„Testfahrt“ mit dem neuen Treppenlift in der Markthalle: Seniorenbeauftragter Heinz Schöndorf, Behindertenbeauftragter Wolfgang Giffel, Bürgermeisterin Annelie Faber-Wegener und Hauptamtsleiter Jens Welsch (v.r.nl.). Foto: Uwe Brengel

Das Blieskasteler Rathaus I am Paradeplatz wurde fast unbemerkt in den letzten Wochen barrierefrei gemacht, gerade rechtzeitig zu den bevorstehenden Landtagswahlen – das Briefwahlbüro ist ab dem 6. März im Obergeschoss des Rathauses vorzufinden.

Die demografische Entwicklung lässt das Thema der barrierefreien Umweltgestaltung mehr und mehr in den Vordergrund rücken. Nach Prognosen des Statistischen Bundesamtes soll sich in Deutschland die Zahl der über 80-Jährigen bis zum Jahr 2050 nahezu verdreifachen. Das Augenmerkt bei der Barrierefreiheit ist im Hinblick auf Zugänglichkeit und Nutzbarkeit jedoch nicht mehr allein auf Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen gerichtet, sondern inzwischen auch auf Schwangere oder Personen, die mit Kinderwagen oder Rollatoren unterwegs sind.

Seit wenigen Tagen ist nun auch das Blieskasteler Hauptrathaus komplett barrierefrei zugänglich. Für Besucher stellt sich dabei zunächst die Frage, mit welchem Anliegen sie die Verwaltung aufsuchen möchten. In der unteren Etage des Gebäudes befinden sich Standesamt, Stadtkasse, die Kämmerei und das Amt für Rentenangelegenheiten. Diese Büros sind jetzt barrierefrei durch den hinteren Seiteneingang zu erreichen, dessen Tür mit einer sogenannten „Push & Go – Funktion“ ausgestattet wurde. Ein leichter Druck genügt und sie öffnet sich selbstständig. Da die Tür ursprünglich nicht ganz ebenerdig lag, wurde kurzerhand eine Rampe angebaut.

Eine „Push & Go – Funktion“ findet sich auf der gleichen Gebäudeseite auch an der Seiteneingangstür zur Alten Markthalle, über die die Büroräume der Bürgermeisterin, Pressestelle, Wahlbüro, EDV, Zentrale Dienste sowie der Sitzungssaal in der oberen Etage zu erreichen sind. Ab dem 6. März ist im Obergeschoss des Rathauses auch das Briefwahlbüro eingerichtet. Auch hier muss die Tür nur geringfügig per Hand geöffnet oder angeschubst werden, um die automatische Öffnung zu aktivieren. In der Markthalle selbst wurde ein moderner, leicht zu bedienender Treppenaufzug installiert, der über eine „Notruf-Funktion“ verfügt. Neu ist auch der Behindertenparkplatz, der sich unmittelbar gegenüber der Eingangstür befindet.

Auf der Rathausseite zum Paradeplatz hin wurde eine Beschilderung angebracht, die auf die beiden barrierefreien Seiteneingänge auf der anderen Gebäudeseite hinweist.
Foto: Uwe Brengel

Beide Eingänge wurden mit indirekter Beleuchtung ausgestattet. Über eine softwaregestützte Klingelfunktion mit Sprechanlage können Mitarbeiter im Haus kontaktiert werden, die die Türen auch ferngesteuert per Computer öffnen können oder bei Bedarf gerne Hilfestellungen geben. Zum Verlassen des Gebäudes wurden an den Innenseiten seitlich der Türen Großflächentaster angebracht. Nach Betätigung öffnen die Türen automatisch und schließen selbsttätig nach Verlassen. Zur Überwachung und Absicherung des Schwenkbereiches wurden Sicherheitssensorleisten eingesetzt, die mit Infrarotlicht arbeiten. Elektromagnetische, für das menschliche Auge unsichtbare Wellen werden von einem Sender auf Personen oder Objekte geleitet, die sich innerhalb des Erkennungsfeldes befinden, ein Empfänger nimmt die reflektierten Infrarotstrahlen auf und wandelt sie in ein elektrisches Signal um, das an die Steuereinheit des Türantriebs übertragen wird. Die Türbewegung wird gestoppt, sobald die Sensorik ein Hindernis registriert. Die Sensoren geben die Schließfunktion erst frei, nachdem der Besucher den Erfassungsbereich verlassen hat. So ist beim Öffnen als auch beim Schließen der Türen größtmöglicher Schutz gewährleistet und Gehbehinderte oder Rollstuhlfahrer können in aller Ruhe passieren.

Die Umbaumaßnahme wurde im Spätsommer 2016 zunächst mit dem Bau der Rampe begonnen. Die Gesamtkosten für die Maßnahme belaufen sich auf knapp 50.000 Euro. 90% davon wurden über Fördermittel des Bundes bezuschusst. Aus sogenannten „Kommunalinvestitionsförderungsfonds“ kommen seit 2015 finanzschwachen Kommunen in den Flächenländern und entsprechenden Gebieten in den Stadtstaaten Fördermittel zugute. Die Verteilung ist im Kommunalinvestitionsförderungsgesetz (KInvFG) festgelegt, bei der Ermittlung der Länderanteile werden die Kriterien Einwohnerzahl, Kassenkredite und Anzahl der Arbeitslosen zu je einem Drittel in den Verteilungsschlüssel einbezogen. Einige Bundesländer, darunter auch das Saarland, in denen sich aufgrund von Strukturschwäche die finanzschwachen Kommunen konzentrieren, profitieren im Vergleich zur Einwohnerzahl überproportional von dem Förderprogramm. Die Förderquote beträgt hier bis zu 90 Prozent.

Uwe Brengel

Hintergrund:

In Deutschland wird die Barrierefreiheit durch das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) definiert in § 4: Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für behinderte Menschen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.

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