Mit ihrem Änderungsantrag scheiterete in der Abstimmung schließlich die CDU. Der eigentlichen Resolution stimmten lediglich die Antragsteller von SPD, Grüne und FDP zu, unterstützt von der Linke. Die AfD lehnte erwartungsgemäß ab, FWG und CDU enthielten sich. - Foto: Rosemarie Kappler
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Am Mittwoch bewies der Homburger Stadtrat erneut, dass er sich schwertut mit der Verabschiedung gemeinsamer Resolutionen.

Diesmal ging es um eine von SPD, Grüne und FDP beantragte Verabschiedung einer gemeinsamen Resolution, mit der die Geschlossenheit des Rates gegen Rechtsextremismus und für Vielfalt in Homburg demonstriert werden sollte. Die in Anwesenheit zahlreicher Bürger geführten Diskussionen zeigten aber, dass sich der Rat im Wahljahr damit schwertut. Mit vereinzelten Buh- und Pfui-Rufen von den Rängen wurden der Resolutionsinhalt, aber auch Redebeiträge begleitet. Bürgermeister Michael Forster musste mehrfach androhen, von seinem Hausrecht und der Entfernung Gebrauch zu machen.

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Ein Zeichen wollten sie setzen. Vereint luden die Fraktionen von SPD, Grüne und FDP ihre Kollegen im Homburger Stadtrat am Mittwoch dazu ein, „gemeinsam und überparteilich zu zeigen: Wir stehen für Toleranz und Rechtsstaatlichkeit, wir stehen für Migration und Menschlichkeit.“ Damit fasste Simon Brixius (SPD) knapp zusammen, was in einem von den drei Fraktionen eingebrachten Resolutionstext unter der Überschrift „Für Vielfalt und Toleranz in Homburg“ etwas ausführlicher formuliert war.

Dort war zu lesen: „Der Homburger Stadtrat als Vertreter der Homburger Bürgerinnen und Bürger verurteilt faschistisches, rassistisches, antisemitisches und homophobes Gedankengut auf das Schärfste! Wir setzen ein Zeichen für die Verteidigung unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung – gegen rechtsextreme Bewegungen und Parteien, wie die AfD.“ Und am Ende hieß es: „Der Homburger Stadtrat hat aus der deutschen Geschichte gelernt und spricht sich überparteilich gegen jedes faschistische und diskriminierende Gedankengut aus. Mit dieser Resolution setzen wir ein deutliches Signal: Unsere Toleranz endet da, wo Verfassungsfeinde gegen unsere liberale, offene und rechtsstaatliche Demokratie vorgehen. Das strategische Abstimmen und die Zusammenarbeit mit der AfD schließen wir aus.“

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Anlass für die Antragsteller war auch hier die Berichterstattung des investigativen Recherchenetzwerkes „Correctiv“ über ein Treffen in Potsdam, „bei dem Teilnehmende der Identitären Bewegung sowie der AfD offen darüber nachdachten, wie man Menschen mit Migrationshintergrund massenhaft deportieren könnte und wie die Machtübernahme der Rechtsextremen gelingen kann“.

Unterstützt wurde Brixius bei seinen Ausführungen von Katrin Lauer (Grüne): „Wir wollen rechtsfaschistischer Poltik deutlich machen, dass sie in Europa nicht toleriert wird. Deshalb unser Appell an den Stadtrat, klar Stellung zu beziehen gegen die, die ein anderes Deutschland wollen, und gegen die, die nicht gegen als gesichert rechtsextremistisch eingestufte Landesverbände und Einzelpersonen vorgehen.“

Doch statt der erhofften Geschlossenheit stand am Ende Ernüchterung und erneut wurde bewiesen, dass sich der Homburger Stadtrat schwertut mit der Verabschiedung gemeinsamer Resolutionen, auch wenn man inhaltlich gar nicht so weit auseinanderliegt.
Den Grund für das dreiviertelstündige Zerreden bot ein tags zuvor zu mitternächtlicher Stunde von der CDU eingereichter Änderungsantrag mit einem modifizierten Resolutionstext. Dort tauchte der Begriff Deportation nicht auf. Fraktionschef Michael Rippel war zudem wichtig, dass es um Extremismus allgemein gehen müsse, dass also auch klar dem Linksextremismus eine Absage erteilt werden müsse.

Was Rippel weiter störte war die Formulierung, dass zu Homburg gehöre, wer die deutsche Staatsbürgerschaft habe. Das grenze etwa all jene ausländischen Menschen aus, die im Klinikum oder in Pflegeeinrichtungen wertvolle Tätigkeiten verrichten. Schließlich monierte er – wie auch Barbara Spaniol (Linke) – dass die übrigen Fraktionen nicht angesprochen waren, sich in eine gemeinsame Resolution einzubringen. „Das ist nicht der Stil, den wir in den letzten Jahren praktiziert haben, deshalb werden wir diesen Text nicht mittragen“, kündigte Rippel an. Spaniol konnte zwar beide Texte mittragen, doch auch sie kritisierte die Initiatoren: „Wer eine Resolution in den Rat bringt, die sich gegen Ausgrenzung bringt, der sollte nicht selbst bei der eigenen Arbeit ausgrenzen. Es geht doch darum, breite Bündnisse zu schmieden, statt am eigenen politischen Tellerrand hängenzubleiben.“

Jörg Kühn (FDP) warf beiden vor, aus parteitaktischen Gründen die Sache zu zerreden. Der CDU, die auf den Begriff Deportation verzichten wollte, unterstellte er „Gekusche“ und erteilte Nachhilfe in Sachen Sprachverständnis: „Migrare bedeutet wandern, auswandern, gehen. Es ist ein autonom gefasster Beschluss des Einzelnen. Remigration würde bedeuten, dass alle freiwillig zurückgehen, was kaum vorstellbar ist. Es müssten also Zwangsmaßnahmen angewendet werden, und genau das ist Deportation.“ Katrin Lauer warnte in diesem Zusammenhang davor: „Nicht von Deportation zu reden bedeutet, die Geschichte aufzuweichen, die Begrifflichkeiten aufzuweichen.“

Markus Loew, Fraktionssprecher der AfD im Stadtrat, gestand ein, dass er angesichts der sonst oft üblichen Abstimmungen über alle Parteigrenzen hinweg und dem anständigen Umgang miteinander überrascht sei über die Härte der Formulierung des Textes: „Hätte man diese Resolution anders formuliert, dann wären wir auch dabei gewesen. Wir sind auch gegen Extremismus, gegen Antisemitismus und gegen Demokratiefeindlichkeit. Doch das ist nicht das Anliegen der Antragsteller, es ist eine Anti-AfD-Lügenschrift selbsternannter Verteidiger der Demokratie.“ Loew verwahrte sich dagegen, „dass man aufgrund von böswilligen und konstruierten Lügengeschichten nicht nur eine rufschädigende Kampagne startet, sondern auch unsere Fraktion, meine Ehefrau und mich diffamiert.“

Jörg Kühn konnte dies nachvollziehen und versuchte zu beschwichtigen: „Dieser Antrag richtet sich nicht gegen die AfD Homburg, sondern gegen die Menschen an den entscheidenden Schaltstellen: Chrupalla, Weidel, Höcke. Ich habe jedem gesagt, dass die Mitarbeit im Stadtrat der Eheleute Loew sehr gut ist, sie waren argumentativ stark, bezogen auf die Sache.“ Unmissverständlich machte Kühn aber auch klar: „In einer Partei, die eine Einparteienlandschaft fordert, sind die Homburger AfD-Mitglieder fehl am Platze.“

Die Meinungen zur Resolution waren gänzlich verschieden. Axel Ulmcke (FWG): „Es bedarf keiner Resolution, um gegen Extremismus einzutreten. Tragen wir unsere demokratischen Gedanken in unser Umfeld.“ Michael Eckardt (FDP) warf insbesondere Michael Rippel vor: „Das viel diskutierte Klein-Klein, du bringst es selber ein. Wie kann ich bloß einen guten Antrag kaputt machen, nur weil ich am Ende der Königsmacher bei diesem Antrag sein wollte. Für mich ist wichtig, dass die Demokraten in diesem Haus gegen Rechtsextremismus sind. Das ist eine Schande, dass die Demokraten in diesem Haus darüber diskutieren müssen, ob sie gegen Rechtsextremismus sind oder nicht.“ Frank Kirchhoff (Grüne) und Pascal Conigliaro (SPD) versuchten zu sensibilisieren für die harsche Sprache der AfD. Kirchhoff kündigte an, dass man der AfD nicht nur politisch Paroli bieten solle, sondern auch juristisch: „Hier wird unsere Gesellschaft von Rechtsextremismus bedroht, dem wollen wir uns auch juristisch stellen.“ Und Conigliaro versprach: „Wir haben auch keine Angst, wir werden die AFD stellen.“

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