Im Zuge der Corona-Pandemie muss man sich übrigens keine Sorgen machen. Es gibt keine Hinweise, dass der Coronavirus über Blutprodukte übertragbar ist. Und Überträger wäre man nur, wenn man Symptome, also beispielsweise Fieber oder Husten zeigt. Dann sollte man aber eh nicht zur Blutspende gehen und würde vor Ort auch direkt abgewiesen.

Eine Öffnung über das Wochenende, wie von der Landesregierung gefordert, erscheint Prof.Dr. Eichler nicht sinnvoll, auch wenn in Homburg ein Tag neu hinzugekommen ist: „Wir haben jetzt auch den Freitag Vormittag für Vollblutspenden geöffnet. Bislang war dies nicht möglich, da wir uns auf andere Spendearten konzentriert haben. Wir weiten nicht auf Samstag und Sonntag aus, da das Blut auch weiterverarbeitet werden muss. Der angeschlossene Blutspendedienst vom Deutschen Roten Kreuz würde unsere Blutspenden gar nicht verarbeiten können.“ Der wichtigste Grund, der gegen eine Ausweitung der Öffnungszeiten spricht, folgt aber auf dem Fuße und bringt die Problematik auf den Punkt: „Wir haben keinen Mangel an Öffnungszeiten, wir haben einen Mangel an Spendern!“

Und bevor falsche Schlüsse gezogen werden, räumt Prof.Dr. Eichler auch mit einem Mysterium auf, das sich hartnäckig hält: da viele Operationen nun verschoben werden, benötige man nicht soviel Blut. Doch das ist definitiv nicht so, wie Eichler erklärt: „Die sogenannten Elektiv-OP´s, also die Operationen die verschiebbar sind, sind so hoch standardisierte Operationen, bei denen braucht man keine Blutkonserven. Aber wir benötigen Blut für beispielsweise die Tumorpatienten. Die haben keine Möglichkeit, dass man die Tumortherapie erst ein halbes Jahr später beginnt. Oder die Patienten mit schweren Herzerkrankungen, die z.B. eine Herzklappenoperation bekommen müssen, auch da kann man nicht länger warten. Das sind dann große Eingriffe, bei denen man auch Blutprodukte brauch. Ein anderes Beispiel sind die Frühgeborenen, da haben wir ein großes Zentrum hier in Homburg, da braucht man im Rahmen der Behandlung Blutprodukte.“ Bedeutet: Auch wenn Operationen verschoben werden, hat sich der Blutbedarf keineswegs verringert. 

Aufgefordert sind alle Bürgerinnen und Bürger, auch wenn eine Zielgruppe besonders gefordert ist: „Insbesondere die jungen Saarländerinnen und Saarländer sind aufgerufen, Blut zu spenden. Denn da ist im Vergleich zu anderen Bundesländern die Spendenbereitschaft viel zu gering. Auch wenn es vielleicht das erste Mal ist, das wäre doch jetzt eine gute Gelegenheit zum Blutspender zu werden.“ 

Im Übrigen ist Blutspenden eine unkomplizierte Angelegenheit: Man sollte etwas Zeit und seinen Personalausweis  mitbringen und vorher viel getrunken und was leichtes gegessen haben. Vor Ort geht es auch sehr ruhig und besonnen zu – inklusive dem guten Gefühl, etwas Gutes für seine Mitmenschen getan zu haben. Übrigens: als Redaktion haben wir direkt ein kleines Zeichen gesetzt und sind selbst im Anschluss an unser Gespräch zur Blutspende gegangen! Denn Leben retten ist ganz einfach…

Adresse:
Blutspendedienst am Universitätsklinikum des Saarlandes
Gebäude 1, Ringstraße 52, 66421 Homburg/Saar

Das Interview führte Daniel von Hofen

Zur Person:

Univ.-Prof. Dr. med. Hermann Eichler
Facharzt für Transfusionsmedizin, Zusatz-Weiterbildung Hämostaseologie
Universität und Universitätsklinikum des Saarlandes
Institut für Klinische Hämostaseologie und Transfusionsmedizin

Seit 2006 arbeitet Prof. Eichler als Institutsdirektor am Universitätsklinikum des Saarlandes und ist Inhaber der Universitätsprofessur für Transfusionsmedizin und Hämostaseologie. Bereits während seiner Promotion beschäftige er sich mit der Blutgerinnung bei Blutspenden. Von 1991-92 arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung für Gerinnungsphysiologie der Philipps-Universität Marburg, anschließend für 10 Jahre am Institut für Transfusionsmedizin und Immunologie Mannheim der Universität Heidelberg. Die klinische Bedeutung der Blutgerinnung im Rahmen von Transfusionen sowie bei Patienten mit angeborenen und erworbenen Gerinnungsdefekten steht im Fokus seiner klinischen Tätigkeit. Dabei führt er in Kooperation eines der großen deutschen Zentren für die Versorgung von Patienten, die an einer schweren angeborenen Blutungsneigung (Hämophile) erkrankt sind. Sein wissenschaftliches Interesse konzentriert sich neben der Blutgerinnung auf die Entwicklung und Herstellung von neuartigen Arzneimitteln aus Stammzellen für Anwendungen in der regenerativen Medizin.

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