Mehrheitlich stimmte am Donnerstag der Stadtrat dafür, dass die Verwaltung die Möglichkeiten für einen Integrationsbeirat ausloten soll. - Foto: Rosemarie Kappler
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Zwischen den Polen von unterstelltem Wahlkampfkalkül, grundsätzlicher Ablehnung, insgesamt aber breiter Zustimmung bewegten sich am Donnerstag im Homburger Stadtrat die Diskussionen zu einem von der SPD-Fraktion gestellten Antrag.

Fraktionschef Wilfried Bohn ermunterte seine Ratskollegen dazu, die Verwaltung mit der Prüfung zur eventuellen Einrichtung eines Integrationsbeirates zu beauftragen. Idealerweise könne ein solches Mitbestimmungsgremium, das die Interessen von Migranten in der Stadt vertritt, bereits zur nächsten Kommunalwahl 2024 besetzt werden, hieß es im schriftlich formulierten Antrag. Mehrheitlich stimmte der Rat dem Prüfauftrag zu, die AfD lehnte ihn komplett ab, sieht in einem Integrationsbeirat eine Mogelpackung.

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Der Migrationsanteil von 14 Prozent innerhalb der Homburger Bevölkerung zeige den Handlungsbedarf an. „Wir sind der Meinung, dass politische Teilhabe ein wichtiger Baustein der Integration ist“, sagte Wilfried Bohn und hofft, dass auf der Basis von Informationen, die nun die Verwaltung einholen muss, bereits in der zweiten Jahreshälfte mit den erforderlichen Diskussionen begonnen werden kann.

Bürgermeister Forster war an dieser Stelle wichtig, darauf hinzuweisen, dass es sich um einen Prüfauftrag handelt, nicht um einen Umsetzungsauftrag. CDU-Fraktionschef Michael Rippel war diese Unterscheidung ebenfalls wichtig, „weil manchmal bei solchen Prüfaufträgen der Eindruck entsteht, dass es sich um einen Grundsatzauftrag handelt.“

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Im Klartext: Der Stadtrat hatte aktuell nicht darüber zu beschließen, ob es in Homburg einen Integrationsbeirat geben soll, sondern er beauftragte lediglich die Verwaltung mit der Prüfung, ob in Homburg ein solches Gremium eingerichtet werden kann, was die fomalen Voraussetzungen sind, welche Erfahrungen andere Kommunen damit gemacht haben und wie letztlich der Weg dorthin aussehen kann.

Das klingt kompliziert und ist es aus Sicht von Rippel auch, „denn es sind hier andere Voraussetzungen wie etwa bei einem Seniorenbeirat oder einem Jugendbeirat. Es ist ein gemischter Beirat. Wir betreten damit Neuland. Es gibt sicherlich Vorteile, aber auch Nachteile. Man muss sich fragen, wie macht man ein solches Gremium publik, wie gewährleistet man eine gleichmäßige Spiegelung der verschiedenen Religionen und viele Dinge mehr. Es gibt viele Fragen.“

Dennoch hoffte auch Rippel, dass die Politik bereits nach der Sommerpause in die Diskussionen eintreten kann. Doch die Politik war am Donnerstag noch schneller. Bereits das Ja oder Nein zum von der SPD beantragten Prüfauftrag wies auf eine tiefe Kluft im Rat hin und löste Grundsatzdiskussionen aus. Den Aufschlag machte Markus Loew von der AfD. Mehr als 14 Prozent Migrationsanteil seien überdurchschnittlich. „Auf den ersten Blick scheint ein Beirat also keine schlechte Idee. Allerdings ist ein solcher Beirat nichts anderes als eine Mogelpackung und sogar das Gegenteil von dem, was man erreichen will.“

Loew führte aus, dass der Intergrationsrat letztlich zu zwei Drittel mit Menschen besetzt sei, die keine deutsche Staatsbürgerschaft haben, keinen deutschen Pass, die Sprache nicht beherrschten und zum Teil irgendwie ins Land gekommen seien. Sie hätten dann Rede- und Mitbestimmungsrecht, könnten dem Bürgermeister Anträge vorlegen, hätten das Recht an allen Sitzungen teilzunehmen und könnten das Wort ergreifen. „Es gibt andere Möglichkeiten, sich als Ausländer aktiv zu beteiligen, auch bei der AfD“, sagte Loew und erntete vereinzeltes Hohngelächter.

Aus seiner Sicht sei der beste Weg zur Integration das Bemühen um die deutsche Staatsbürgerschaft. Das sei gewissermaßen eine Bringschuld und stehe im Gegensatz „zu einem Gremium, das mit Nichtstaatsbürgern besetzt ist und Forderungen stellen kann“. Eine solche „kostenlose Serviceleistung des Gastgeberlandes auf Steuerzahlerkosten“ sieht die AfD als kontraproduktiv.

Marc Piazolo (Grüne) reagierte unmittelbar darauf: „Ich bin etwas schockiert, wie sie das Prinzip Beirat in Frage stellen.“ Homburg habe eine Universitätsklinik und sei Standort von Weltunternehmen. Es gebe einen deutlichen Fachkräftemangel: „Homburg muss also weltoffen sein. Ein Beispiel wäre hierbei ein Integrationsbeirat.“ Auch Sevim Kaya-Karadag (SPD) wandte sich direkt an Loew und die AfD: „Die Aussage des Kollegen von der AfD hat mir gezeigt, wie sie hier auf kommunaler Ebene die Keule auspacken und dem müssen wir entgegentreten.“

Barbara Spaniol (Linke) Spaniol stellte aus ihrer Sicht fest, dass Migrationsbeiräte im Saarland Tradition hätten und eine Errungenschaft seien: „Für einen solchen Beirat sollte auch in unserer Stadt Platz sein. Es geht doch darum, die politische Teilhabe zu fördern. Gelingende Integration ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Ansonsten entstehen Parallewelten. Beiräte gehören dazu.“ Axel Ulmcke (FWG) meinte: „Dass wir Integration brauchen ist unstrittig. Aber hätten die Parteien früher etwas getan, dann bräuchten wir keinen Interationsbeirat.“

Ungeachtet dieser Diskussionen stellte der Integrationsbeauftragte der Stadt Homburg, Nurettin Tan (CDU) fest: „In Homburg haben wir eine sehr gute Integration. Ich bin selber Gastarbeiterkind und hier groß geworden. In Homburg ist es sehr gut mit der Integration, es gibt eine sehr gute Arbeit mit allen Ehrenamtlichen und Vereinen.“ Man könne das aber noch mehr vorantreiben, mit den ausländischen Vereinen und den Moscheen.

Mit Blick auf die Integrationsbeiräte in Neunkirchen, Saarbrücken und Völklingen machte Tan deutlich, dass jede Kommune das Thema anders angegangen sei. Das liege daran, dass das Kommunalselbstverwaltungsgesetz zwar ab einem Migrationsanteil von acht Prozent ein solches Gremium vorsehe, aber nicht beschreibt, wie das umzusetzen ist. Das habe etwa dazu geführt, dass der Integrationsbeirat in Saarbrücken stark afrikalastig sei, mit sieben Mitgliedern aus Afrika und drei Personen aus dem Rat.“

In Homburg, so berichtete Tan, lebten derzeit 7125 Migranten. Dazu kämen die Menschen aus der Ukraine. „Alle Migranten einzuladen, ist eine Herausforderung. Ich plädiere dafür, dass man das in den Ausschüssen diskutiert, wie man es ausgestaltet“, so Tan, der zuvor vom Rat für seine jahrelange Vermittlungsarbeit Beifall bekam.

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