Foto: Michelin

Mit großer Verärgerung hat der Homburger Bürgermeister Michael Forster auf die „enttäuschende und niederschmetternde Nachricht“ reagiert, wonach Michelin am Standort Homburg etwa 840 Arbeitsplätze abbauen werde (Klick zum Artikel).

Von einem entsprechenden Vorhaben des Konzerns hatten die Beschäftigten zuvor am Mittag im Rahmen einer Betriebsversammlung erfahren. Nach aktuellen Plänen wird in Homburg die Neureifenproduktion perspektivisch stillgelegt, lediglich in der Runderneuerung blieben rund 500 Arbeitsplätze erhalten.

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„Das ist ein schwerer, ein bitterer und schmerzender Schlag. Zuallererst natürlich für die von dieser existentiellen Nachricht betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, sagt Forster. Es gehöre nicht viel Fantasie dazu, sich vorzustellen, mit welcher Wucht eine solche Aussage jeden einzelnen Menschen treffe. „Hinter jedem Einzelnen steht ein Schicksal. Von jedem Einzelnen, von den Familien, die dies angeht, wurden Pläne geschmiedet. All diese sind jetzt von einem auf den anderen Moment hinfällig“, ist Forster wütend über die Entscheidung aus der Konzernzentrale im französischen Clermont-Ferrand.

„Es ist einmal mehr ein trauriger Beweis, dass Zahlen ganz klar heute mehr zählen als Menschen“, ärgert sich der Verwaltungschef über den „personalpolitischen Kahlschlag“. Dass Micheln den von der Arbeitslosigkeit betroffenen Beschäftigten eventuell mit Lösungen entgegenkommen wolle, schmälert seinen Ärger nicht.

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Was ihn ebenso ärgert, ist die Ohnmacht der Politik, „dass wir alle – unabhängig von Parteien oder Farben – eigentlich keine Chance haben und dies auch nicht hatten, etwas in eine andere Richtung zu lenken“. Damit spielt Forster auf die Tatsache an, dass er bereits unmittelbar nach dem Bekanntwerden spekulativer Abbaupläne den persönlichen Kontakt zu Werksleiter Bernd Lanius intensiviert hatte – so wie dies auch die beiden saarpfälzischen Bundestagsabgeordneten Esra Limbacher (SPD) und Markus Uhl (CDU) getan hatten. „Was all unsere Versuche wert sind, müssen wir an einem solch düsteren Tag wie heute mit Bestürzung zur Kenntnis nehmen.“ Dennoch sei es notwendig gewesen, sich an allen Fronten gegen das aktuell bekanntgewordene Schicksal des Michelin-Werkes in Homburg zu stemmen.

Forster erneuerte seine Zusage, dass man sich – soweit dies möglich ist – als Stadtverwaltung bemühen werde, durch die Ansiedlung neuer Betriebe Ersatzarbeitsplätze zu schaffen. „Wir können dafür allerdings nur die Rahmenbedingungen abstecken“, weiß Forster.  Einmal mehr zeigt er sich auch darüber enttäuscht, dass ein Weltkonzern nur in sehr geringem Maße darauf reflektiere, was an den jeweiligen Standorten beispielsweise von kommunaler Seite in die Infrastruktur fließe. „Wir hatten für Michelin, wie natürlich auch für alle anderen unserer Firmen und Unternehmen am Standort Homburg ein offenes Ohr. Wir haben in Verbindung mit dem Stadtrat vieles ermöglicht, was den jeweiligen Standort gesichert und Geld in die Kassen der Unternehmen gespült habe“, bilanziert Forster und schiebt nach: „Leider ist dies sehr oft mit Blick auf Investitionen und die Arbeitsplatzsicherheit eine Einbahnstraße.“

Sollten die vorliegenden Informationen sich bestätigen, so reiht sich das Werk in Homburg in einen großen Stellenabbau innerhalb des Konzerns ein. Dass der Löwenanteil dabei zu Lasten des Wirtschafts- und Wissenschaftsstandortes Homburg gehe, führt dazu, „dass ich auch intensiv über unser Engagement im Netzwerk der Michelinstädte nachdenken werde“, kündigt Forster an. Erst im Frühjahr dieses Jahres war es bei einem Besuch einer Delegation aus Clermont-Ferrand zu der Zusage gekommen, dass Homburg sich in Zukunft verstärkt im Internationalen Netzwerk der Michelin-Städte (INMC) einbringen wolle – im September wurde bei einem Arbeitstreffen in Regensburg dieses Vorhaben untermauert. „Jetzt müssen wir natürlich schauen, inwieweit das Ganze aus unserer Sicht noch Sinn macht. Vielleicht ist es auch einfach angebracht, Richtung Konzernzentrale ein Zeichen zu setzen“, sagt Michael Forster. „Den Menschen, die jetzt erst einmal vor dem Nichts stehen, sind wir dies schuldig!“

Auch Barbara Spaniol, Landesvorsitzende DIE LINKE Saar und Kreisvorsitzende DIE LINKE Saarpfalz äußerte sich zum “katastrophalen Stellenkahlschlag bei Michelin”:

„Die Ankündigung von Michelin in Homburg zur Schließung der Lkw-Reifenproduktion ist eine katastrophale Entscheidung gegen die Beschäftigten, die uns sehr bestürzt. Es muss alles getan werden, um die Werksschließung zu verhindern!“

So kommentiert die Landesvorsitzende der Saar-LINKEN und Fraktionsvorsitzende im Homburger Stadtrat, Barbara Spaniol, die Unternehmensentscheidung.

„Ein Job-Kahlschlag von über 800 Arbeitsplätzen darf nicht die Antwort auf Wettbewerbsdruck und steigende Produktionskosten sein. Gerade die Beschäftigten haben mit Kompetenz, Qualifikation und Engagement immer wesentlich zum Erfolg des Unternehmens beigetragen. Hinter den Arbeitsplätzen stehen Menschen und ihre Familien und sie darf man jetzt, in Zeiten von Energiekrise und Inflation, nicht im Regen stehen lassen.“ DIE LINKE stehe solidarisch hinter den Beschäftigten von Michelin. Spaniol weiter: „Das Werk in Homburg ist hochmodern und die Stadt hat in die Infrastruktur investiert. Ziel muss es sein, Alternativen und Zukunftsperspektiven aufzeigen – und zwar fair bezahlt, zu guten Bedingungen und mit öffentlichen Investitionen. Hier rächt sich auch die verfehlte Wirtschaftspolitik der Ampel auf Bundesebene. Energieintensive Industriebetriebe brauchen eben Finanzhilfen für die Umrüstung, damit Arbeitsplätze gerettet statt abgebaut werden. Michelin muss andererseits für Transparenz bei der Neuausrichtung sorgen und die Kompetenzen der motivierten Beschäftigten dabei mitzunehmen. Hier ist auch das Land in der Pflicht, sich für den Industriestandort Homburg stark zu machen und diese drohende Werksschließung abzuwenden,“ so Spaniol.

„Wir können es uns nicht leisten, noch mehr Fachkräfte zu verlieren und den zweitgrößten Wirtschaftsstandort im Saarland in Homburg weiter auszudünnen. Michelin hat in Homburg ein Gesicht und das muss bleiben“, so Spaniol abschließend.

Und Markus Uhl MdB sagt zum Stellenabbau bei Michelin: “Die Entscheidung von Michelin trifft unsere Region hart. Die Produktion von Lkw-Neureifen und von Halbfertigprodukten soll schrittweise bis Ende 2025 am Standort Homburg eingestellt werden. Über 800 Arbeitsplätze sind davon betroffen. Damit haben sich die schlimmsten Befürchtungen leider bewahrheitet. Einerseits sehen sich international ausgerichtete Unternehmen wie Michelin einem immer härteren Wettbewerbsdruck durch Billigimporte aus Asien ausgesetzt, andererseits treten einmal mehr die Folgen der gescheiterten Energiepolitik der Bundesregierung zu Tage. Hinzu kommen die durch die Ampel beschlossene LKW-Maut-Erhöhung zum 01.01.2024, eine ausufernde Bürokratie sowie die hohe Inflationsrate. Der Industriestandort Deutschland verliert dank der Ampel-Politik leider immer mehr seine internationale Wettbewerbsfähigkeit.

In den letzten Tagen und Wochen habe ich zahlreiche Gespräche geführt, u.a. mit der Europa-CEO von Michelin, Vertretern des Unternehmens in Berlin, der Homburger Werksleitung sowie dem Betriebsrat. Es ist zutiefst bedauerlich, dass die Vielzahl an Initiativen keine Früchte tragen. Für mich als Erbacher ist die Solidarität mit den Beschäftigten selbstverständlich und ich werde für die Zukunft des Homburger Michelin-Werkes und seiner Beschäftigten weiter kämpfen. Die Landesregierung muss nun aber endlich ihr bisheriges offenkundiges Desinteresse an Michelin in Homburg beenden und dringend gemeinsam mit den Sozialpartnern tragfähige Konzepte für Zukunftsperspektiven für den Homburger Michelin-Standort und alle betroffenen Beschäftigten entwickeln, um möglichst viele Arbeitsplätze in der Region zu sichern. Entsprechende Initiativen der Stadt Homburg und von Bürgermeister Michael Forster mit Blick auf Wasserstoff und Kreislaufwirtschaft begrüße ich in diesem Zusammenhang sehr und werde sie mit ganzer Kraft weiter unterstützten.”


Update, 29.11.23

Die FDP Homburg bedauert die Entscheidung von Michelin, in Homburg über 800 Arbeitsplätze abzubauen und künftig keine neuen LKW – Reifen mehr in Homburg zu produzieren. Dies ist nicht nur ein schwerer Schlag für die Beschäftigten, sondern auch ein schwerer Schlag für den Industriestandort Homburg. Die engagierten Mitarbeiter in Homburg hätten eine andere Entscheidung verdient gehabt.

Ein Trauerspiel ist leider auch der Umgang der Stadtverwaltung mit diesem Thema. Als sich die Entscheidung vor einigen Wochen angekündigte, machten der Bürgermeister und zwei Bundestagsabgeordnete von CDU und SPD den Beschäftigten Hoffnung, sie würden Gespräche führen, um die Entscheidung abzuwenden. Nun, da die Entscheidung gegen die Arbeitsplätze in Homburg gefallen ist, beklagt der Bürgermeister öffentlich die Machtlosigkeit der Politik. Dabei war von Anfang an klar, dass diese Entscheidung von wirtschaftlichen Rahmenbedingungen geprägt sein wird, auf die die Homburger Kommunalpolitik keinen Einfluss hat.

Die Entscheidung der Speditionen, immer mehr billige LKW – Reifen aus Asien zu kaufen, wird nicht in Homburg getroffen. Auf die Produktionskosten der Reifen in Deutschland hat die Homburger Kommunalpolitik nur sehr begrenzten Einfluss.

An der Seite der Beschäftigten zu stehen, bedeutet auch, den Menschen reinen Wein einzuschenken. Dazu gehört auch die unangenehme Wahrheit, dass unrentable Produktionslinien beendet werden müssen, um den Standort insgesamt erhalten zu können. Die Nachfrage nach runderneuerten LKW-Reifen ist weiterhin gut. Dies bietet die Chance, in Zukunft auch wieder Beschäftigung aufzubauen.

Der Ortsvorsitzende Dr. Mischa Dippelhofer: „Homburg muss jetzt nach vorne blicken. Die unangenehme Wahrheit ist, dass sich die Industrie im Saarland in einem Strukturwandel befindet, den die Politik nicht aufhalten kann. Die Politik kann nur die richtigen Rahmenbedingungen setzen, damit in Homburg neue Industrie angesiedelt wird und neue zukunftsträchtige Arbeitsplätze entstehen. In der Zeit der Stahlkrise hatte Homburg im Gegensatz zu vielen anderen Städten im Saarland ein Konzept für den Strukturwandel, der auf Neuansiedlungen setzte. Ein solches Konzept brauchen wir auch heute wieder, damit der Industriestandort Homburg eine Zukunft hat.“


Sollten weitere Parteien sich äußern, werden wir dies hier im Artikel ergänzen und updaten.

 

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