Die Landesregierung hat heute das Vorhaben „Faires Bundesland“ beschlossen. Damit reicht das Saarland im Herbst 2023 als erstes Bundesland eine Bewerbung zur Zertifizierung als Fairtrade Bundesland ein.
Mit der Zertifizierung soll der Faire Handel im Saarland strukturell verankert werden. Bildungs- und Kulturministerin Christine Streichert-Clivot: „Alles, was wir tagtäglich essen, trinken oder anziehen, kommt irgendwo her und wird von jemandem gemacht. Nicht selten werden dabei Menschenrechte verletzt. Für uns Saarländerinnen und Saarländer ist klar, dass Hungerlöhne, schlechte Arbeitsbedingungen und Kinderarbeit keinen Platz mehr in unserer Welt haben dürfen. In kaum einem anderen Bundesland gibt es eine derart ausgeprägte Tradition des sozialen Engagements und der Solidarität wie im Saarland. Schon heute leben 74 Prozent der Saarländerinnen und Saarländer in einer ausgezeichneten Fairtrade Town. Der nächste Schritt ist nun, das erste Faire Bundesland zu werden.“
Die Zertifizierung als Faires Bundesland erfolgt über den Verein Fairtrade Deutschland e.V., die nationale Fairtrade-Organisation für Deutschland. Die Bewerbung ist nur möglich, wenn mindestens zwei Drittel der Bevölkerung eines Bundeslandes in sogenannten Fairtrade Towns leben. Diese Vorgabe wird vom Saarland mehr als erfüllt: Bereits heute leben 725.264 Saarländer in einer zertifizierten Fairtrade Town. Aktuell sind Saarbrücken, Saarlouis, Homburg, Merzig, Blieskastel, St. Ingbert, Dillingen, Kirkel, Eppelborn und Losheim offiziell als Fairtrade Towns zertifiziert, Nohfelden ist auf dem Weg dorthin. Auch der Landkreis Saarlouis, der Saarpfalz-Kreis und der Regionalverband Saarbrücken sind Fairtrade Towns. Da auch die Landkreise Neunkirchen, St. Wendel und Merzig-Wadern Fairtrade Towns werden wollen, werden perspektivisch alle Saarländer in einer Fairtrade Town leben.
Für die Zertifizierung als Faires Bundesland müssen sechs weitere Kriterien – Beschluss des Ministerrates, Einrichtung einer Steuerungsgruppe, Fairtrade-Produkte, Bildung und Zivilgesellschaft, Aktionen/Öffentlichkeitsarbeit sowie Politische Arbeit zum Fairen Handel – erfüllt sein:
Beschluss des Ministerrats: Mit dem heute erfolgten Beschluss des Ministerrates werden ab dem 1. Juli in allen Ministerien der Landesregierung fair gehandelter Kaffee und ein weiteres fair gehandeltes Produkt – etwa Schokolade, Tee oder Zucker – verwendet werden. „Wer gute Arbeitsbedingungen im eigenen Land haben möchte, kann nicht auf Kosten der Menschen im globalen Süden am Preis für Kaffee, Kakao oder Zucker sparen. Deshalb wird es künftig in den Bereichen der Ministerinnen und Minister, der Ministerpräsidentin, aber auch bei der Bewirtung von Gästen fair gehandelte Produkte geben“, erklärt Bildungsstaatssekretär Jan Benedyczuk.
Einrichtung einer Steuerungsgruppe: Alle Aktivitäten des Saarlandes auf dem Weg zum Fairtrade Bundesland sollen von einer Steuerungsgruppe koordiniert werden. Die Gruppe besteht aus Akteuren der Politik, der Zivilgesellschaft, der Wirtschaft und der Kommunen sowie dem Bildungsbereich. Dadurch soll eine möglichst breite Unterstützung innerhalb der Zivilgesellschaft sichergestellt werden.
Fairtrade-Produkte & Bildung und Zivilgesellschaft: Diese beiden Kriterien werden bereits jetzt durch das große Engagement der Saarländer im Bereich Fairer Handel erfüllt: „Mit unserer Vielzahl an Fairtrade Towns zeigen wir schon jetzt, dass wir das Zeug zum fairen Bundesland haben. Für die Saarländerinnen und Saarländer gehören Produkte aus fairem Handel bereits heute zum Alltag dazu. Auch an unseren Schulen, von denen 19 als Schule der Nachhaltigkeit zertifiziert sind, und an unseren Kitas, die demnächst als Kitas der Nachhaltigkeit zertifiziert werden können, wird der Gedanke des Fairen Handels mit Leben gefüllt“, sagt Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot.
Aktionen/Öffentlichkeitsarbeit: Damit möglichst viele Menschen das Vorhaben, erstes faires Bundesland zu werden, unterstützen, muss ein Bewusstsein für Produktionsbedingungen im globalen Süden geschaffen werden. Die Ministerien und die Staatskanzlei verpflichten sich, regelmäßig in öffentlichen Veranstaltungen, aber auch in internen Fortbildungen für Mitarbeiter über fairen Handel, Lieferketten, faire Beschaffung und faire Arbeit zu informieren. Die damit verbundene Kampagne „Wir sind Fairtrader“ soll dazu beitragen, dass fairer Handel zur Normalität wird.
Politische Arbeit zum fairen Handel: Bereits jetzt gibt es im Saarland ein großes zivilgesellschaftliches und kommunales Engagement in Ländern des globalen Südens. Das bestehende Engagement soll gestärkt und strukturell ausgebaut werden. Deshalb wird das seit mehr als 20 Jahren bestehende Engagement saarländischer Vereine und Organisationen in der Republik Benin unterstützt.
„Mit dem heutigen Beschluss der Landesregierung beginnen wir nun den aktiven Bewerbungsprozess. Ein Prozess, der ohne das bereits vorhandene Engagement der Saarländerinnen und Saarländer gar nicht möglich wäre. Wir wollen aber nicht bloß das erste faire Bundesland Deutschlands werden. Wir wollen die Zertifizierung nutzen, um den Fairtrade-Gedanken wirklich mit Leben zu füllen. Dazu gehört, dass wir mit Akteurinnen und Akteuren aus Wirtschaft, Gesellschaft und Verwaltung ins Gespräch kommen. Dass wir offen über eine sozial und ökologisch verantwortliche öffentliche Beschaffung nachdenken und Bewusstsein über das saarländische Engagement im globalen Süden in den Schulen und Kitas des Landes verankern. Unser Ziel ist es, bis Herbst alle Kriterien zu erfüllen, sodass es dann bald heißt: Wir Saarländerinnen und Saarländer sind Fairtrader“, so Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot abschließend.