Khaled Welfe kann stolz auf sich sein. Der junge Auszubildende mit libanesischen Wurzeln arbeitet als Friseur in einem Top-Salon. Sein Weg dahin war nicht leicht. Jetzt hat er gut lachen, denn für ihn ist damit ein Traum wahrgeworden.
Er ist 20 Jahre alt, im Libanon geboren und aufgewachsen. Anfang 2016 kam er nach Deutschland. Nicht als Flüchtling sondern aus gesundheitlichen Gründen. Nach einem Motorradunfall und jahrelangen Schmerzen im Arm sah er hier eine Hoffnung auf Besserung. Der Weg führte ihn und seine Familie nach Homburg. Ganze zwei Jahre zogen sich die medizinischen Behandlungen und anfangs, so erzählt Welfe, war noch die Überlegung in den Libanon zurückzukehren. Doch der Wunsch hier seinen Traumberuf auszuüben ließ ihn nicht los.
Welfe machte seinen Hauptschulabschluss, fing danach eine Ausbildung an. Dem vorangegangen waren zwei Praktikumsjahre in einem Barber-Shop. Als dann die Ausbildung begann, war er natürlich überglücklich. Doch das Glück sollte erstmal nicht halten, denn der Betrieb meldete ihn gar nicht bei der Handwerkskammer an. Acht Monate arbeitete er bis die böse Überraschung kam. Niedergeschlagen aber mit neuem Ehrgeiz wollte er jedoch keine Zeit verlieren und begab sich direkt auf die Suche nach einer neuen Möglichkeit. Die fand er bei dem Top-Stylisten Serafino Russo in Homburg. Ohne Voranmeldung, ohne Bewerbung spazierte er in den Salon und fragte ungeniert nach Arbeit. Das imponierte dem Chef: „Für mich war das direkt ein Zeichen: Ich bin anders als die Anderen. Das erfordert Mut und Überzeugung. Das hat mich direkt sehr neugierig gemacht“, erinnert er sich. Russo steht auf Menschen, die abliefern können. Er braucht um sich herum Menschen, die Eigeninitiative zeigen, von sich überzeugt sind aber eben auch Tag für Tag genau diese Rolle spielen können und „was auf dem Kasten haben“. Bitter für Welfe: Seine acht Monate Ausbildungszeit wurden ihm nicht anerkannt und so begann er im Salon von Serafino Russo ganz von vorne. Ein Neustart, der sich für ihn aber in jeder Hinsicht lohnen sollte.
Dass das Friseurhandwerk sein absoluter Traumberuf ist, das merkt man dem Jungtalent auf ganzer Linie an. Bereits im Kindesalter hat er im Libanon schon Haare geschnitten und dies früh zu seiner Passion gemacht. Mit 10 Jahren hat er angefangen richtig zu arbeiten weil er nicht in die Schule wollte. An der Schule in Deutschland kam er jedoch nicht vorbei. Anfangs hatte er mit großen Sprachschwierigkeiten zu kämpfen. Dank seiner Anstrengungen, großem Wile und natürlich Hilfe, ist sein Deutsch ist mittlerweile schon viel besser. Wie so oft liegen Theorie und Praxis nicht wirklich nah beieinander. So auch bei Welfe. Wie Russo bestätigt, schloss er die praktische Prüfung als einer der Besten im Saarland ab. Was ihm zu seinem Glück noch fehlt ist die schriftliche Prüfung. Hier muss er allerdings noch Geduld haben. Durch die Wiederholung der acht Monate, kann er die schulische Therorieprüfung erst mit dem nächsten Jahrgang machen. Auch durch Corona hat sich hier zusätzlich einiges verschoben, sagt Welfe.
Beim Thema Schule bekommt sein Chef Puls. „Es gibt Menschen, die können sich mit der Schule nicht identifizieren. Und ich finde dann müssen wir in Branchen wie dem Friseurhandwerk oder auch der Gastronomie umdenken. Es bringt nichts wenn jemand 20 ist und ich verpflichte ihn zwingend drei Jahre in die Schule zu gehen und zu lernen“. Gerade durch den Fachkräftemangel solle man Menschen, die gut in der Praxis sind, neue Arten von Chancen geben und sie nicht durch starre Regeln mit Schule vergraulen. Die Gesellschaft verändere sich nunmal, sagt Russo, da müsse man sich anpassen. Bei Welfe spüre er jedenfalls, dass er den Beruf im Herzen trägt. „Ich habe in meinem Leben viele erlebt, die dachten sie wären Talente und vielleicht auch gut angefangen haben aber dann abgestürzt sind. Bei Khaled ist das anders. Er hat sein Talent wirklich komplett bestätigt.“
Gerne möchte der junge Friseur nach bestandener Prüfung auch den Meister machen. Doch eilig ist es ihm damit nicht. Sein Ziel ist es einen eigenen Salon aufzumachen, zusammen mit seiner Frau. Die hat er vor vier Jahren kennegelernt und auch sie ist kurz dafvor ihre Ausbildung im Friseurhandwerk erfolgreich abzuschließen. Vielleicht übernimmt er auch den Salon von Russo, das wäre ein Traum für ihn. Der Respekt gegenüber seinem Chef und Freund ist groß:“ Bei mir hat niemand etwas zu sagen außer mein Vater und Serafino Russo. Diese beiden Menschen haben mich zum Mann gemacht. An erster Stelle kommt mein Vater, direkt nach ihm Serafino“, sagt Welfe. „Ich war ein kleiner Friseur und Serafino hat mich groß gemacht. Er hat mir einen Platz bei sich gegeben, mir Kunden anvertraut und mir so viel beigebracht. Ich bin von einem 10€ zu einem 50€ Friseur geworden. Mit 100€ wäre ich allerdings zufriedener“, sagt er und lacht.
Schon jetzt ist ist Welfe an einem Punkt, an dem er von vielen Salons und Barber-Shops Angebote bekommt. Doch dies ist für ihn keine Option: „Ich spiele ja übertragen gesagt für Paris Saint-Germain. Gute Kunden, teurer Preis, schöne Selfies, schöner Salon, eigener Parkplatz, eine Bar mit Service, Augen-, Gesicht, Hände, Kopfmassage. Wir haben alles was man braucht. Was soll ich in einem Barbershop?“.
Welfe ist angekommen. Auch wenn die Liebe zu seiner Heimat immer bleiben wird, hier hat er seine Bestimmung und neue Ziele gefunden. Inklusive Menschen, die ihn unterstützen und an ihn glauben. Die Zukunft wird noch viel für ihn bereithalten.