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Heimat im digitalen Zeitalter 

Meine Damen und Herren, wir leben in einer älter werdenden Gesellschaft. Der demographische Wandel ist in vollem Gange. Die Frage der medizinischen Versorgung in ländlichen Räumen wird künftig verstärkt in den Vordergrund drängen. Es wird aber auch künftig auf diese Frage ganz neue Antworten geben, Antworten, die vor wenigen Jahren noch undenkbar schienen. Möglich wird dies durch den Prozess der zunehmenden Digitalisierung in fast allen Lebensbereichen.

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Dieser Prozess hat den Alltag der allermeisten von uns erreicht. Schon im Alter von zehn Jahren nutzen Kinder ganz selbstverständlich ihr Smartphone zur Kommunikation, zur Information und zur Unterhaltung. Intelligente vernetzte Systeme regeln den Verkehr, die Energieversorgung, die Logistik in vielen Bereichen. Aus unseren Verwaltungen sind IT-gestützte Buchungs- und Geschäftsvorgänge oder elektronisches Dokumentenmanagement nicht mehr wegzudenken.

Online-Amtsblatt, digitales Grundbuch, elektronische Steuerklärung und viele weitere digitalisierte Verwaltungsdienste mehr sind selbstverständlich geworden. Industrielle Verarbeitungs- und Fertigungsprozesse funktionieren seit Jahren anhand automatisierter Computersteuerung. Man fragt sich bisweilen: Was kann eigentlich noch kommen? Was wird eigentlichen noch kommen?

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Diese Frage stellen sich viele Menschen – und dies nicht nur in freudiger Erwartung, sondern auch beunruhigt und besorgt. Wie verändert sich unsere Arbeitswelt? Was wird mit meinem Arbeitsplatz und vor allem mit meiner Arbeitskraft? Wird die überhaupt noch gebraucht in einigen Jahren? Zu welcher Ausbildung, zu welchem Berufsweg rät man seinen Kindern angesichts solcher Ungewissheiten? Und weiter noch: Was ist mit meinen Daten? Was mit meiner Privatsphäre? Wie weit reicht der Arm der Internetgiganten in meinen Alltag hinein? Was wissen die über mich? Welche Macht besitzen die über mich? Wer ist das überhaupt, die? Sind das noch Menschen? Oder sind es anonyme Algorithmen, künstliche Intelligenz, die sich verselbständigt und der wir hilflos ausgesetzt sind?

All diese Fragen wecken Phantasien. Die Grenzen zwischen Realität und Science Fiction verschwimmen. Wie weit sind wir noch Herr unseres Schicksals? All das zeigt uns, wie wichtig beim Voranschreiten der Digitalisierung auch die Frage der Datensicherheit geworden ist. Die Cybersicherheit muss zur zweiten Säule des digitalen Fortschritts werden. Eine Einrichtung wie unser CISPA ist in diesem Bereich mit Sicherheit ein Leuchtturm.

Meine Damen und Herren, wir stehen ohne Frage an der Schwelle zu einem neuen Zeitalter. „Man kann so klug sein wie die Klugen dieser Welt und geht doch jeder- zeit in die nächste Minute wie ein Kind ins Dunkle.“ Dieser Satz von Otto von Bismarck scheint heute aktueller denn je. Von daher ist das Gebot der Stunde nicht nur die Entschlossenheit, die Chancen der Digitalisierung zu ergreifen. Es ist gleichermaßen das Gebot der Stunde, diesen Prozess mit Aufmerksamkeit, mit Bedacht und mit Augenmaß zu gestalten.

Ohne Zweifel gibt es Chancen der Digitalisierung. Wer wollte das bestreiten? Nehmen wir den Bereich der medizinischen Versorgung. Gerade für strukturschwache ländliche Regionen eröffnen sich hier ganz neue Möglichkeiten. Das wird ganz be- sonders deutlich, wenn wir einen Blick auf die Telemedizin werfen. Diese ist mit dem E-Health-Gesetz Ende 2015 offiziell in Deutschland zugelassen. Explizit erlaubt werden darin Online- und Video-Sprechstunden mit Patienten ebenso wie die telemedizinische Befundbeurteilung von Röntgenaufnehmen. Damit, meine Damen und Herren, entfällt in weiten Teilen die räumliche Trennung zwischen Arzt und Patient. Längere Anfahrzeiten sind nicht mehr nötig, was vor allem für ältere, in ihrer Mobilität eingeschränkte Menschen eine deutliche Entlastung verspricht. Vermieden werden auch lästige Wartezeiten in den Arztpraxen und damit auch die Ansteckungsgefahren in bislang häufig überfüllten Wartezimmern.

Vorteile ergeben sich auch für die Überwachung des Gesundheitszustandes von chronisch Kranken, für Routinebehandlungen, die per Fernanweisung von Familienangehörigen getätigt werden können, und insbesondere auch für die Notfall- und Bereitschaftsmedizin. Darüber hinaus können sich Ärzte auch untereinander anhand moderner Kommunikationstechniken und bildgebender Systeme schneller, unkomplizierter und umfassender austauschen, wenn es um diagnostische und therapeutische Beurteilungen geht.

Natürlich darf und wird die Telemedizin den persönlichen Patienten-Arzt-Kontakt nicht ersetzen. Sie birgt aber unabweisbare Entlastungspotenziale für alle Beteiligte, für das medizinische Personal ebenso wie für die Patienten. Und wer, meine Damen und Herren, wollte sich guten Gewissens diesem Fortschritt im Sinne der Menschen in den Weg stellen?

Klar ist aber auch: Diese Art von Fortschritt darf nicht einhergehen mit dem Missbrauch persönlicher Gesundheitsdaten – eine Herausforderung, die umso größer ist, als mit der Digitalisierung im Gesundheitsbereich Millionen von sensiblen Daten künftig im Netz zirkulieren werden. Aus diesem Grund darf die Digitalisierung nicht dem Datenschutz vorauseilen. Der Datenschutz muss vielmehr streng mit der Entwicklung synchronisiert werden.

Unter dieser Voraussetzung haben wir hier ein Beispiel, wie uns die Digitalisierung zum Segen gereichen kann. Es gibt zahlreiche weitere Beispiele, wie gerade der ländliche Raum von ihr profitieren kann. Den Online-Zugang zu den Verwaltungen habe ich bereits genannt. Auch der Online-Handel: So sehr er dem innerstädtischen Gewerbe auch zusetzt, so erleichtert er doch vielen Menschen auf dem flachen Land die alltägliche Güterversorgung. Und schließlich gewinnen die ländlichen Räume mit ihren deutlich günstigeren Bauland- und Immobilienpreisen ganz neue Attraktivität für kleine und mittelständische Unternehmen, wenn der Anbieter-Kunden-Kontakt elektronisch hergestellt und die Waren in virtuellen Räumen am PC präsentiert wer- den können.

Voraussetzung hierfür ist jedoch eine leistungsfähige digitale Infrastruktur, sprich der zügige Ausbau der Breitbandnetze. Daran arbeiten wir zurzeit auf Hochtouren.

Bis Ende dieses Jahres wollen wir – darauf haben sich die Netzbetreiber Deutsche Telekom, VSE NET und inexio verpflichtet – über eine nahezu flächendeckende Breitbandversorgung mit mindestens 50 Mbit/s im gesamten Land verfügen. Damit legen wir gleichzeitig den Grundstein für den Aufbau einer Gigabit-Gesellschaft in den kommenden Jahren. Vergessen dürfen wir freilich auch nicht den Mobilfunk. Wir stehen hier im permanenten Dialog mit den Anbietern, um bestehende Funklöcher im Saarland zu stopfen. All das wird maßgeblich dazu beitragen, das bisher bestehende Stadt-Land-Gefälle erheblich zu reduzieren.

Meine Damen und Herren, Chancen und Risiken, Potenziale und Möglichkeiten, Perspektiven und Grenzen begleiten den Fortschritt seit jeher. Und erfolgreich waren dabei meist diejenigen, die unter gründlicher Abwägung die einzelnen Faktoren realistisch gewichtet und auf dieser Grundlage entschlossen gehandelt haben.

Genau das ist es, was wir mit einer eigenen Digitalisierungsstrategie erreichen wollen. Ausgehend von einem Leitbild „Heimat im digitalen Zeitalter“ werden wir Handlungsstrategien bis hin zu einzelnen Maßnahmen entwerfen, wie wir am besten zu den darin entworfenen Zielvorstellungen gelangen können. Ich möchte die Arbeit des von meiner Amtsvorgängerin einberufenen Digitalisierungsrats nutzen, um gezielte qualifizierte Anregungen für die Regierungsarbeit zu erhalten. Mit dem Digitalisierungsforum werden alle relevanten gesellschaftlichen Gruppen an der Entwick- lung dieser Digitalisierungsstrategie für das Saarland beteiligt. Wir werden zudem regelmäßig digitale Erlebnistage veranstalten, um der Öffentlichkeit die Welt der Digitalisierung nahezubringen und mit den Menschen darüber in den Dialog zu treten.

Weiter auf Seite 17: Hochschulen und Forschung als Innovationstreiber 

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