Früher gefeierter Profifußballer, heute Vorsitzender einer Stiftung, die sich für eine sichere Trinkwasserversorgung in Ostafrika einsetzt: Der Lebensweg von Ex-BVB-Star Neven Subotić ist bemerkenswert. So bemerkenswert, dass seine Autobiographie ein Bestseller geworden ist. Nun las er bei der HomBuch aus ihr vor – und sorgte neben nachdenklichen Momenten auch für den ein oder anderen Lacher.
„Heute ist mein Ziel, dass ihr etwas anders herausgeht, als ihr hereingekommen seid“, eröffnete Neven Subotić den rund 150 Besuchern im Homburger Siebenpfeifferhaus gleich am Anfang seiner Lesung. „Anders“ bedeutet letztlich wohl vor allem nachdenklicher, denn genau das ist es, was Subotićs Buch auslöst: Nachdenklichkeit. Nachdenklichkeit über eine Welt, in der Fußballer Abermillionen verdienen und woanders Menschen nicht genug Wasser haben. Geographisch mag das eine Welt sein, mental sind es zwei völlig verschiedene. Subotić hat beide erlebt und darüber in Zusammenarbeit mit der Autorin Sonja Hartwig ein Buch verfasst. Titel: „Alles geben.“
Auch an diesem Abend im Siebenpfeifferhaus gibt Subotić alles, versucht die Menschen mitzunehmen auf eine Reise durch sein Leben, Gesangseinlagen inklusive. Einfach ist diese Reise nicht, weder für die Zuhörer noch für Subotić selbst, wie er gleich am Anfang betont. „Das macht mir keinen Spaß“, erklärt er mit Blick auf die ersten Kapitel, die sich mit der ersten Hälfte seines Lebens auseinandersetzen. Einem Leben der Extreme. Zunächst Flüchtlingskind im Schwarzwald, dann Multi-Millionär in der Großstadt. Was die beiden Leben verbindet, ist nicht zuletzt eine gewisse Naivität in der Wahrnehmung der eigenen Lebenswelt.
Subotić erzählt von seiner Kindheit, die geprägt ist von vielen Veränderungen. Zunächst die Flucht aus dem Jugoslawien-Krieg nach Deutschland. Dort wächst Subotić, trotz des ewigen Geldmangels der Familie fast schon behütet auf, wie man seinen Worten entnehmen kann. „Wunderschön“ sei der Schulweg gewesen, Freunde habe er gehabt, darunter viele Flüchtlingskinder. Dass sich seine serbischen Eltern nicht mit den beiden muslimisch-bosniakischen Eltern eines seiner Freunde unterhalten, nimmt er hin. Wird schon seine Richtigkeit haben, dass beide Volksgruppen verfeindet sind, weiß er nicht. „Meine Eltern haben den Krieg von mir und meiner Schwester ferngehalten“, erzählt er. Nach drei Jahren Duldung in Deutschland muss die Familie bald ausreisen und findet in den USA eine neue Heimat. Bis sich das Leben von Subotić schlagartig verändert.
Denn mit 17 bekommt er ein Angebot aus Mainz und findet sich kurz darauf als Profi-Fußballer in Deutschland. Von Mainz geht es nach Dortmund, dort feiert er mit 22 Jahren die deutsche Meisterschaft, Millionengehälter inklusive. „Es gab einen permanenten Überfluss an Geld, Autos und Frauen“, blickt der heute 33-Jährige auf die Zeit zurück. Der Jungstar kauft sich ein riesiges für 750.000 Euro, dazu teure Autos. Wobei das nicht ganz stimmt, selbst kauft er diese Dinge nicht. Vielmehr sind es andere, die sein Leben leiten. „Mir wurden alle Entscheidungen abgenommen, es war, als wenn man mit Tempo 300 im Autopilot über die Autobahn rast.“ Essen, zocken, schlafen, trainieren, das sei sein Alltag gewesen. Dazu kamen schließlich noch Luxus-Urlaube in Dubai oder auf Bali. „Wenn ich an diese Zeit denke, komme ich mir vor wie eine Figur aus einem Videospiel.“
Subotić ist in dieser Zeit ein überforderter junger Mann, geblendet von der glitzernden Glamour-Welt des Fußballs, das geht aus den Passagen, die er vorträgt, deutlich hervor. Doch mit der Zeit kommen selbst diesem Jungen auf Autopilot Zweifel am Sinn dessen, was er da tut. Auch, weil in seinem Umfeld Menschen sind, die sich mit Philosophie auseinandersetzen. „Während ich mich jeden Tag damit befasst habe, ob der Gegner mit 4-4-2 oder 4-3-3 spielt, hatte ich eine Freundin, deren Philosophie-Professor sich in seinen Vorlesungen lebensentscheidende Fragen stellte“, bringt der frühere Abwehrspieler die Oberflächlichkeit seines Tuns auf den Punkt.
Irgendwann habe er sich dann die Frage gestellt: Was ist mir denn eigentlich wichtig? So kam Subotić schließlich auf die Idee eine Stiftung zu gründen, um Menschen in Ostafrika Zugang zu frischem Wasser zu ermöglichen. „Ich habe recherchiert, was die größten Probleme auf der Welt sind, die aber auch lösbar sind.“ So kam Subotić schließlich auf das Thema Trinkwasser, das letztlich alle Menschen brauchen. Nun baut der Ex-Profi also Brunnen und legt Leitungen. Vorbei die Zeiten in denen er mit Sprechchören die Deutsche Meisterschaft feiert. Sprechchöre, die er zum Spaß mit dem Publikum im Siebenpfeifferhaus nachsingt und damit für Lacher sorgt. Während diese Lacher bereits kurz nach der Veranstaltung für die meisten kaum noch eine Erinnerung wert gewesen sein dürften, könnte es durchaus sein, dass die Geschichte des Flüchtlingskindes und Profifußballers den ein oder anderen Zuhörer noch länger begleitet.