Fast 250 Menschen demonstrierten am Sonntag mit Kundgebung und menschenkette am Bäckerhaus Ecker-Standort Bexbach für die Beibehaltung bestehender Tarifverträge. Die sind in Gefahr, weil Edeka Südwest seinen K&U GmbH zerschlagen will. - Foto: Rosemarie Kappler
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Dem Streik für höhere Löhne im August des Vorjahres folgte am Sonntag am Bäckerbub-Standort Bexbach die Demonstration für tariflich gesicherte Arbeitsplätze. Hintergrund: Edeka Südwest beabsichtigt die Zerschlagung seiner hundertprozentigen Tochtergesellschaft K&U unter deren Dach seit 2010 das Homburger Traditions-Bäckerhaus Ecker namentlich fortbestehen durfte.

Für die Mitarbeiter der Ecker-Filialen hatte die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten seinerzeit einen Tarifvertrag erwirken können. Dessen Fortbestand ist nun durch die bis 2023 angekündigte Zerschlagung gefährdet. Edeka Südwest will, dass seine Einzelhändler die 56 Ecker-Filialen übernehmen. Eine Pflicht, die Tarifverträge weiterfortzuführen entfällt dann. Für die 460 Beschäftigten – fast ausnahmslos Frauen – droht eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen, denn viele Einzelhändler sind weder tarifgebunden, noch haben sie einen Betriebsrat. Zudem befürchtet die Gewerkschaft NGG auch Nachteile für den Bäckerbub Backbetrieb im Gewerbegebiet Bexbach. Denn nach der Zerschlagung sind die Edeka-Einzelhändler auch nicht mehr verpflichtet, die Produkte aus Bexbach zu beziehen.

NGG-Geschäftsführer Mark Baumeister machte deshalb am Sonntag gemeinsam mit den 250 Protestlern (Mitarbeiter, Gewerkschafter und Politiker) unmissverständlich klar: „Wir sind heute hier, weil wir denen ganz klar die rote Karte zeigen und den Kampf ansagen wollen. Wir sind nicht bereit mitzumachen, wenn Edeka sich aus der Verantwortung zieht und Ecker und K&U zur Flotte gibt. Ein Unternehmen wie Edeka Südwest hat ganz klar die moralische Verantwortung für die Beschäftigten und deshalb machen wir heute richtig Krach.“ Baumeister wie auch der NGG-Landesbezirkschef Uwe Hildebrandt gaben den aus ihrer Sicht „Möchtegern-Saubermann-Managern in Offenburg“ mit auf den Weg: „Wer Lebensmittel liebt, der muss auch die Beschäftigten lieben, die diese Lebensmittel verkaufen.“ K&U mit Bäckerbub und den Traditionsbäckereien wie Ecker seien ein profitables Unternehmen und mit insgesamt 4.500 Mitarbeitern der größte Backwarenfilialist in Deutschland. Hildebrandt an die Adresse der Konzernleitung: „Ihr wollt zerschlagen, wir wollen anständige Tarifverträge und nicht Einzelhändler, die keine Tarifverträge machen wollen.“

Weil seinerzeit beim Unternehmensverkauf die Mitarbeiterinnen des Bäckerhaus Ecker Angst davor hatten, vom Konzern gefressen zu werden, hatte Baumeister – damals unterstützt von Margot Ecker – bei der Gründung eines Betriebsrates geholfen. Seine Erfahrung: „Es wurde der Aufstand geprobt, um überhaupt einen Tarifvertrag zu machen.“ Seither wechselten die Geschäftsführer ständig, Verträge wurden gemacht und kurzfristig wieder zurückgerufen. Mit Zähigkeit wurde der Tarifvertrag für den Filialbereich verteidigt, der nun auf dem Spiel steht. „Wir müssen die Zerschlagung des Konzerns verhindern“, sagte Hildebrandt. Es gehe auch um die Familien der Mitarbeiter, um gesicherte Arbeitsplätze und um moderne Arbeitsbedingungen. Alles andere sei Mittelalter. „Lasst uns heute kämpfen, verhandeln können wir noch später“, ermunterten Baumeister und Hildebrandt die Anwesenden.

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Foto: Rosemarie Kappler

Als Verhandlungsführer hat die NGG den erfahrenen Püttlinger Anwalt Stephan Hettmann gewinnen können. Der skizzierte grob: „Es geht darum zu verhindern, dass die Beschlüsse umgesetzt werden. Klappt das nicht, dann müssen wir zusammenstehen und kämpfen.“ Rückendeckung haben die Mitarbeiter von Bäckerhaus Ecker und Bäckerbub von den Landespolitikern Eugen Roth und Stefan Pauluhn (beide SPD) und Jochen Flackus (Linke). Roth drohte in Richtung Offenburg: „Ihr habt es mit unserer NGG zu tun und mit den progressiven Kräften in den Parlamenten. Wir werden euch auf die Finger. Das wird kein Spaziergang, schon gar nicht im Wirtschaftsland Saarland.“ Flackus empfand es schlicht als zynisch, dass der Konzern im Windschatten der Pandemie die Zerschlagung angekündigt hat: „Das ist eine miese Tour und wird von der Politik abgelehnt.“ Den betroffenen Mitarbeitern stärkte er den Rücken: „Ihr seid ebenfalls Alltagshelden, weil ihr die Bevölkerung mit Lebensmitteln versorgt.“

Flackus machte auch deutlich, dass in der Konsequenz der Willkür von Großmarktführern wie Edeka strukturelle Lohnsenkungen und damit verbunden strukturelle Altersarmut vorprogrammiert sind. Als Saarpfälzer meinte Pauluhn: „Ecker ist ein Traditionsunternehmen. Ecker ist groß geworden in der Region, durch die Menschen hier und durch eure Arbeitskraft. Die darf nicht mit den Füßen getreten werden, da steht die saarländische Politik hinter euch. Es wäre nicht das erste mal, dass Unternehmenvertreter in den Wirtschaftsausschuss des Landes eingeladen werden. Die müssen die gewerkschaftliche Faust im Konzern spüren.“ Für den DGB forderte Bettina Altesleben schlicht: „Bleibt bei den Tarifverträgen.“

Bild: Yannik Seyfried

Hintergrundinformationen:

1949 wurde das traditionsreiche Bäckerhaus Ecker im Homburger Stadtteil Erbach gegründet. Über lange Zeit expandierte das Unternehmen, versorgte seine Filialen vom Backbetrieb am „Hochrech“ aus. 2010 wurde Ecker von der Edeka-Tochter K&U Bäckerei übernommen, deren Bäckerbub GmbH den reinen Backbetrieb an vier Standorten im Südwesten organisiert. Von der Übernahme des Bäckerhauses Ecker bis zum Jahr 2012 wurden von Anwohnern wegen Lärmbelästigung Rechtsstreitigkeiten geführt. Am Ende erwies es sich nahezu als Glücksfall, dass auch die insolvente Bär Brot ihren Standort in Bexbach aufgeben musste. Bäckerbub übernahm die Produktionsstätte mit den damals 50 Mitarbeitern und verlegte obendrein den Hauptstandort des Bäckerhaus Ecker ebenfalls nach Bexbach.

Zur Bildergalerie:

Bildergalerie: Protestkundgebung am Bäckerhaus Ecker in Bexbach

 

 

 

 

 

 

 

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