsministerin Petra Berg ein Orientierungsmaßstab für ihr künftiges politisches Handeln. Dabei möchte Berg vor allem auf den ÖPNV und Radverkehr setzen. Dafür möchte sie an einigen Stellschrauben drehen.

Da im Saarland derzeit umfassende und belastbare Daten zum Mobilitätsverhalten der Saarländer fehlen, wird sich das Saarland 2023 daher erstmals mit einer regionalen Vertiefungsstichprobe an der Studie Mobilität in Deutschland (MiD) beteiligen. Die Studie MiD wird in mehrjährigen Abständen durchgeführt – zuletzt 2002, 2008 und 2017. Ziel der durch das Bundesverkehrsministerium beauftragten Studie ist es, die Alltagsmobilität der Bürger zusammen mit grundlegenden Merkmalen der Haushalte und Personen zu erfassen. Die MiD ist nach dem Mikrozensus die größte Haushaltsbefragung in Deutschland. Sie stellt eine wichtige Grundlage für die Verkehrsplanung von Bund und Ländern dar. Mit der MiD wird beispielsweise untersucht, wie oft, wie weit, wie lange und für welche Zwecke die Menschen in Deutschland täglich unterwegs sind, wie es um den Zugang zu Auto, Fahrrad, Bus, Bahn und Fußverkehr bestellt ist und inwieweit sich bestimmte Bevölkerungsgruppen in ihrer Alltagsmobilität unterscheiden.

Um die regionale Aussagekraft der Erhebung zu steigern, wird das Ministerium für Umwelt, Klima, Mobilität, Agrar und Verbraucherschutz (MUKMAV) nach einem Beschluss des Ministerrats eine Stichprobenaufstockung um bis zu 5.000 saarländische Haushalte beauftragen. Wichtige Erkenntnisse zum Verbraucherverhalten verspricht sich Ministerin Berg auch vom dreimonatigen Aktionszeitraum des 9-Euro-Tickets: „Wir hoffen, dass bei uns viele Menschen das 9-Euro-Ticket erwerben und statt Auto verstärkt Bus und Bahn nutzen. Die Vorverkaufszahlen zeigen bereits, dass das Interesse groß ist.“ Demnach schätzt der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), dass bundesweit bisher 7 Mio. 9-Euro-Tickets verkauft wurden. Im Saarland sind es laut Saarländischem Verkehrsverbund über 30.000 Tickets.

Ob dies zu den von einigen befürchteten Kapazitätsengpässen führe, könne aber derzeit noch niemand genau sagen, so Berg: „Nach zwei Jahren Pandemie liegen die Fahrgastzahlen im saarländischen ÖPNV und bundesweit immer noch etwa 20% unter dem Niveau von 2019. Von daher haben wir Reserven im System. Wir gehen davon aus, dass das 9-Euro-Ticket nicht nur von Berufspendlern, sondern auch sehr stark im Freizeitbereich und in der Ferienzeit genutzt wird.“

Gemeinsam mit den Eisenbahnverkehrsunternehmen DB Regio und vlexx seien Vorbereitungen getroffen worden, um insbesondere an den Wochenenden einer erhöhten Nachfrage gerecht zu werden. Auf den wichtigsten Bahnstrecken verkehren die Züge deshalb, wo immer möglich, mit doppelter Sitzplatzzahl. An ausgewählten Bahnhöfen wird außerdem zusätzliches Personal eingesetzt. Dies insbesondere auch im Hinblick auf eine erwartete Zunahme von Reisenden mit dem Fahrrad. Die Verkehrsunternehmen werden in den ersten Tagen das Geschehen beobachten und versuchen, überall dort, wo es mit vorhandenem Personal und Fahrzeugen möglich ist, die Kapazitäten anzupassen.

Anreize sollen aber nicht nur für den Umstieg auf Busse und Bahnen gesetzt werden, auch die verstärkte Nutzung des Fahrrades steht im Fokus. Die derzeit laufenden Kampagnen Stadtradeln und Schulradeln erreichen im Saarland immer mehr Menschen. Ministerin Berg zieht eine positive Zwischenbilanz: „In den ersten beiden Kampagnenwochen radelten über 7.200 Saarländer mit. Damit konnten 159 Tonnen CO2 vermieden werden. Zwei Rekorde haben wir im Saarland bereits jetzt aufgestellt: Noch nie nahmen so viele Kommunen wie in diesem Jahr an Stadtradeln Saar teil. 56 sind es diesmal. Die Teilnahme des gesamten Saarlandes bei Stadtradeln Saar ist in greifbarer Nähe. Erfreulich ist, dass auch Schulradeln Saar immer beliebter wird. 90 Schulen radeln in diesem Jahr um die Wette, auch das ein neuer Rekord.“

Und dieser Erfolg findet auch bundesweit Beachtung. Deshalb wird die bundesweite und internationale Preisverleihung zu Stadtradeln im November erstmals im Saarland stattfinden. Und die Ministerin hat auch darüber hinaus viel vor. „Wir wollen im Saarland den Anteil des Radverkehrs an der gesamten Verkehrsleistung von 2 % in 2017 auf mindestens 10 % in 2030 verfünffachen. Das erfordert weitere Investitionen in die Radverkehrsinfrastruktur, nicht nur im Landes- und Bundesstraßennetz, sondern auch und vor allem in den Kommunen. Denn der Großteil der Alltagsmobilität findet vor Ort in den Städten und Gemeinden statt.“

Um das saarländische Radwegenetz für den Alltagsradverkehr zu ertüchtigen, arbeiten der Landesbetrieb für Straßenbau (LfS) und das Ingenieurbüro PGV-Allrutz GbR aus Hannover seit 2021 an der Fortschreibung des Radverkehrsplanes. Im Jahr 2011 wurde der erste Radverkehrsplan Saarland veröffentlicht, damals mit einem starken Fokus auf das touristische Radwegenetz.  Ziel der Fortschreibung ist es, das saarländische Radverkehrsnetz ambitioniert weiter zu entwickeln und die Planungsgrundlagen so zu verbessern, dass eine zielgerichtete, effiziente Steuerung der Haushaltsmittel für die Stärkung des Alltagsradverkehrs ermöglicht wird. Die Bedarfsplanung für den Bau von Radwegen an Bundes- und Landesstraßen wird mit der Fortschreibung aktualisiert und priorisiert.

Im Januar 2021 fand eine digitale Kick-off-Veranstaltung mit den saarländischen Kommunen und Interessenverbänden/ Verkehrsclubs statt, um den Prozess der Fortschreibung offiziell einzuläuten. Im Juni 2021 konnten die Kommunen in Regionalkonferenzen eigene Vorschläge für das zukünftige Radwegenetz des Landes einbringen und mit Vertretern der Straßenbauverwaltung des Landes sowie dem beauftragten Dienstleister diskutieren. Mittlerweile liegt ein erster Entwurf für das künftige Radwegenetz des Saarlandes vor, der auch online abrufbar ist: https://www.saarland.de/lfs/DE/service/radverkehrsplan/radverkehrsplan_node.html

Aktuell werden die Strecken des künftigen Radwegenetzes vom beauftragten Ingenieurbüro befahren, um Mängel zu erfassen und bei Bedarf Alternativrouten zu prüfen und gegeneinander abzuwägen. Parallel wird eine Datenbank erstellt, in der alle künftigen Strecken des Radverkehrsnetzes mit ihrem Zustand und dem Handlungsbedarf digital erfasst werden. Bis Ende 2022 soll der neue Radverkehrsplan vorliegen.

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