Als krisenerprobt ordnet der Geschäftsführende Gesellschafter der Dr. Theiss Naturwaren GmbH Homburg, Giuseppe Nardi, die Unternehmensgruppe ein. Bei einem jüngsten Pressegespräch unterstrich er deshalb: „Wir sind eben keine Schönwetter-Geschäftsleute. Wenn es in der Region ein krisenerprobtes Unternehmen gibt, dann stehen wir da an ganz vorderster Front.“
Die aktuellen Zahlen scheinen das trotz Corona-Krise zu bestätigen. Danach zeichnet sich bis Jahresende ein Umsatz in der Gruppe von knapp über 320 Millionen Euro ab, das sind 1,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Jonas Thielmann, Mitglied der Geschäftsführung, rechnet mit einem Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) von 27,8 Millionen Euro. Die bis 31. August vorliegenden Zahlen entsprächen dabei voll und ganz den Vorplanungen. Den Aufwärtstrend will Theiss nach eigenen Angaben dazu nutzen die derzeitige Eigenkapitalquote von 54,8 Prozent in den kommenden beiden Jahren auf 60 Prozent zu erhöhen.
Den Begriff „krisenerprobt“ erläuterte Giuseppe Nardi etwas ausführlicher. Mit den pharmazeutisch-kosmetischen Produkten für den Verbrauchermarkt sei die Unternehmensgruppe in großen Teilen in Osteuropa groß geworden: „Wir haben dort in schwierigen Zeiten unsere Vertriebsstrukturen aufgebaut.“ Jede Krise, jede Sanktion, jede Währungsschwankung habe sich unmittelbar auf das Konsumverhalten ausgewirkt. Das war auch in der jüngsten Zeit der Fall mit deutlichen Abwertungen von Rubel (Russland), Hrywnja (Ukraine) und Zloty (Polen). Zu spüren bekommen hat das Unternehmen im letzten Jahr gerade auch in Russland strengere Vorgaben der Behörden, die den Verkauf der Schmerzprodukte bremsten. Die Auswirkungen seien im laufenden Jahr noch zu spüren.
Auf die Negativtrends hat Theiss reagiert, etwa mit dem Umbau der Vertriebsstrukturen in Ländern Osteuropas und der damit einhergehenden Reduzierung von Mitarbeitern. Gleichzeitig baut das Unternehmen aber auch eine neue Logistik und Produktion in Noginsk bei Moskau auf und investiert dort knapp über zehn Millionen Euro. Osteuropa ist – trotz eben zu bewältigender Krisen – nach wie vor für das „Homburger Familienunternehmen des Mittelstandes“ geradezu ein El Dorado, wo das Wachstum im Bereich der Schmerzmittel bis zum Vorjahr um 75 Prozent gesteigert wurde. Das stärkste Umsatzplus wurde erzielt mit den Nahrungsergänzungsmitteln und Medizinprodukten der Marke Zdrovit. Im laufenden Jahr rechnet Theiss mit 95 Millionen Euro. Seit 2015 sei damit ein Plus von 202 Prozent erreicht worden. Kontinuierlich hat Theiss auch die Produktion und Umsatzentwicklung der Zahn- und Mundpflegeprodukte der Marke Lacalut ausgebaut. Seit 2015 ein Umsatzplus von 33 Prozent weltweit. Nach Unternehmensangeben werden jährlich 50 Millionen Zahnpastatuben in den 60 Vertriebsländern verkauft. Hier sieht Theiss weitere Expansionsmöglichkeiten.
Wie hat sich nun die aktuelle Corona-Krise in Deutschland auf die Unternehmensentwicklung ausgewirkt? Oberflächlich betrachtet blieb mit Blick auf die Zahlen im Grunde alles stabil. Die Umsätze in den Apotheken gingen zwar spürbar zurück, weil die Kundenfrequenz wegen der Pandemie-Lage deutlich niedriger war. Und auch die Schließung der Gastronomie bekam das Unternehmen zu spüren, weil die Betriebe des Geschäftsführenden Gesellschafters Nardi zur Gruppe zählen. Betroffen waren davon rund 100 Mitarbeiter.
Glücklicherweise hatte es aber zwei positive Entwicklungen gegeben: Zu Beginn der Pandemie versorgten sich die Menschen mit Seifen und Handreinigungsprodukten. Das wirkte sich auch auf die Produktion von Theiss aus. Deutlich stärker machte sich aber ein Auftrag des Landes bemerkbar, für die Krankenhäuser und öffentlichen Einrichtungen Desinfektionsmittel zu produzieren. Im Nu war die Marke Milinda kreiert. Zum Zwecke ihrer Produktion wurden kurzfristig die Mitarbeiter aus der Gastronomie und der Hotellerie herangezogen. Binnen vier Monaten seien 500.000 Liter Desinfektionsmittel im Drei-Schicht-Betrieb hergestellt worden, die deutschlandweit vertrieben werden. In die Produktionsstätte in der Michelinstraße hatte Theiss erst in der jüngeren Vergangenheit drei Millionen Euro für eine Abfüllanlage der Zahnpasta investiert. In das benachbarte pfälzische Waldmohr waren in den letzten zwei Jahren zehn Millionen Euro geflossen für einen Verpackungsstandort, der auch Platz für künftige Produktionserweiterungen bietet.
In Deutschland beschäftigt die Theiss-Gruppe aktuell 550 Menschen, davon 48 eigene Vertriebsmitarbeiter für den Apothekenbereich. Weltweit stehen 2000 Mitarbeiter unter Vertrag, in 20 Ländern unterhält Theiss eigene Vertriebsgesellschaften. Weitere Länder will die Unternehmensgruppe künftig erschließen und denkt auch an die Übernahme von weiteren Markenunternehmen.