Bild: KG Die Blätsch Bexbach 1953.
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Umzüge, Galasitzungen, Rathausstürme – im Normalfall wäre die Faschingssaison im Saarland gerade in vollem Lauf. Doch es herrschen eben keine „normalen“ Zeiten und so sind auch die vielen Faschingsvereine gezwungen, ihre Veranstaltungen abzusagen. So wie auch die Bexbacher Karnevalsgesellschaft “Die Blätsch” 1953, einer der größten Karnevalsgesellschaften im Land. Deren Präsident Sebastian Brutsch erklärt im HOMBURG1-Interview, wie ein solcher Verein derzeit über die Runden kommt – und warum die Blätsch trotz Pandemie keine Abgänge zu verzeichnen hatte.

HOMBURG1: Guten Tag Herr Brutsch. Während die Sessionseröffnung der Karnevalsgesellschaft “Die Blätsch” 1953 im November noch stattgefunden hat, hat der Verein jegliche Veranstaltungen in der „heißen“ Faschingszeit abgesagt. Das machen im Saarland nicht alle Karnevalsgesellschaften. Warum haben Sie sich zu diesem Schritt entschieden?

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Andreas Brutsch: Im November waren wir eigentlich noch fest davon überzeugt, dass Ordensfest, Galasitzung und Kinderfasching stattfinden können, da waren die Zahlen ja noch recht weit unten. Aber dann wurden diese peu à peu immer höher. Deshalb waren wir uns nicht sicher, ob wir die Dorfhalle in Limbach überhaupt voll kriegen, weil die Leute aufgrund der Ansteckungssituation unter Umständen doch vorsichtig sind. Auch unseren Gruppen wird eine halbvolle Halle nicht gerecht was Stimmung, Applaus und Anerkennung betrifft. Und natürlich hat auch der finanzielle Aspekt eine Rolle gespielt. Wenn sie nur eine halb volle Halle haben, sind die Kosten dennoch die gleichen. Jeder Verein muss da auch ans Wirtschaftliche denken. Aus diesen Gründen haben wir uns im Dezember schweren Herzens dazu entschieden, die Veranstaltungen abzusagen.

HOMBURG1: Das klingt nach einem ziemlichen Hin und Her. Hätten Sie sich da von der Politik mehr Planungssicherheit gewünscht?

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Andreas Brutsch: Im letzten Jahr war das tatsächlich besser geregelt. Da wurde früh gesagt, es darf nichts stattfinden und man wusste, woran man ist. Dieses Jahr wurde man so ein bisschen hängengelassen. Während im privaten Bereich viel geregelt war, war das bei uns Vereinen nicht so. Es wäre gut gewesen, wenn alles von oben herunter abgesagt worden wäre, dann hätten wir Gewissheit gehabt. Nach und nach alles abzusagen ist dann einfach deprimierend.

HOMBURG1: Gab es Überlegungen, auf digitale Formate auszuweichen?

Andreas Brutsch: Ja, wir haben eine „Online-Galasitzung“ gedreht. Dazu haben wir die einzelnen Tanzgruppen zu festgelegten Zeit in unsere Halle geholt und die jeweiligen Auftritte gefilmt. Es waren also immer nur die einzelnen Gruppen in der Halle wie auch unter der Woche trainiert wurde, wodurch nicht so viele Menschen auf einmal vor Ort waren. Das Material haben wir dann zu einem Film zusammengeschnitten. Das war eine gute Möglichkeit, uns nochmal zu präsentieren und den Gruppen einen Auftritt zu ermöglichen. Und die Tänzerinnen waren wirklich hellauf begeistert. Es war einfach das Feeling eines Auftritts da. Wir hoffen aber natürlich auch, dass es das letzte Mal war, dass wir so etwas machen mussten. Unserer Minis hatten zudem einen Auftritt bei der digitalen Narrenschau der Kinder vom Verband Saarländischer Karnevalsvereine.

Präsident Andreas Brutsch. Bild: KG Die Blätsch Bexbach 1953.

HOMBURG1: Sie haben die finanzielle Situation bereits angesprochen. Im zweiten Jahr in Folge können in der „närrischen“ Zeit fast keine Veranstaltungen mehr stattfinden. Wie kommt die “Blätsch” da eigentlich über die Runden?

Andreas Brutsch: Im ersten Corona-Jahr hat ja der Staat noch mit der Vereinshilfe eingegriffen, da konnte man Einiges kompensieren, wenn auch nicht alles. In dieser Session ist das nicht so. Von daher müssen wir schauen, dass wir andere Wege gehen. Über Sponsoren haben wir uns im letzten Jahr zum Beispiel eine Wurstbude zugelegt. Wir durften dann im Wellesweiler E-Center zweimal einen Wurstverkauf machen. So konnten wir Einnahmen generieren. Außerdem konnten wir uns durch finanzielle Hilfe von Sponsoren neue Trainingsanzüge für die Aktiven leisten. Es ist also nicht so, dass alle Geldgeber abspringen. Dennoch müssen wir schauen, dass wir in diesem Jahr in irgendeiner Art Gelder generieren, beispielsweise durch ein Sommerfest, auch wenn das von den Einnahmen her nicht dasselbe wie eine Prunksitzung sein wird.

HOMBURG1: Ausfallende Veranstaltungen sind das Eine. Doch auch das alltägliche Vereinsleben wird doch mit Sicherheit durch die Pandemie gestört. Wie versuchen Sie da gegenzusteuern?

Andreas Brutsch: Wir schauen natürlich, dass wir den Zusammenhalt in der Gruppe erhalten, da sind die Trainer auch sehr engagiert. Als es möglich war, haben wir im Sommer Trainingswochenenden in unserer Halle gemacht. Tagsüber wurde trainiert, es fanden gemeinsame Aktivitäten statt und die Gruppen konnten in der Halle übernachten. Außerdem waren die Größeren im Trampolinpark. Dadurch, dass wir eine eigene Halle haben, waren wir auch nicht von etwaigen Hallenschliessungen betroffen. So hatten wir die Möglichkeit, das Training der Gruppen über Hygienekonzepte aufrechtzuerhalten. Die Kinder waren ja über die Schule sowieso schon getestet. Und die Erwachsenen waren alle sehr vernünftig und haben sich vor jedem Training testen lassen. Die Beibehaltung des Training ist vielleicht auch der Grund, wieso wir keine coronabedingten Abgänge hatten.

HOMBURG1: Und wie sieht es beim Nachwuchs aus? Schließlich kann man sich als Verein derzeit ja kaum in der Öffentlichkeit präsentieren.

Andreas Brutsch: Das ist tatsächlich kurios. Wir haben nämlich durchaus Zuwachs gekriegt, gerade im Kinderbereich. Bei den Minis kommen mittlerweile viele Drei- und Vierjährige, sodass wir da jetzt eigene Gruppen machen müssen. Da gibt es also keinen Abriss.

Bild: KG Die Blätsch Bexbach 1953.

HOMBURG1: Nun sind die Veranstaltungen für dieses Jahr abgesagt. Freut man sich da schon aufs nächste Jahr oder ist dafür die Enttäuschung noch zu groß?

Andreas Brutsch: Klar, das „närrische Treiben“ fehlt schon. Jetzt ist gerade die Zeit, in der wir normalerweise bei anderen Vereinen und Veranstaltungen wären. Man merkt von daher schon, dass die Enttäuschung groß ist. Deshalb hofft jeder, dass es im nächsten Jahr weitergeht. Bis dahin gilt es eben, den Verein auf andere Art und Weise zu präsentieren und zu zeigen, dass man etwas macht.

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