Screenshot: Apple App Store

In der modernen Medizin sind Antibiotika nicht mehr wegzudenken. Sie werden in der hausärztlichen Praxis bei Erkrankungen unterschiedlichen Schweregrades verschrieben, kommen aber auch in den Krankenhäusern bei teils sehr komplizierten Krankheitsverläufen zum Einsatz. Was für den Laien ganz allgemein unter dem Begriff Antibiotika oder Antiinfektiva zusammengefasst wird, ist eine Gruppe von zahlreichen Arzneimitteln, die gezielt für die medizinische Behandlung von Infektionen eingesetzt werden, welche durch Krankheitserreger wie Bakterien oder Pilze hervorgerufen werden.

In einer Zusammenarbeit zwischen dem Universitätsklinikum des Saarlandes und dem InfectioSaar Netz, einem aus öffentlichen Mitteln des Saarlandes geförderten Netzwerk zur Infektionsprävention, wurde nun eine kostenfreie Smartphone-App entwickelt, die Ärztinnen und Ärzten das Finden des passenden Antibiotikums und den richtigen Einsatz des Medikaments erleichtert. Das Programm wird ständig aktualisiert und ist so immer auf dem neuesten Stand. Die App soll nicht nur den Medizinerinnen und Medizinern am UKS helfen, sondern auch in anderen Krankenhäusern oder bei Niedergelassenen den Umgang mit Antibiotika erleichtern.

Für Ärztinnen und Ärzte ist es nicht immer einfach, das passende Antibiotikum auszuwählen. Denn sie müssen nicht nur das akute Beschwerdebild und die Erreger im Blick haben, sondern zudem Grunderkrankungen ihrer Patientinnen und Patienten mit einbeziehen und die vermehrten Resistenzen von Erregern bedenken. Um Medizinerinnen und Medizinern die Arbeit zu erleichtern, gibt es Leitlinien, also Vorgaben für den Einsatz von Antibiotika. Bücher, Kitteltaschenkarten und ähnliche analoge Nachschlagewerke helfen dann im Mediziner-Alltag dabei, die umfangreichen Informationen griffbereit zu haben und so das richtige Antibiotikum zu finden. „Mit der InfectioApp haben wir diese Informationen zur einfachen Nutzung mit dem Smartphone zusammengestellt, der Inhalt des Programms entspricht rund 200 DIN-A4-Seiten und wird regelmäßig aktualisiert“, erklärt Prof. Dr. Dr. Sören Becker vom Universitätsklinikum des Saarlandes (UKS) in Homburg. „Die Smartphone-App kann die Nachschlagewerke ersetzen und ist zudem kostenlos. Sie funktioniert nach der Installation ohne Internetanbindung und aktualisiert sich automatisch, wenn neue Inhalte und eine Internetverbindung zur Verfügung stehen.“ Die App ist übersichtlich nach den einzelnen Organsystemen strukturiert, so lassen sich sehr schnell alle relevanten Informationen finden. Es gibt detaillierte Antibiotika-Steckbriefe mit Informationen zur Dosisanpassung bei Grunderkrankungen wie beispielsweise Nieren- und Leberinsuffizienz. Außerdem bietet sie eine Suchfunktion und es können Favoriten – beispielsweise häufige Krankheitsbilder – als Schnellzugriff hinterlegt werden. Prof. Becker: „Wir haben das Programm praxisorientiert und pragmatisch aufgebaut, so dass es sich für alle Fachrichtungen eignet.“

Als Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene und Leiter des InfectioSaar Netzes ist Prof. Becker Spezialist für Antibiotika. Hauptaufgabe des Netzwerkes ist die Prävention und Kontrolle von multiresistenten Bakterien wie beispielsweise MRSA in stationären und ambulanten medizinischen Einrichtungen. In Homburg und Saarbrücken werden seit einigen Jahren Ärztinnen und Ärzte im Umgang mit Antibiotika geschult, medizinisches Fachpersonal wird in sogenannten ABS-Kursen des Netzwerks weitergebildet. Das Kürzel ABS steht dabei für Antibiotic Stewardship, ein Fachbegriff für Strategien zum rationalen Einsatz von Antibiotika. „Rationaler Einsatz heißt letztendlich, den Patientinnen und Patienten eine bestmögliche Therapie anzubieten. Das umfasst nicht nur die Wahl des passenden Antibiotikums. Es ist ebenso wichtig, die Therapie zum passenden Zeitpunkt zu beenden und grundsätzlich auch zu vermeiden, wenn sie nicht zielführend ist“, so Prof. Becker. „Studien belegen, dass man dadurch die Behandlungsqualität erhöht und somit das Behandlungsergebnis verbessert als auch zur Verringerung multiresistenter Keime beiträgt.“

Die 2018 am UKS gegründete interdisziplinäre ABS-Gruppe hat unter Einbeziehung aller spezialisierten Fachrichtungen am Universitätsklinikum des Saarlandes eine Antibiotika-Leitlinie entwickelt, aus welcher nun die InfectioApp enstanden ist. Das gemeinschaftlich entwickelte Programm wurde inhaltlich durch das UKS und das InfectioSaar Netz umgesetzt. Das Netz ist im Auftrag und mit Unterstützung des Saarländischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie tätig. Gesundheitsministerin Monika Bachmann erläutert: „Die InfectioApp ist eine komplett kostenfreie Smartphone-App, die im klinischen Alltag schnell und zuverlässig Informationen zu Infektionen sämtlicher Organsysteme zur Verfügung stellt. Die App wurde von der interdisziplinären Antibiotic Stewardship-Gruppe des UKS unter Leitung des Instituts für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene sowie der Mitwirkung praktisch aller Kliniken und Institute inhaltlich erstellt und wird fortlaufend aktualisiert – an dieser Stelle ein herzlicher Dank an das InfectioSaar-Netzwerk, Herrn Prof. Dr. Dr. Becker und seine Kolleginnen und Kollegen am Universitätsklinikum des Saarlandes“. Für die technische Umsetzung sorgte der Projektpartner Mediploy GmbH.

„Wir haben nun eine ganz aktuelle Leitlinie für unsere mehr als 600 Ärztinnen und Ärzte am UKS geschaffen, die auch durch die UKS-interne Hygiene- und die Arzneimittelkommission verabschiedet worden ist. Die Leitlinie kann in Form der App sehr gut aktualisiert werden, das Programm ermöglicht eine einfache Handhabung“, fasst Prof. Becker zusammen. „Wir möchten mit der InfectioApp aber nicht nur den Medizinerinnen und Medizinern auf dem Homburger Campus eine Unterstützung an die Hand geben, sie eignet sich aus unserer Sicht ebenfalls sehr gut für den Einsatz in anderen Krankenhäusern oder bei den niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen.“

Wo findet man die App? Die InfectioApp ist kostenfrei über die beiden großen Appstores (Apple App Store und Google Play Store) erhältlich und leicht über den Suchbegriff „InfectioApp“ zu finden. Sie wird vom Entwickler Mediploy GmbH angeboten.

 

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