Die DAK-Gesundheit fordert eine deutliche Entlastung für pflegende Angehörige. Deren enorme gesellschaftliche Leistung belegt der DAK-Pflegereport 2022 „Häusliche Pflege – das Rückgrat der Pflege in Deutschland“. Die Zahl zu Hause gepflegter Menschen nimmt demnach weiter zu: Im Jahr 2021 wurden 4,6 Millionen gesetzlich Versicherte von ihrer Pflegekasse unterstützt, im Jahr zuvor waren es noch 4,3 Millionen. Dabei hat sich der Anteil der stationär Gepflegten kaum verändert. DAK-Vorstandschef Andreas Storm fordert, die häusliche Pflege zu stärken. Das Pflegegeld müsse 2023 erhöht und das im Koalitionsvertrag beschlossene Entlastungsbudget zügig eingeführt werden. Dem müssten Reformen für eine bessere Unterstützung vor Ort folgen. 86 Prozent der Bevölkerung finden laut DAK-Pflegereport, die Politik müsste mehr für die Pflege tun.
„Pflegende Angehörige sind das Rückgrat der Pflege in Deutschland. Deshalb müssen wir sie entlasten“, sagt DAK-Vorstandschef Andreas Storm. „Die allermeisten Pflegebedürftigen möchten weiter zu Hause wohnen. Ihre Angehörigen möchten ihnen das ermöglichen, aber es belastet sie gesundheitlich, finanziell und emotional. Sie brauchen mehr Unterstützung.“ Das Pflegegeld müsse 2023 um mindestens zehn Prozent erhöht und das im Koalitionsvertrag festgelegte Entlastungsbudget auf den Weg gebracht werden. In einem weiteren Schritt sei die Finanzierung der Pflegeversicherung zukunftsfest weiterzuentwickeln. „Es ist notwendig, eine Reform anzustoßen, die neben dem Pflegegeld und dem Entlastungsbudget eine faire Neuordnung der Pflegefinanzen auf den Weg bringt. Diese muss auch die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Entlastung von Familien berücksichtigen und spätestens zur Jahresmitte 2023 in Kraft treten“, erklärt Storm mit Verweis auf die jüngste Studie der DAK-Gesundheit zum Pflegebeitrag.*
Unter Leitung von Prof. Dr. Thomas Klie hat ein wissenschaftliches Konsortium aus dem Institut für Demoskopie Allensbach, AGP Sozialforschung Freiburg und der Optimedis AG Hamburg für den DAK-Pflegereport 2022 die Situation pflegender Angehöriger untersucht. Ein Fokus des Reports liegt auf der Auswertung von Abrechnungsdaten. Die DAK-Gesundheit ist als drittgrößte bundesweite Krankenkasse auch eine der größten Pflegekassen in Deutschland: Derzeit sind 459.662 ihrer 5,5 Millionen Versicherten pflegebedürftig. Weitere Erkenntnisse für den Report lieferten qualitative Interviews in allen Bundesländern sowie eine repräsentative Allensbach-Befragung. Im Juli 2022 wurden 5.468 Männer und Frauen im gesamten Bundesgebiet online befragt. Demnach haben 43 Prozent der Bevölkerung bereits Erfahrung mit der Pflege von Angehörigen, 15 Prozent der Bevölkerung sind derzeit damit befasst. „Die Deutschen sind pflegeerfahren und pflegebereit. Diese Bereitschaft ist über die Jahre erstaunlich stabil“, fasst Studienleiter Klie zusammen. „Ob ein Leben trotz Pflegebedürftigkeit im eigenen Zuhause gelingt, hängt für die Pflegebedürftigen und ihre pflegenden Angehörigen von den Bedingungen vor Ort ab.“
Aus Sicht von Kassenchef Storm zeigt der DAK-Pflegereport 2022, dass die Politik pflegende Angehörige in zwei Schritten unterstützen müsse. Kurzfristig gehe es um eine finanzielle Entlastung, mittelfristig müssten aber auch die Unterstützungsstrukturen vor Ort verbessert werden. „Gerade in Zeiten steigender Kosten durch sich überlagernde Krisen geht es zunächst um eine Reduzierung der finanziellen Belastungen“, sagt Storm. Die letzte Anpassung des Pflegegeldes erfolgte zum 1. Januar 2017. Gesetzlich vorgesehen ist, dass regelhaft alle drei Jahre eine Überprüfung der Leistungen auf Grundlage der kumulierten Preisentwicklung erfolgt. Dieser Dreijahresrhythmus sei bei derart schnell steigenden Preisen nicht mehr zeitgemäß: „Die DAK-Gesundheit fordert hier eine zeitnahe und spürbare Erhöhung des Pflegegelds – das sollten nicht weniger als zehn Prozent sein“, so Storm.
In Deutschland beziehen derzeit ca. 2,25 Millionen Pflegebedürftige Pflegegeld und ca. 553.000 Pflegebedürftige eine Kombination aus Pflegegeld und Sachleistungen. Pflegegeld wird besonders häufig für Angehörige eingesetzt, die sich zeitintensiv an Pflegeaufgaben beteiligen. In der Allensbach-Befragung erklären 61 Prozent der Befragten, eine Erhöhung des Pflegegeldes finden sie sehr wichtig. Allerdings finden 38 Prozent eine Verbesserung der Unterstützungsangebote vor Ort sogar noch wichtiger.
Eine weitere wichtige Erkenntnis aus dem Pflegereport 2022 ist, dass Unterstützungsangebote häufig nicht genutzt werden, weil sie zu intransparent sind und teilweise zu unflexibel gestaltet wurden. 67 Prozent der Betroffenen kennen nicht alle für sie relevanten Unterstützungs- und Leistungsangebote. Diese Daten unterstreichen die Notwendigkeit, die in der Koalitionsvereinbarung angedachte Zusammenfassung der Kurzzeit- und Verhinderungspflege in einem Entlastungsbudget schnell auf den Weg zu bringen. Hierdurch können pflegende Angehörige nicht nur entlastet werden, diese Budgetierung ermöglicht ihnen auch individuellere Lösungen. Die Betroffenen können mögliche Engpässe aufgrund eigener Abwesenheit oder Krankheit besser organisieren.
Gesundheitsminister Lauterbach hat angekündigt, noch vor Weihnachten Eckpunkte zur Pflegereform vorzulegen und darin auch die Finanzierung der Pflegeversicherung zu berücksichtigen. DAK-Chef Storm begrüßt, dass damit im Jahr 2023 eine nachhaltige Finanzierung der Pflegeversicherung auf der politischen Agenda steht. Deren Ziel müsse eine faire Lastenverteilung zwischen Beitrags- und Steuerzahlenden sowie Pflegebedürftigen sein, so Storm: „Gerade für die Stärkung der ambulanten Pflege gilt: Eine Erhöhung und regelhafte Dynamisierung des Pflegegelds sowie die Einführung des Entlastungsbudgets lassen sich nur verwirklichen, wenn es gelingt, die Finanzierung der Pflegeversicherung zukunftsfest weiterzuentwickeln.“
*Der Gesetzgeber muss Versicherte mit mehr als einem Kind nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts bis August 2023 bei den Pflegebeiträgen entlasten. Eine im November vorgestellte Studie des Pflegeökonomen Prof. Dr. Heinz Rothgang für die DAK-Gesundheit zeigt erstmals den Umfang möglicher Entlastungen. Mehr dazu hier: www.dak.de/ .