Um Medienkompetenz bei Kindern und Jugendlichen, aber auch der Erwachsenengeneration, ging es bei den Aktionswochen „Das Jugendamt – Unterstützung die ankommt“. In Homburg und St. Ingbert referierte Erwin Markowsky vormittags vor Schülern über „fun und risk im Netz“ und am Abend für die Erwachsenen mit dem Vortrag „Tatort www.“
Der professionelle Hacker Erwin Markowsky sicherte sich bei insgesamt 1.300 Schülern im Homburger Saalbau schon nach wenigen Minuten die Aufmerksamkeit und Anerkennung der Zuhörer. Diese waren sichtlich geschockt, als der IT-Fachmann Namen privater W-Lan-Netze und zum Teil die Namen der Besitzer auf die Leinwand projezierte. Ähnlich war es in der St. Ingberter Stadthalle mit 1.200 Schülern. Markowsky demonstrierte, wie leicht es ist, einen Hotspot vorzutäuschen. Der Zugriff auf die Handys im Zuschauerraum wäre ihm mit wenigen Aufwendungen möglich gewesen. Der Referent demonstrierte im Anschluss, wie leicht Passwörter zu hacken sind. Er erklärt aber auch, wie Passwörter sicher gestaltet gewählt werden sollten. „Gehirn einschalten! Soziale Netzwerke sind in der Lebenswelt der Schüler tägliches Thema, obwohl diese Netzwerke oftmals wenig „sozial“ genutzt werden, unterschätzt wird die Gefahr der digitalen Welt“, war seine stete Mahnung für die Handy- und Internetnutzung.
Bei den jeweiligen Abendveranstaltungen informierte er die zahlreich anwesenden Eltern und Lehrkräfte anhand von Fallbeispielen darüber, wie Familien empfindliche fünfstellige Strafzahlungen leisten mussten wegen illegalen Downloads von Musik oder Filmen. „Wir wollten Jugendliche, aber auch die Eltern, für einen kompetenten Mediengebrauch sensibilisieren. Die Veranstaltungsreihe mit dem renommierten Referenten aus dem IT-Sicherheitsunternehmen 8.com konnte von Kreisjugendpflege und Schoolworker durch die Kooperation mit der Kreissparkasse Saarpfalz, den Jugendpflegern in den Städten und Gemeinden und der AWO-Präventionsfachstelle „Praesent“ realisiert werden.“ so Landrat Theophil Gallo zur oft noch unzureichenden Kenntnis der Nutzer über die Gefahren. Die Abendveranstaltungen wurden mit Elternbriefen über die Ranzenpost und Einladungen an einen Fachverteiler beworben. „Mit dem Setzen eines Häkchens an der richtigen Stelle bei den What’s-App-Einstellungen kann schon sehr viel Risikopotential weggenommen werden“, vermittelte Markowsky anschaulich.
Viele Nachfragen beim Referenten nach Ende des Vortrags ließen erkennen, dass ein Thema mit hoher Relevanz in der Lebenswelt der Familien angeboten wurde. „ Die Schülerresonanz war sehr gut“, berichtete auch Susanne Fritz, Schulleiterin der Gemeinschaftsschule Rohrbach, von guten Kritiken der Lehrkräfte aus dem Vormittagsbereich. Die Veranstaltergemeinschaft war sich nach den erfolgreichen Veranstaltungen einig, dass die kompetente Mediennutzung auch in Zukunft gemeinsam gefördert werden soll. Landrat Gallo warb für das in Kooperation mit dem Unabhängigen Datenschutzzentrum des Saarlandes und mit Unterstützung ebenfalls der Kreissparkasse Saarpfalz bestehende Angebot zu thematisch einschlägigen Workshops für die weiterführenden Schulen, die in Trägerschaft des Saarpfalz-Kreises stehen.
HOMBURG1: Herr Markowsky, das Internet als Tatort: wie gefährdet sind Kinder und Jugendliche wirklich?
Erwin Markowsky: Kinder und Jugendliche sind meist nicht so vorsichtig und aufmerksam wie Erwachsene, daher sind sie leichtere Opfer. Sie glauben schneller mal etwas, das online steht und tappen dann beispielsweise in Klickfallen oder geben Informationen leichtfertig heraus.
HOMBURG1: Von welchen Gefahren sprechen wir, was kann alles passieren?
Erwin Markowsky: Verraten die jungen Leute zu viel über sich selbst, kann das verschiedenste Folgen haben. In ihrem Namen können gefälschte Accounts erstellt werden, mit denen wiederum Schindluder getrieben wird. Hier können sowohl finanzielle als auch emotionale Schäden die Folge sein. Zudem sind im Web auch Pädophile unterwegs, die sich das Vertrauen der Jugendlichen mit gefälschten Accounts erschleichen. Stimmt ein Kind dann einem Treffen in der realen Welt zu und geht allein dort hin, kann das böse enden.
HOMBURG1: Der Hang zu Selbstdarstellung und die Jagd nach Likes lässt viele sehr freizügig mit Informationen umgehen. Wie sehen sie die Entwicklung?
Erwin Markowsky: Die Entwicklung ist eine natürliche. Soziale Netze bieten trotz einiger Risiken auch viele Chancen und gehören einfach dazu. Dort mit persönlichen Daten und Fotos um sich zu schmeißen ist allerdings riskant. Denn es gilt der oft zitierte Satz: „Das Internet vergisst nie!“ Vor allem junge Leute denken hier häufig nicht weit genug.
HOMBURG1: Eltern sollen ihre Kinder beschützen, doch das Internet birgt Gefahren und man kann ein Kind nicht 24h kontrollieren. Was können Eltern sonst tun, auch präventiv?
Erwin Markowsky: Eltern haben sogar die gesetzliche Pflicht, sich um die Online-Aktivitäten ihres Nachwuchses zu kümmern. Hier ist es ganz wichtig zu reden, die Kinder aufzuklären, sie zu begleiten und mit ihnen gemeinsam die Gefahren des Internets zu erörtern. Manche Eltern setzen an dieser Stelle nicht auf einen Dialog, sondern erteilen ein Internetverbot. Das ist – meiner Meinung nach – der völlig falsche Weg.
Präventiv kann man bei jungen Kindern natürlich eine Kinderschutz-Software einsetzen. Diese muss dann nach und nach mit der Entwicklung des Kindes abgeschafft werden. Hilfreich kann auch ein „Internetvertrag“ sein, den Eltern mit ihren Kindern schließen.
HOMBURG1: Viele Eltern sind nicht mit der Technologie und dem www aufgewachsen bzw. selbst unsicher im Umgang. Ist hier die Schule der bessere Ansprechpartner? Braucht es in der heutigen Zeit ein Fach „Internetkompetenz“?
Erwin Markowsky: Meine Empfehlung wäre: Liebe Eltern, befasst Euch mit den Neuen Medien und lernt den sicheren Umgang gemeinsam mit Euren Kindern. Davon profitieren alle. Die Schulen leisten meist schon gute Arbeit hinsichtlich der Vermittlung von Internetkompetenz, aber die Ressourcen, vor allem die zeitlichen, sind begrenzt. Am besten wäre es, wenn Schule und Eltern ihren Teil beitragen, die Jugendlichen online-fit zu machen.
HOMBURG1: Soziale Medien gegen Wirklichkeit. Leben die jungen Leute zu viel im Netz, ist unsere Gesellschaft zu anonym geworden?
Erwin Markowsky: Jein, es kommt ganz darauf an, mit wem man online befreundet ist. Sind es die Mitschüler und Kumpels aus dem Sportverein, ist doch alles in Ordnung. Kritisch wird es eher, wenn man die 385 Freunde aus dem Netz noch nie gesehen hat. Da sollte jeder für sich selbst überlegen, ob das dann echte Freundschaft ist. Marc Zuckerberg würde diese Frage übrigens mit „nein“ beantworten.
HOMBURG1: Junge Menschen haben ihren eigenen Willen und was verboten ist, ist meist umso cooler. Sind Jugendliche, was das Thema Gefahren im Netz angeht, überhaupt lernfähig? Wie ist ihre Erfahrung?
Erwin Markowsky: Klar sind sie lernfähig! Allerdings müssen sie erst einmal wach werden, um zu verstehen, dass auch sie gefährdet sind. Das ist es, was ich bei meinen Vorträgen zeige. Wenn ich 5 m vor ihnen stehe und Kennwörter und Webcams hacke, dann werden die jungen Leute wach. Sie kennen das sonst ja nur aus Filmen. In der Realität ist das alles meist gefühlt ganz weit weg, weil man es nicht sieht. Doch wer einmal die Erfahrung gemacht hat, dass ich ihm sein Handy in der Hosentasche hacken kann, der will sich selbst schützen.
HOMBURG1: Thema Datenschutz: Wer hat überhaupt Interesse an meinen Daten und Informationen? Wer kann mir damit schaden?
Erwin Markowsky: Interesse haben viele, z. B. werbende Unternehmen, die dann angepasste Werbung schicken oder aber Datensammler, die Datensätze analysieren und verkaufen. Schaden kann Ihnen damit jeder, der es darauf anlegt. Kriminelle übernehmen Accounts oder erstellen mit Ihren Angaben Fake-Accounts. Mit diesen werden dann diverse Betrugsmaschen durchgezogen. Beliebt ist beispielsweise der Handel mit Waren, die gar nicht vorhanden sind, in Ihrem Namen.
HOMBURG1: Der NSA-Skandal bestimmte zeitweise die Presselandschaft und die öffentliche Diskussion. Betrifft mich das als „normalen“ Bürger überhaupt?
Erwin Markowsky: Ja, es betrifft jeden. Mit den gesammelten Daten werden wir berechenbar. Es ist so ähnlich wie mit den Wahlprognosen – jeder kennt die Hochrechnungen der Wahlergebnisse. Die sind meistens schon sehr präzise. Ähnlich können die Datenmassen ausgewertet werden, die die NSA gesammelt hat. Und haben Sie ein gutes Gefühl, wenn Sie diesen Gedanken weiter führen? Ich nicht, denn wenn uns jemand so gut kennt, dann weiß er auch, was nötig ist, um uns unbemerkt zu manipulieren.
HOMBURG1: Vielen herzlichen Dank für ihre Antworten!
Zur Person:
Über 250.000 begeisterte Zuschauer kennen Erwin Markowsky aus spannenden Live-Hacking-Vorführungen zwischen Garmisch und Flensburg. Überzeugendes Fachwissen aus 25-jähriger Tätigkeit in der Telekommunikationsbranche, Witz und Charme sind die Markenzeichen des IT-Sicherheitsexperten, der auch einem großen Rundfunk- und Fernsehpublikum als Fachmann für die Risiken im Umgang mit Mobiltelefonen und dem Internet bekannt ist.
Seit 2006 ist Markowsky als Referent für die Neustädter 8com tätig. Neben spannenden Praxisvorträgen ist der zweifache Vater ein anerkannter Fachmann für investigative Prüfungen der IT- und DV-Sicherheit in mittelständischen Unternehmen und Konzernen.(Quelle: 8com)