Ohne lokale Verwurzelung droht die große Gefahr, dass Ehrenämter nicht mehr übernommen und bestehende Ehrenämter niedergelegt werden. Die Kirchen sind in den meisten saarländischen Dörfern nach wie vor das Zentrum des Ortes. Und die kirchliche Bindung der Menschen eine der Hauptquellen für ehrenamtliches Engagement auch im kulturellen und sozialen Bereich. Eine Auflösung dieser zivilgesellschaftlichen Qualität würde den Zusammenhalt und die Lebensfähigkeit unserer Dörfer deutlich schwächen. Aber: Die Pläne sind durchaus vereinbar mit dem Wunsch der Menschen nach Nähe, wenn Seelsorgerinnen und Seelsorger von Verwaltungsaufgaben entlastet werden und wieder mehr Zeit für die Menschen, die Rat suchen, finden.“

Mit Blick auf die Problematik von Populismus und Fremdenfeindlichkeit betonte Generalvikar Andreas Sturm (Speyer): „Christ-Sein und Fremdenfeindlichkeit passen nicht zusammen. Wir dürfen nicht zu diesem Thema schweigen.“ Den Kirchen komme an dieser Stelle der Auftrag zu, das Thema anzunehmen und durch Veranstaltungen und differenzierte Informationen gegenzusteuern.

„Rechtspopulismus und Fremdenfeindlichkeit entstehen da, wo Menschen verunsichert sind durch falsche Informationen und gefühlte Wahrheiten“, sagte Sturm. Die Kirche in den beiden Bistümern wolle dem entgegensteuern. Sturm nannte das hohe Engagement in der Arbeit mit Geflüchteten, die Bearbeitung des Themas durch Jugendverbände oder Veranstaltungen zum interkulturellen Dialog oder „Trainings gegen Stammtischparolen“. Er wies auch darauf hin, dass die Bischofskonferenz einen Preis gegen Rassismus ausgelobt habe.

Bischof Ackermann kündigte eine Arbeitshilfe der Bischöfe an mit dem Titel „Dem Populismus widerstehen“, die helfen soll, das Thema etwa in Gemeinden oder im Bereich der Erwachsenenbildung ins Gespräch zu bringen. Ministerpräsident Tobias Hans sagte dazu: „Wachsende Fremdenfeindlichkeit hat auch etwas mit wachsenden Disparitäten als Nährboden zu tun. Wir müssen als Politik Antworten auf ungelöste Probleme finden, sowohl in der Migrationspolitik als auch im Hinblick auf ungleiche Lebensverhältnisse.“

Auch Teil des Gesprächs war die mögliche Seligsprechung von Willi Graf. Ministerpräsident Tobias Hans sagte dazu: „Wir begrüßen dieses Verfahren – weil er außergewöhnliches geleistet hat und für uns alle heute ein Vorbild ist. Für Willi Graf war klar: ,Jeder Einzelne trägt die ganze Verantwortung.‘ Ob im Büro, im Verein, in der Kirchengemeinde oder im Parlament, auf der Straße oder in der Schule: Im Geiste von Willi Graf stehen wir alle heute in der Verantwortung, für eine offene, humane Gesellschaft einzutreten und allen rechtsextremistischen, antisemitischen, rassistischen, antimuslimischen oder Äußerungen und Aktivitäten entgegenzutreten. Wenn wir unseren persönlichen Beitrag leisten für eine starke Zivilgesellschaft, in der menschenfeindliche Haltungen keinen Platz haben; wenn wir eintreten für eine menschenwürdige Gesellschaft; wenn wir mutig Stellung beziehen gegen Gewalt und Unrecht, dann stellen wir uns in die Tradition von Willi Graf.“

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