Bestimmte körpereigene Eiweiße und Eiweiße von infektiösen Erregern haben einen entscheidenden Einfluss auf die Entstehung und das Fortschreiten verschiedener Arten von Lymphdrüsenkrebs. Dies konnte ein Team von Wissenschaftlern im Rahmen eines von der Wilhelm Sander-Stiftung geförderten Forschungsprojektes am José Carreras Zentrum der Klinik für Innere Medizin I am Universitätsklinikum des Saarlandes in Homburg/Saar in Kooperation mit dem Senckenberg Institut für Pathologie des Universitätsklinikums Frankfurt a. M. nachweisen. Diese Erkenntnisse könnten zukünftig auch für neue therapeutische Ansätze in der Behandlung von Lymphdrüsenkrebs genutzt werden.

 Die B-Lymphozyten gehören zu den weißen Blutkörperchen, auch Leukozyten genannt. Ihre hauptsächliche Funktion besteht im Erkennen körperfremder Erreger. Dafür besitzen sie ein charakteristisches Molekül, den sogenannten B-Zell-Rezeptor (BZR), der jeweils gezielt bestimmte, beispielsweise bakterielle oder virale, Eiweißbestandteile (Zielantigene) erkennt. Krebserkrankungen, die von reifen B-Zellen ihren Ursprung nehmen, werden als B-Zell-Lymphome bezeichnet. 

Diese behalten bis auf wenige Ausnahmen viele Charakteristika ihrer Ausgangszellen bei. Die Bedeutung des BZR für die Lymphdrüsenkrebszellen zeigt sich auch darin, dass B-Zell-Lymphome häufig diesen Rezeptor trotz stark gehäuft vorkommender Veränderungen (sog. Mutationen) behalten. Ein weiterer Hinweis aus der klinischen Patientenbetreuung ist die teilweise hervorragende therapeutische Wirkung von Medikamenten, die den B-Zell-Rezeptorsignalweg der Zellen hemmen.

Ob bei B-Zell-Lymphomen der BZR überhaupt noch in der Lage ist, Bindungspartner (Antigene) zu erkennen, und – wenn ja – ob diese dann rein zufällig gewählt sind oder ob dahinter eventuell auch ein Krankheitsmechanismus stehen könnte, war bisher vollkommen unklar. Dieser Frage ist nun ein Team aus Wissenschaftlern um Dr. Lorenz Thurner und Dr. Klaus-Dieter Preuss sowie den medizinisch-technischen Assistentinnen Natalie Fadle, Evi Regitz und Maria Kemele des José Carreras Zentrums der Klinik für Innere Medizin I am Universitätsklinikum des Saarlandes unter langjähriger Leitung von Prof. Dr. Michael Pfreundschuh nachgegangen. Dies geschah in Kooperation mit einer Forschungsgruppe um Prof. Dr. Sylvia Hartmann und Prof. Dr. Martin-Leo Hansmann vom Senckenberg Institut für Pathologie in Frankfurt a. M.

Nach Diagnosestellung wurde aus dem jeweils entnommenen Tumorgewebe mittels gentechnischer Methoden der jeweilige BZR isoliert, in größeren Mengen hergestellt und für die Suche nach seinen Zielantigenen genutzt. „Die Ergebnisse unseres Vorgehens waren sehr überraschend“, berichtet Dr. Lorenz Thurner und erläutert weiter: „Wir konnten zeigen, dass B-Zell-Rezeptoren verschiedener Lymphome überdurchschnittlich häufig jeweils an ein spezifisches Zielantigen binden. Typischerweise unterscheidet sich dieses Zielantigen in verschiedenen Arten von B-Zell-Lymphomen; Patienten mit der gleichen Art eines Lymphoms haben aber überdurchschnittlich häufig Lymphom-B-Zell-Rezeptoren, die dieselbe Zielstruktur erkennen. Bei dieser Zielstruktur kann es sich sowohl um menschliche Eiweiße, als auch um körperfremde Eiweiße, beispielsweise von infektiösen Erregern, handeln.“

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