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HOMBURG1:

Wir sprechen die ganze Zeit über ein Premiumsegment und deren Preisgestaltung. Um es richtig zu verstehen, was beinhaltet denn ein Premiumsegment?

Serafino Russo:

Also das Thema Preiskalkulation was wir vorhin angerissen haben, ist natürlich ein Faktor, der sehr wichtig ist. Und da trauen sich sehr viele Unternehmer in allen Branchen nicht drüber zu reden. Jeder Mensch möchte Geld verdienen – und zwar gutes Geld. Seit Jahren wird diskutiert, keiner möchte gerne noch unter 20 Euro die Stunde arbeiten. Und auch meine Mitarbeiter wollen es nicht – zurecht. Und auch ich möchte es gleich drei Mal nicht. Hier kommt der für mich größte Punkt ins Spiel, der einen Preis ausmacht und zwar die Bezahlung der Mitarbeiter und die Bezahlung des Unternehmers selbst. Wir sind top ausgebildet. Wir bringen jeden Tag top Leistung, sind top gelaunt, sind überdurchschnittlich gut ausgebildet, sind gut vorbereitet, sind fachlich spitze, sehen gut aus, riechen gut und sind immer gestylt. Wieso dürfen wir dann nicht wenigstens 20 Euro die Stunde verdienen? Meine Mitarbeiter fahren Autos für 30.000 Euro und gehen auch mal 2 Wochen in die USA in Urlaub. Ja wieso denn nicht für einen Friseur? Wieso denn nur der Ingenieur? Wieso denn nur der Bosch Bandarbeiter oder andere? Und genau hier sollte man mal überlegen. Auf der einen Seite das Verlangen nach einem ordentlichen Stundensatz aber dann für den Haarschnitt nur 12 Euro ausgeben wollen, danach aber im 2 Euro-Shirt beim Bioladen mit dem Porsche vorfahren und für 100 Euro paar Kleinigkeiten kaufen. Du siehst, wir haben vieles selbst in der Hand.

HOMBURG1:

Die Kunden, die zu dir kommen, finden die dich oder findest du sie? Wollen und brauchen sie das besondere Friseur-Erlebnis?

Serafino Russo:

Das ist eine sehr interessante Frage weil wir sehr auf Empfehlung und natürlich dadurch Neukunden angewiesen sind. Das Beste was uns passieren kann ist, daß uns ein zufriedener Kunde nie aus seinen Gedanken verliert. Denn dadurch trägt er in Gesprächen automatisch seine Zufriedenheit an seine Freunde und sein Umfeld weiter. So etwas erreicht man als Salon nur wenn man eben nicht nur technisch auf höchstem Niveau arbeitet, sondern genau im Sinne des Kunden arbeitet. Ein guter Friseur macht was die Kundschaft möchte. Aber ein exzellenter Friseur holt mehr raus – und genau hier kommt die Emotion mit ins Spiel. Viele gute Friseure werden privat vergessen, eben weil sie nicht emotional in Erinnerung bleiben.

HOMBURG1:

Wie schaffst du es deine Mitarbeiter auf so einem hohen Level zu halten damit sie dauerhaft auf diesem Level arbeiten und auch glücklich dabei sind?

Serafino Russo:

Meiner Meinung nach ist das Wichtigste für einen Mitarbeiter, daß er für seine Leistung auch dementsprechend honoriert wird. Er muss das Gefühl haben, daß er sich genau das wert ist. Andererseits muss er dafür natürlich auch die Erwartungshaltung erfüllen, aber die gerechte Bezahlung des Menschen ist sehr wichtig. Auch der Arbeitsablauf, der Arbeitsalltag ist für einen Top-Mitarbeiter sehr wichtig. Wenn ich ein guter Friseur mit viel Fachwissen bin, dann brauche ich Zeit um dieses Wissen auch umzusetzen. Dieses Wissen kann ich nicht abrufen wenn ich andauernd unter Termindruck arbeite, genau dann wird man nämlich unzufrieden. Ich selbst gebe sehr gerne Verantwortung ab, aber dann möchte ich auch sehen, daß es funktioniert. Die Mitarbeiter sollen alles auf ihre Art machen, sich selbst verwirklichen aber im Hinterkopf nie die DNA der Firma vergessen. Ich möchte ja, daß meine Leute zufrieden sind – sie sollen aber niemals vergessen, daß sich neben ihnen selbst und den Kunden, auch der Chef wohlfühlen muss. Damit will ich sagen: Ein zufriedener Kunde und das doppelte Investment an Zeit nutzt im Nachgang nichts wenn der Salon und damit auch der Chef nur die Hälfte des Geldes dabei verdient und falsch kalkuliert wurde. Hier gilt es immer mitzudenken – denn dann sind alle zufrieden. Das funktioniert nur mit offener Kommunikation.

HOMBURG1:

Neue Trends, Innovationen…woher nimmst du und dein Team den kreativen Input?

Serafino Russo:

Ich finde man muss als Friseur auch selbst einen gewissen Lebenstil pflegen und führen, der zum Beruf passt. Es gibt da draußen viele gute Friseure aber sie kommen – gerade hier im Saarland – nicht sehr kreativ rüber. Ich selbst greife meine Trends genau dort auf wo sich eben auch schöne Menschen bewegen. Wenn ich in meiner Freizeit nur im Garten grille und im Baumarkt um die Ecke shoppe, dann wird es schwer – selbst als guter Friseur – irgendwo neue Trends aufzufangen. Wenn ich meine Freizeit aber mit den schönen Dingen des Lebens verbringe, egal ob Menschen, Autos, Urlaub, Restaurants etc., dann stößt man automatisch auf andere schöne Dinge. Es ist also kein großes Geheimnis woher man Trends bezieht. Heutzutage ist man per Instagram, Pinterest und co. nur einen Klick von den Trends entfernt. Aber was nutzt das dem Friseur wenn er den Lifestyle nicht fühlt. Und wenn er es nicht fühlt, kann er es auch nicht zum Kunden transportieren. Übrigens: Schön ist keine Ansichtssache, schön ist messbar. Tolles Ambiente ist messbar. Viele gute Friseure geben sich leider viel zu schnell mit wenig zufrieden, haben gar kein Antrieb mehr heutzutage weil sie kaum Visionen haben. Dabei machen doch gerade die neuen Trends unseren Beruf mit aus.

HOMBURG1:

Die nächsten 24 Monate bei Serafino Russo, wie sehen die aus, welche Träume und Ziele hast du noch?

Serafino Russo:

Ich bin jetzt 6 Jahre erfolgreich an meinem aktuellen Standort aber ich würde schon gerne noch einmal umziehen. Ich würde gerne etwas ganz Besonderes machen. Kein Salon auf dem Mond oder in einer Kirche aber zb. eine Villa, ein exklusiver Ort, der privates und berufliches verbindet, das könnte ich mir gut vorstellen. Egal was es wird, es wird Premium, denn ich bin selbst mein bester Kunde und es soll etwas darstellen. Ich möchte mich wohlfühlen und das Gefühl auch transportieren. Ich liebe den Dienstleistungssektor, ich liebe meine Arbeit und ich liebe es Menschen glücklich zu sehen – daher habe ich auch schon oft an eine eigene Bar gedacht. Egal was es wird – ich bin noch jung und habe die Zeit mir genau zu überlegen was ich möchte.

Ein Tag bei Serafino Russso:

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