v.l.n.r.: Julian Bollhöfner, Dr. Helmut Albert, Florian Klein, Uwe Conradt, Dr. Jörg Ukrow Foto: LMS

Anlässlich des 80. Jahrestages der Reichspogromnacht hat die Landesmedienanstalt Saarland am 9. November 2018 zu einer Fachveranstaltung eingeladen. Uwe Conradt, Direktor der LMS, zog in seiner Begrüßung eine direkte Linie vom 9. November 1938 zu Artikel 5 des Grundgesetzes und damit zum Aufgabengebiet der LMS: „Meinungsfreiheit, Presse- und Rundfunkfreiheit sind Eckpfeiler der Demokratie. Sie sind Kernbestandteil unserer Verfassungsordnung und diese ist eine Antwort auf die Diktatur des Nationalsozialismus und den Holocaust. In diesem Sinne ist der 9. November für uns Mahnung und Auftrag für die Zukunft.“

Als Einführung in das Tagungsthema stellte Dr. Jörg Ukrow, stellv. Direktor der LMS, den 9. November 1938 in einen größeren historischen Zusammenhang. Er skizzierte die Geschichte des Antisemitismus in Deutschland von Luther über die Zeit der Industrialisierung bis in das 19. Jahrhundert, als rassistischer Antisemitismus im Kaiserreich „kulturfähig“ wurde. Schon damals sei die Presse Anfeindungen ausgesetzt gewesen, weil sie angeblich den negativen Einfluss des Judentums auf das Schicksal der Deutschen tabuisiert habe. 

„Damit und mit der anschließend bis weit in das Bürgertum gepflegten ‚Dolchstoßlegende‘ ist ein direkter Bezug zu heutigen Angriffen auf die Pressefreiheit und Verzerrung der Wahrnehmung historischer Tatsachen gegeben“, so Ukrow. In der Zeit des Nationalsozialismus könne man eine weitere Analogie zur heutigen Situation darin erkennen, dass schon damals von staatlicher Seite eine Filterblase geschaffen wurde.

Dr. Helmut Albert, Leiter der Abteilung Verfassungsschutz im Ministerium für Inneres, Bauen und Sport des Saarlandes, behandelte in seinem Fachvortrag das Thema „Rechtsextremismus und Medien – Zwischen Filterblasen und Mobilisierung zu Gewaltakten“. Diese Problematik sei im Kreis der Verfassungsschutzbehörden derzeit hochaktuell. Merkmale von Rechtsextremismus seien Nationalismus, Rassismus und völkischer Kollektivismus, bei dem die Existenz eines sogenannten Volkswillens behauptet werde.  

Diese Denkweise sei bei 10 – 15 % der Bevölkerung verbreitet, werde aber erst dann zur Gefahr, wenn sie organisiert und gewaltorientiert auftrete. Hier konstatierte Albert für das Jahr 2018 eine besonders besorgniserregende neue Entwicklung: Bei den Demonstrationen in Chemnitz habe man eine ‚Entgrenzung des Rechtsextremismus‘ beobachtet. Maßgeblich für die Mobilisierungsfähigkeit unterschiedlicher rechtsgerichteter Gruppierungen sei die Nutzung sozialer Medien gewesen, so Albert. Als gefährlichste und professionellste Organisation in diesem Bereich bezeichnete Albert die Identitäre Bewegung Deutschland (IBD). Mit ihren Bildern und Filmen erreicht die IBD bei nur etwa 500 Mitgliedern über Twitter und Youtube regelmäßig über 40.000 Nutzer.

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