Elisa Becker (links), die Kursleiterin und Vivienne Mandarino (rechts), stellvertretende Kursleiterin, betreuen den ersten generalistischen Kurs der Pflegeausbildung im UKS-Schulzentrum in Homburg. - Foto: UKS / Rüdiger Koop

Jedes Jahr im April und Oktober beginnt die Pflegeausbildung im Schulzentrum des Universitätsklinikums des Saarlandes in Homburg. Das war auch in diesem Jahr so. Die Corona-Krise hat hier jedoch zu einem völlig veränderten Ansatz geführt. Da das Schulzentrum geschlossen und Präsenzunterricht nicht möglich war, wurden die Auszubildenden für die ersten sieben Wochen mittels E-Learning versorgt.

„Dass die generalistische Pflegeausbildung 2020 zu einem besonderen Jahr machen würde, darauf waren hatten wir uns eingestellt“, sagt Patrick Bäumle, der die Pflegeschule leitet. „Vieles hat sich durch die Reform des Pflegeberufsgesetzes radikal geändert, die drei klassischen Pflegeberufe Gesundheits- und Krankenpflege, Gesundheits- und Kinderkrankenpflege sowie Altenpflege gibt es seit diesem Jahr nicht mehr.“ Er und seine Kolleginnen und Kollegen hatten sich bereits frühzeitig auf die Umstellung der Unterrichtsinhalte vorbereitet, so dass die generalistische Pflegeausbildung als eine der ersten im Saarland regulär am 1. April 2020 beginnen konnte. „Regulär“ bezieht sich allenfalls auf das Datum, denn begonnen hat die Ausbildung völlig anders, als Auszubildende und Lehrkräfte sich hätten träumen lassen.

Mitte März mussten auch die Schulen für Gesundheitsfachberufe im Saarland aufgrund der Corona-Krise bis auf Weiteres geschlossen bleiben. Das stellte das Schulzentrum des Universitätsklinikums des Saarlandes in Homburg, zu dem die Pflegeschule zählt, unvermittelt vor eine ganz neue Herausforderung: Wenn ein regulärer Schulbetrieb nicht möglich ist, wie können wir im April dann mit einer neuen Ausbildungsklasse starten? Den Ausbildungsbeginn zu verschieben, hatten die Homburger verworfen. „Einige unserer neuen Auszubildenden hatten bestehende Arbeitsverhältnisse zum 31. März gekündigt. Ohne Ausbildungsgehalt hätten sie unverschuldet vor dem Nichts gestanden“, sagt Ulrich Wirth, der das Schulzentrum leitet. „Und die Auszubildenden unvorbereitet in der Praxis beginnen zu lassen,haben wir sofort verworfen.“

Als einzig probates Mittel in Zeiten von Social Distancing erschien daher Distant Learning. „Es hat sich als Glücksgriff erwiesen, dass das Schulzentrum schon seit vier Jahren eine Lernplattform zur elektronischen Unterstützung von Bildungsmaßnahmen betreibt“, sagt Wirth, „sodass E-Learning für uns der erfolgversprechendere Weg war.“ Schwierig nur, dass die Berufsgesetze den Unterricht in Präsenzform vorschreiben. Ein Anruf beim Ministerium brachte dann Erleichterung: Ja, E-Learning ist für die Zeit der Schulschließung erlaubt – und zwar für alle Ausbildungsgänge, die das Schulzentrum anbietet, also auch für die Diätassistenten, die Physiotherapeuten, MTAs usw. Das war insofern wichtig, als dass dadurch den Auszubildenden später keine Nachteile bei der Examenszulassung entstehen.

Nun galt es, für 27 Pflegeazubis und deren Lehrkräfte binnen weniger Tage eine Lösung zu erarbeiten, die den rechtzeitigen Start des neuen Kurses garantiert und zudem den Anforderungen des Gesetzgebers hinsichtlich der erforderlichen Theorie- und Praxisstunden entsprach. Schnell stand ein Konzept: Die Ausbildung würde am 1. April starten, die folgenden beiden Tage würden die Auszubildenden im häuslichen Unterricht bleiben. Anschließend bekämen die Auszubildenden zwei Wochen Urlaub, was den Pädagoginnen und Pädagogen wiederum Luft verschaffte, ihre Unterrichte auf E-Learning umzustellen. Danach sollte es dann mit Homeschooling weitergehen. Die Unterrichtsthemen reichten dabei von den Grundlagen von Anatomie und Physiologie über die grundpflegerische Versorgung, von der Kommunikation bis zur Einführung in den Pflegeprozess. „Vermeiden wollten wir, dass die Auszubildenden sich alle theoretischen Inhalte im Selbstlernverfahren erarbeiten müssen, weshalb wir auf Bücher weitestgehend verzichtet und alle Lerninhalte selbst erstellt haben“, sagt Bäumle. Zudem seien die Lehrer in Echtzeit erreichbar gewesen, telefonisch, per Mail und im Chatroom, so dass die Auszubildenden immer einen Ansprechpartner gehabt hätten. Umgekehrt nutzten die Lehrer diese Möglichkeiten für individuelles Feedback, wodurch die Betreuung der Auszubildenden wesentlich intensiver war, wie Elisa Becker bestätigt, die als Kursleiterin über langjährige Unterrichtserfahrung verfügt: „Kein Auszubildender konnte sich hinter seiner Gruppe verstecken, wie das manchmal im Unterricht der Fall ist.“ E-Teaching war dabei für viele im Kollegium noch ungewohnt, weswegen die Krise eigentlich als Chance begriffen werden müsste, denn das Coronavirus hätte den Lehrerinnen und Lehrern einen Grund geliefert, sich damit zu befassen und neue Lehr-Lernformen auszuprobieren. Und manchmal bedarf es auch einfach nur ein wenig Unterstützung: „Vivienne Mandarino, unsere Jüngste im Lehrerteam, ist als Digital native EDV-affin und App-versiert und wirbelt mit ihren E-Learning-Tutorien gerade das Kollegium des Schulzentrums durch“, lacht Wirth. In der Folge hätten auch die Digital immigrants so langsam ihre Berührungsängste verloren.

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