Das Saarland hat ein Gründungsproblem – und es verschärft sich. Zwar ist die Zahl neuer gewerblicher Existenzgründungen im Jahr 2024 im Vergleich zu 2022 leicht gestiegen – um gerade einmal 0,3 Prozent auf 2.594. Doch bundesweit legte die Zahl der Gründungen im selben Zeitraum um 8,2 Prozent zu. Das zeigt der aktuelle Gründerreport der Industrie- und Handelskammer (IHK) des Saarlandes.
Der Abstand zum Bundesdurchschnitt wird damit erneut größer. Umgerechnet auf eine Million Einwohner gab es im Saarland 2.561 Neugründungen, im Bund waren es 3.231. Die sogenannte Gründungslücke – also die Differenz zwischen Bundes- und Landeswert – ist damit auf 532 angewachsen. Zum Vergleich: 2022 lag sie noch bei 318. Damit befindet sich das Saarland wieder auf dem Niveau von vor der Corona-Pandemie.
IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Frank Thomé sieht in diesen Zahlen ein klares Warnsignal: „Die verhaltene Entwicklung zeigt, dass sich die Hoffnung auf eine neue Gründungsdynamik bisher nicht erfüllt hat.“ Besonders alarmierend sei der sogenannte Gründungssaldo – also die Bilanz aus Unternehmensgründungen und -schließungen. Im Saarland wurden 2024 deutlich mehr Betriebe abgemeldet als neu gegründet. Die Folge: Der Unternehmensbestand schrumpft – und das stärker als im Bundesdurchschnitt.
Noch in den Jahren 2020 bis 2022 hatte das Saarland positive Gründungssalden verzeichnet, also ein Wachstum bei der Zahl aktiver Unternehmen. Die aktuelle Entwicklung kehrt diesen Trend um. Ein Grund für den Einbruch: Viele Betriebe mussten Insolvenz anmelden – nicht selten mit zeitlicher Verzögerung nach der Pandemie. Die damals ausgesetzten Insolvenztatbestände gelten seit geraumer Zeit wieder uneingeschränkt. Zugleich leiden viele Unternehmen unter massivem Kosten- und Anpassungsdruck. Thomé fordert deshalb entschlossenes Handeln: „Die Entwicklung des Gründungssaldos muss ein Weckruf für die Politik sein. Wir brauchen strukturelle Reformen, die Betriebe spürbar entlasten – steuerlich, organisatorisch und finanziell.“
Nicht alles ist negativ: Bei den sogenannten wirtschaftlich relevanten Gründungen, also solchen mit Handelsregistereintrag oder mindestens einem zusätzlichen Beschäftigten, zeigt sich eine deutlich positivere Tendenz. Die Zahl dieser Hauptniederlassungen stieg gegenüber 2022 um 17,1 Prozent – im Bund lag das Plus bei lediglich 6,4 Prozent. 998 solcher Betriebe wurden im Saarland neu gegründet, nur 767 gaben auf. In dieser Kategorie bleibt der Gründungssaldo damit deutlich im Plus.
Dem gegenüber steht allerdings ein Rückgang bei Kleingewerbetreibenden und Unternehmensnachfolgen: Hier sank die Zahl der Gründungen um 5,5 bzw. 17,8 Prozent. Gerade Unternehmensnachfolgen gelten als zentraler Baustein für die wirtschaftliche Stabilität in strukturschwachen Regionen. Ihr Rückgang trifft das Saarland somit doppelt.
Kulturwandel gefordert
Für die IHK steht fest: Die strukturellen Herausforderungen lassen sich nicht allein durch Einzelmaßnahmen lösen. Notwendig sei vielmehr ein Wandel im politischen Denken und Handeln. „Die Politik sollte mehr Freiräume für unternehmerisches Handeln schaffen“, fordert Thomé. Dazu gehöre der Abbau bürokratischer Hürden ebenso wie eine kritische Überprüfung steuerlicher Belastungen für Gründer.
Ein weiterer Hebel liegt in der Bildung und im Umgang mit innovativen Geschäftsmodellen. „Gründertum muss stärker in Schulen und Hochschulen verankert werden“, so Thomé. Darüber hinaus schlägt die IHK einen sogenannten Start-up-Check für neue Gesetze und Verordnungen vor. Ziel sei es, die Bedürfnisse junger Unternehmen frühzeitig in politische Entscheidungen einzubeziehen.
Auch von gezielten Erleichterungen bei Statistik- und Meldepflichten verspricht sich die IHK eine Verbesserung der Rahmenbedingungen. Solche „Gründerschutzzonen“ könnten ein Signal sein, dass das Land es ernst meint mit der Förderung unternehmerischen Engagements.
Fazit
Die Zahlen aus dem Gründerreport sind kein Grund zur Panik, aber ein deutliches Warnsignal. Das Saarland braucht mehr als punktuelle Verbesserungen – es braucht ein Klima, das Unternehmertum wieder attraktiv macht. Und es braucht ein entschlossenes politisches Bekenntnis dazu, den Gründergeist zu fördern. Die Richtung ist klar: Wenn das Land die strukturelle und digitale Transformation erfolgreich gestalten will, darf es sich bei der Gründungsdynamik nicht länger abhängen lassen.