Die Signale sind durchaus widersprüchlich. Während in manchen Städten laut Aussage der zuständigen Mediziner die Intensivstationen volllaufen, wird andernorts vor übertriebener Aufregung gewarnt. Auch in der Uniklinik Homburg werden derzeit Intensivpatienten mit einer Covid-Erkrankung behandelt. Hier sei die Lage jedoch stabil, wie die verantwortlichen Mediziner betonen. Doch sie machen auch klar: Die derzeitige Situation sei mit Vorsicht zu genießen.
Sie war und ist das entscheidende Kriterium bei der Corona-Bekämpfung: die Überlastung des Gesundheitssystems. Einen guten Indikator ob eine solche vorliegt, ist die Situation auf den zahlreichen Intensivstationen im ganzen Land. Die größte Kapazität an Intenivbetten im Saarland gibt es an der Uniklinik in Homburg.
Dort wurden Ende letzter Woche 33 Patienten aufgrund einer Coronaerkrankung behandelt. Laut Prof. Dr. Philipp Lepper, dem Leiter der Lungenintensivstation, wurden von diesen 9 beatmet. Für sich sagen diese Werte erst einmal wenig aus. Schließlich lautet die entscheidende Frage, ob diese Zahlen in den letzten Wochen angestiegen sind, wie in den bundesweiten Medien oft berichtet. Die Antwort in Homburg lautet: Nein.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt könne keine Trend erkannt werden, schreibt der Ärztliche Direktor des UKS, Professor Wolfgang Reith, auf HOMBURG1-Anfrage. „Die Zahl der am UKS stationär behandelten Coronapatienten lag in den vergangenen vier Wochen zwischen 30 und 40 Personen, meist recht konstant um einen Wert um 35, teilweise mit Ausschlägen nach oben hin, teilweise mit Ausschlägen nach unten hin.“
Auch was das Alter der Patienten anbelangt, gibt es, laut Prof. Dr. Lepper, derzeit keine Veränderungen zu verzeichnen. „Der Anteil an Über-80-Jährigen hat sich nicht wesentlich verändert.“ Das Durchschnittsalter sei bisher nur unwesentlich niedriger als in den vorherigen Wellen. Insgesamt bedeutet die Konstanz der Zahlen auch, dass man in Homburg von sogenannten Triage-Situationen nicht betroffen ist. „Von den oft konstruierten Beispielen – „Kann der nächste Patient noch beatmet werden?“ – sind wir weit entfernt”, stellt Prof. Dr. Lepper klar.
Die Werte sind also stabil. Doch weder für Reith noch für Lepper gibt es Grund für Entwarnung. So betont Prof. Dr. Reith, dass der Wert von 33 nicht als Sinken der Zahlen missinterpretiert werden solle. Und Lepper verweist darauf, dass die Intensivmedizin ein „dynamisches Geschäft“ sei. „Entwicklungen sind häufig nicht präzise vorherzusagen – vor allem da Statistik nur Rückschlüsse ermöglicht, wenn auf große Zahlen zurückgegriffen werden kann.“
Dass die derzeitige Situation nur schwer eingeschätzt werden kann, liegt jedoch nicht nur an den Fallstricken der Statistik. Auch die Krankheit selbst ermöglicht kaum präzise Vorhersagen, wie sich die Situation in Homburg und anderswo entwickeln könnte. Derzeit könne man zwar sagen, dass die durchschnittliche Verweildauer von Covid-Patienten auf der Intensivstation rund 30 Tage betrage. „Für den einzelnen Patienten heißt dies jedoch nichts“, erklärt Prof. Dr. Lepper. „Wird ein Bett neu mit einem schwerkranken Covid-19-Patienten belegt, kann sich seine Prognose oft innerhalb kürzester Zeit rapide verschlechtern oder stabil bleiben.“ Die Verläufe seien nur schwer vorauszusagen. Daran ändern auch mögliche Fälle mit Virus-Mutationen nichts. Einen Einfluss auf die Schwere der Erkrankung könne Lepper diesbezüglich nicht erkennen. „Für die Behandlung spielt es aber keine Rolle. Es gibt derzeit keine wirkungsvolle Therapie für Covid-19.“
Da verwundert es kaum, dass der Leitende Oberarzt der Intensivmedizin an die Menschen appelliert, Maßnahmen wie Abstand, Händehygiene und Masken weiter einzuhalten. Darüber hinaus verweist Prof. Dr. Lepper auf die Wichtigkeit der Impfungen und – auf flächendeckende Tests. In diesem Zusammenhang verteidigt er auch die Corona-Strategie der saarländischen Landesregierung. „Wir müssen jetzt auf die Zähne beißen und durchhalten – ob ein genereller Lockdown mit Ausgangssperren ausgerichtet an fixen Inzidenzen die Durchhaltefähigkeit der Bevölkerung stärkt, wage ich allerdings zu bezweifeln.“ Besser seien flexible Modelle, die auch Lockerungen beinhalten könnten, wenn bestimmte Rahmenbedingungen erfüllt sind – so wie es im Saarland derzeit praktiziert wird.