Es war kein leiser Abschied, eher ein nachdenklicher, pointierter. In seiner letzten Pressekonferenz als Landrat des Saarpfalz-Kreises hat Dr. Theophil Gallo einen umfassenden Blick zurückgeworfen – auf zehn Jahre Amtszeit, die geprägt waren von tiefgreifenden Herausforderungen, gestalterischen Ambitionen und einer Haltung, die den Kreis nicht nur verwalten, sondern auch weiterentwickeln wollte.
Was als bewusste Kandidatur mit klarer Erwartung begann, mündete schon bald in eine Verantwortung, die schneller kam als gedacht. Gallos Amtsvorgänger fiel krankheitsbedingt aus, der Einstieg in die Verwaltungsleitung erfolgte praktisch ohne Übergabe – gleichzeitig war er noch an der Universität als Geschäftsführer tätig und als Anwalt aktiv. Ein Kraftakt? Ohne Zweifel. Aber auch der Beginn eines klaren Anspruchs: gestalten, nicht nur verwalten.
In seiner Bilanz betonte Gallo den Rückblick auf eine Dekade, die gleich mehrfach im Zeichen des Krisenmanagements stand. Die Flüchtlingskrise war eines der ersten großen Krisenthemen seiner Amtszeit. Besonders hervorgehoben wurde dabei das Engagement der kommunalen Verwaltungen und der vielen ehrenamtlich Helfenden. Gallo sprach von einem solidarischen Kraftakt, der nur gelingen konnte, weil sich im Kreis Menschen verantwortlich fühlten – auch jenseits politischer Programme.
Kurz darauf bestimmte die Corona-Pandemie das öffentliche Leben – und das Handeln der Kreisverwaltung. Der Landrat erinnerte an die Bedeutung klassischer Instrumente wie Kontaktverfolgung und Schutzmaßnahmen und lobte ausdrücklich die Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt sowie allen beteiligten Organisationen. Rückblickend, so sein Eindruck, habe man Schlimmeres verhindern können – auch wenn die Debatte um die Maßnahmen später polarisiert habe. Gallo blieb dabei: Es sei besser gewesen, früh und entschlossen zu handeln, als Risiken zu unterschätzen.
In all diesen Phasen blieb eines konstant: das Bestreben, die Verwaltung nicht nur funktionsfähig zu halten, sondern strategisch auszurichten. Der Landrat betonte, dass man als Behördenleiter durchaus Spielräume habe – man müsse sie nur nutzen. Für ihn selbst bedeutete das: Tempo machen, Verantwortung übernehmen, Impulse setzen. Besonders stolz zeigte er sich auf die Entwicklung der Biosphäre Bliesgau, deren Strukturen in seiner Amtszeit konsolidiert und professionalisiert wurden. Heute, so Gallo, spiele man „nicht in der Champions League, aber zumindest auf einem bemerkenswert hohen Niveau“ – mit einem kleinen Team, aber großer Wirkung in der Region und über sie hinaus.
Neben den ökologischen Themen rückte Gallo auch die Digitalisierung an Schulen in den Mittelpunkt. Er sah in der Pandemie eine Art Katalysator, der Kräfte freisetzte, insbesondere in der Zusammenarbeit von Kreis, IT-Abteilung und GEW. Die Rückmeldungen aus den Schulen seien heute überwiegend positiv – ein sicheres Zeichen dafür, dass die Investitionen Wirkung zeigen.

Gleichzeitig ließ der scheidende Landrat keinen Zweifel daran, wie groß der Reformbedarf im Bereich der Verwaltungsfinanzierung ist. Fördermittel bezeichnete er als bürokratische Bremse, die Ressourcen frisst und Projekte verzögert. Seine Forderung: eine stärkere direkte Ausstattung der Kreise mit Eigenmitteln, weniger Abhängigkeit von komplexen Antragsverfahren, mehr Vertrauen in die Gestaltungsfähigkeit vor Ort. Besonders im Hinblick auf die anstehenden Aufgaben im Klimaschutz sei das unverzichtbar – denn auch hier brauche es Personal, Planungssicherheit und strategische Weitsicht.
Die Personalfrage durchzog viele seiner Ausführungen: ob beim Fachkräftemangel in Bauämtern, in der Pflege oder der Verwaltung. Gallo sieht den Kreis gut aufgestellt – zumindest was das Klima in der Verwaltung betrifft. Doch das Problem sei strukturell: Mehr Geld bringe nichts, wenn die Menschen fehlen, die es umsetzen können.
Auch über seine politischen Ziele hinaus warb Gallo für ein überregionales Denken. Besonders deutlich wurde das beim Thema Europa. Die Partnerschaft mit polnischen Landkreisen, die Kooperation mit dem Département Moselle, aber auch zahlreiche Begegnungsprojekte für Jugendliche lagen ihm sichtbar am Herzen. Der Slogan „Europäisch und weltoffen“, den er vor einigen Jahren zum Leitmotiv der Kreisverwaltung machte, sei nicht nur ein Lippenbekenntnis gewesen, sondern Ausdruck einer Haltung. Gerade in einer Zeit, in der Nationalismus wieder Raum gewinnt, brauche es Kommunalpolitik, die Brücken schlägt.
Ob diese Haltung in der breiten Bevölkerung tatsächlich ankommt, ließ Gallo offen. Er vertraue auf Rückmeldungen, auf die Wirkung von Projekten wie „Landrat macht Schule“ oder auf das Interesse an Publikationen wie dem Jahrbuch des Kreises. Ein messbares „Saarpfalz-Gefühl“? Das gebe es vielleicht noch nicht flächendeckend. Aber es wachse – und das sei die eigentliche Aufgabe von Regionalpolitik: Identität zu stiften, wo sonst nur Verwaltung erwartet wird.
Auf die Frage, was er sich zum Amtsbeginn selbst mit auf den Weg gegeben hätte, antwortete Gallo nach kurzem Zögern: besseres Zeitmanagement. Denn trotz aller Erfolge sei vieles an ihm vorbeigerauscht. Der Alltag, die Krisen, der politische Betrieb – sie hätten kaum Luft zum Innehalten gelassen. Zehn Jahre seien dafür fast zu kurz gewesen. Seine Idealvorstellung: eine Amtszeit von 15 Jahren – ohne Wiederwahl, aber mit klarem Mandat zur Gestaltung.
Und doch ist seine Bilanz keine verklärte. Gallo sprach auch über Rückschläge, über politische Grenzen, über die Realität begrenzter Mittel. Eine konkrete Niederlage wollte er nicht benennen – vielmehr sprach er von Situationen, in denen Kompromisse unvermeidlich waren. Und von Entscheidungen, bei denen nicht alle begeistert gewesen seien, die aber notwendig erschienen.
Was bleibt, ist der Eindruck eines Amtsinhabers, der den Kreis mit Haltung geführt hat – nüchtern, aber nahbar, strategisch, oft auch leidenschaftlich. Der betonte, dass Europa nicht in Brüssel beginnt, sondern vor Ort. Und der auch im Abschied klare Erwartungen formuliert: an die Verwaltung, an die Politik, an den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Was folgt, ist ein neuer Lebensabschnitt – „Unruhestand“ könnte man dies mit einem kleinen Augenzwinkern nennen. Joggen, ehrenamtliches Engagement und auch Reisen – langweilig werde es ihm sicher nicht. Und dem Saarpfalz-Kreis hinterlässt er eine gut aufgestellte Verwaltung, eine starke Biosphäre, ein funktionierendes Netzwerk internationaler Beziehungen – und die Botschaft, dass Verantwortung vor Ort beginnt. Danke Dr. Gallo und alles Gute.