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Die Kernkraftwerke Emsland, Isar 2 und Neckarwestheim 2 sind vom Netz genommen worden. Damit ist die Ära der Kernkraft für die Stromerzeugung in Deutschland zu Ende gegangen. Die Versorgung mit Energie wird auch künftig gewährleistet sein.

Am 15. April 2023 ist die Ära der Kernkraftnutzung in Deutschland zu Ende gegangen. Ein Weiterbetrieb ist aus rechtlichen, technischen und betriebswirtschaftlichen Gründen nicht möglich. Entscheidend für den Ausstieg aus der Kernkraftnutzung für die Stromversorgung in Deutschland waren die weltweit gewonnenen Erkenntnisse über den Betrieb der Kraftwerke und die Entsorgung radioaktiver Abfälle. „Der Atomausstieg macht unser Land sicherer“, so Bundesumweltministerin Steffi Lemke.

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Im vergangenen Winter hätte es laut dem zweiten Stresstest zu Stromengpässen kommen können. Hintergrund war die äußerst angespannte Versorgungslage mit Strom infolge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Auch Dürre, Niedrigwasser und Probleme bei französischen Kernkraftwerken wirkten sich entsprechend aus.

Deshalb waren Maßnahmen erforderlich, die sicherstellen sollten, dass im vergangenen Winter genügend Strom angeboten werden konnte: Die Bundesregierung hatte daher beschlossen, den Weiterbetrieb der drei letzten Kernkraftwerke Emsland, Isar 2 und Neckarwestheim 2 bis längstens Mitte April 2023 zu erlauben. Es bedurfte einer Gesetzesänderung, denn der zuletzt 2011 beschlossene schrittweise Ausstieg aus der Atomkraft war im Atomgesetz zunächst abschließend für Ende 2022 vorgesehen.

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Streckbetrieb bedeutete keinen zusätzlichen Atommüll

Der viereinhalb-monatige Streckbetrieb für die letzten drei Kernkraftwerke bedeutete insgesamt keine zusätzliche Stromerzeugung, vielmehr eine zeitlich verschobene Leistung. Folglich verursacht ein Streckbetrieb keinen zusätzlichen hochradioaktiven Atommüll. Der Stilllegungsantrag für Neckarwestheim 2 wurde sogar bereits Anfang April bewilligt.

Grafik mit Tortendiagramm zur Stromerzeugung (Weitere Beschreibung unterhalb des Bildes ausklappbar als "ausführliche Beschreibung")

Foto: artjazz/Shutterstock/Bundesregierung

„Die Energieversorgungssicherheit in Deutschland wurde in diesem schwierigen Winter gewährleistet und wird auch weiter gewährleistet sein“, betonte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Eine Gasmangellage im vergangenen Winter konnte verhindert werden. Wie stabil die Gasversorgung in Deutschland ist, kann im täglich aktualisierten Lagebericht der  Bundesnetzagentur verfolgt werden.

Der kommende Winter wird anders

Im Winter 2023/24 geht die Bundesregierung von einem veränderten Energieszenario aus. Gasimporte, die bislang aus Russland kamen, werden dann aus mehreren Ländern kommen. Die Importe sind bereits weitgehend durch mehr Erdgaslieferungen aus Norwegen und den Niederlanden kompensiert worden. Hinzu kamen zusätzliche Importe über LNG-Terminals über Nordwesteuropa. Und eine verringerte Nachfrage nach Gas hat bereits eine weitere Kompensation unnötig gemacht. Dennoch ist die Bundesregierung zusätzlich im Austausch mit weiteren Ländern, um die Gasimporte abermals zu diversifizieren.

„Wir haben die Lage im Griff durch die hohen Füllstände in den Gasspeichern und die neuen Flüssiggasterminals an den norddeutschen Küsten und nicht zuletzt durch mehr erneuerbare Energien“, so Habeck. Die Bundesregierung geht entsprechend neue und diversifizierte Gas- und perspektivisch auch Wasserstoffpartnerschaften an. In Norddeutschland wird die LNG-Infrastruktur ausgebaut, ein Terminal ist mittlerweile bereits fertiggestellt. Nicht zuletzt werden auch gut gefüllte Gasspeicher für eine andere Gassituation sorgen.

Atomkraft hatte geringen Effekt auf den Strompreis

Die verbliebenen drei Atomkraftwerke hatten nur einen Anteil von circa fünf Prozent an der deutschen Stromproduktion. Auf die Strompreise hat der Betrieb dieser Kernkraftwerke im Jahresmittel nur einen geringen Effekt, zumal der Strompreis von Angebot und Nachfrage bestimmt wird. Der beschleunigte Ausbau der erneuerbaren Energien hat daher einen senkenden Effekt auf den Strompreis.

Der tatsächliche Marktpreis am Strommarkt wird jeweils in erster Linie durch die Erzeugungskosten des letzten gerade noch benötigten Kraftwerks bestimmt. Zuletzt, also in Zeiten mit hohen Strompreisen, waren vielfach Gaskraftwerke preissetzend. Obschon die Kernkraftwerke noch zur Stromerzeugung beigetragen haben, waren die Strompreise zuletzt trotzdem gestiegen.

Energieversorgung über Diversifizierung sichern

Zur Verringerung des Gasverbrauchs wurden in der kälteren Jahreszeit vorübergehend mehr Kohlekraftwerke zur Stromerzeugung eingesetzt. Dass die Genehmigungsverfahren für die Herstellung von Strom aus erneuerbaren Energien vereinfacht worden sind, soll sich perspektivisch zusätzlich entlastend auf die Gassituation auswirken. Schließlich wird angestrebt, den Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch bis 2030 auf mindestens 80 Prozent zu steigern. „Wir verändern also mit jedem Schritt, den wir machen, unsere Situation und verbessern sie dramatisch“, so der Bundeskanzler zuletzt.

Jahrzehnte des Rückbaus 

Was nun von den Kernkraftwerken bleibt, sind die Aufgaben im Zuge des Rückbaus und der Lagerung des radioaktiven Mülls. Dazu sagte Bundesministerin Steffi Lemke jüngst: „Vor uns liegen Jahrzehnte des Rückbaus. Denn von den 33 Kernkraftwerken, die einst in Betrieb genommen wurden, sind erst drei vollständig rückgebaut worden.“ Der auch dabei anfallende schwach- bis mittelradioaktive Müll – 95 Prozent des Gesamtvolumens an radioaktivem Müll – umfasse inzwischen so viel, dass es hundert olympische Schwimmbecken füllen könne, erläuterte Lemke.

Vor allem wegen des hochradioaktiven Mülls wird derzeit in Deutschland nach einem Endlager in tiefen geologischen Schichten gesucht. Eine Aufgabe, die der Präsident des Bundesamtes für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung, Wolfram König, als Herkulesaufgabe betrachtet. Die neben den bisherigen Kernkraftwerk-Standorten gebauten oberirdischen Zwischenlager für radioaktiven Kernkraftwerksabfall garantierten zwar „ausreichend Sicherheit“, könnten ein Endlager aber nicht ersetzen, betonte König. Und: Erst mit der Einlagerung der Abfälle in ein Endlager sei der Atomausstieg „wirklich vollzogen“.

Die Laufzeiten der Kernkraftwerke in Deutschland: Direkt nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima 2011 wurden alle deutschen Kernkraftwerke, die bis einschließlich 1980 in Betrieb gegangen waren, abgeschaltet. Dies waren: Biblis A und B, Brunsbüttel, Isar 1, Neckarwestheim 1, Unterweser und Philippsburg 1; Krümmel war bereits vom Netz. Ende 2021 wurde der Beitrag der Kernkraftwerke Grohnde, Gundremmingen C und Brokdorf zur Stromversorgung beendet. Und die letzten drei Kernkraftwerke, deren geplantes Aus zunächst für Ende 2022 vorgesehen war, erhielten angesichts der Folgen aus dem Krieg in der Ukraine die Genehmigung für einen Streckbetreib bis längstens Mitte April 2023. Nun ist auch der Beitrag dieser Kernkraftwerke Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 Geschichte. Mehr Informationen zum Atomausstieg finden Sie hier beim Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung.

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