Auch das lange Zeit rekrutierungsstarke Saarland sei deutlich zurückgefallen. Aber auch in ihren ostdeutschen Hochburgen hat die Linkspartei nicht annähernd die Rekrutierungsfähigkeit von CDU, CSU und SPD in den westdeutschen Bundesländern erreicht“, sagt der Wissenschaftler. Bei der AfD, bei der der Mitgliederzuwachs im Osten deutlich stärker verlaufe als im Westen, verschöben sich die Werte zugunsten der ostdeutschen Bundesländer, die 2019 in der Rekrutierungsfähigkeit die ersten vier Plätze einnahmen. Eine Sonderrolle spiele Sachsen-Anhalt, das 2017 noch den 11. Platz eingenommen habe und nun auf Platz 4 vorgerückt sei.

„Nimmt man alle Parteien zusammen, so findet sich der mit Abstand höchste Anteil an Parteimitgliedern im Saarland“, hebt der Wissenschaftler hervor. Dort seien Ende 2019 rund 4,3 Prozent der beitrittsberechtigten Bevölkerung Mitglied in einer der sechs Parteien gewesen, gefolgt von Rheinland-Pfalz mit 2,4 Prozent. „Das Schlusslicht bildeten Sachsen und Sachsen-Anhalt mit weniger als 0,9 Prozent, gefolgt von den anderen drei ostdeutschen Bundesländern.“

„Betrachtet man den gesamten Zeitraum seit 1990, so haben alle Parteien mit Ausnahme der Grünen und der AfD Mitglieder verloren, wenn auch in sehr unterschiedlichem Maße“, betont der Politologe. Am stärksten habe es die Linke getroffen, die – trotz des Zuwachses durch die Fusion von PDS und WASG im Juli 2007 – Ende 2019 mehr als 78 Prozent weniger Mitglieder hatte als die PDS Ende 1990. „Die FDP verlor seit 1990 61 Prozent ihrer Mitglieder, die SPD knapp 56 Prozent, die CDU knapp 49 Prozent und die CSU gut 25 Prozent“, erläutert Oskar Niedermayer. „Die AfD hingegen konnte seit ihrer Gründung 2013 ihre Mitgliedschaft fast verdoppeln; sie kam auf einen Zuwachs von 96,5 Prozent.“ Die Grünen hätten ihre Mitgliedschaft seit 1990 um mehr als 133 Prozent gesteigert. „Nimmt man aber alle Parteien zusammen, so ist die Zahl der Parteimitglieder seit 1990 um knapp die Hälfte gesunken“, sagt der Wissenschaftler.

Die Entwicklung der Mitgliederzahlen in den einzelnen Bundesländern ist der Erhebung zufolge 2019 für die Parteien sehr unterschiedlich verlaufen. „Die CDU verlor wieder fast flächendeckend: Lediglich in Berlin stagnierte die Mitgliederzahl“, stellt der Wissenschaftler fest. In Bayern habe die CSU leicht um 0,6 Prozent zulegen können. Bei der SPD seien die Mitgliederzahlen 2019 in allen 16 Bundesländern mehr oder weniger stark zurückgegangen. Im Jahr 2018 war die regionale Entwicklung bei der SPD noch uneinheitlich gewesen sei – acht Bundesländer hatten 2018 einen mehr oder minder starken Mitgliederrückgang hinnehmen müssen, in fünf Ländern hatten sich die Zahlen leicht erhöht, und Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen konnten einen deutlichen Zuwachs verbuchen.

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