Wer hätte gewusst, dass im keltischen Fürstinnengrab von Reinheim rote Korallen und Glasperlen aus dem Mittelmeer, Bernstein aus der Ostseegegend und Gegenstände, die enge Beziehungen in den etruskischen und griechischen Kulturraum bezeugen, gefunden wurden?
Dass sich im Park von Schloss Karlsberg bei Homburg eine Menagerie, eine Tiersammlung, befand, die sich hinter den jenen des 18. Jahrhunderts von Kassel, Schwetzingen oder Wien keinesfalls verstecken musste und in der u. a. ein Löwe, Vogel Strauß, Stachel- und Meerschweine, Affen, Pelikane, seltene Kasuare, Flamingos und Schildkröten gehalten wurden? Und dass für den Kirchheimer Hof bei Breitfurt 1848 im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen einem französischen Baron und einem Unternehmer eine Zwangsversteigerung angesetzt war? Dies und noch viel mehr erfahren alle Interessierten in der aktuellen Ausgabe der „Saarpfalz. Zeitschrift für Geschichte und Regionalkultur“, die zugleich ihr 40-jähriges Jubiläum feiert.
1983 erschien die Erstausgabe der „Saarpfalz“. Die Begründung dieser heimatkundlichen Zeitschrift geht auf den damaligen Landrat Albert Schwarz zurück. Heinz Spies, seinerzeit Heimat- und Denkmalpfleger im Homburger Landratsamt, wurde als erster Chefredakteur mit der Schriftleitung betraut. Von 1984 bis 2020 war Dr. Bernhard Becker für die Zeitschrift verantwortlich. Durch den Kulturreferenten Dr. Andreas Stinsky erhielt die Zeitschrift 2021 ein neues, größeres Format und zudem ein neues Design. Inzwischen publizierten bereits 287 Autoren in der „Saarpfalz“ – in der Jubiläumsaugabe findet sich eine Übersicht zu diesen.
In der aktuellen Ausgabe beleuchten Simon Matzerath, Direktor des Historischen Museums Saar, und Dr. Andreas Stinsky, erstmals zusammenfassend den aktuellen Forschungsstand zur den zahlreichen europäischen Fernkontakten, die sich im Inventar des keltischen Fürstinnengrabes von Reinheim abzeichnen.
Die Kunsthistorikerin Dr. Jutta Schwan stellt ausführlich den sogenannten „Bärenzwinger“ am Karlsberg vor – ein rätselhaftes, kreisförmiges Gebilde mit 19 kleinen, annähernd quadratischen Fundamenten und einem Wassergraben, der eine quadratische Insel umschließt. Alles, was man über die Anlage, die bereits seit fast zweieinhalb Jahrhunderten im Wald schlummert, bisher zu wissen glaubte, ist, dass es in der Regierungszeit von Herzog Karl II. August (1775-1795) darin wohl Bären und irgendwelche anderen Tiere gegeben haben muss. In der Literatur heißt es gar, es könne keine bedeutende Anlage gewesen sein, weil es keine Elefanten darin gab.
Die Forschung der letzten Jahre hat jedoch ergeben, dass der Tierbestand dieser Anlage, der durch Zeitzeugen und Rechnungen nachgewiesen werden kann, allerhöchsten Ansprüchen der damaligen Zeit entsprach und damit an ein höchst kostenintensives und prestigeträchtiges Konstrukt darstellte. Zahlreiche Tierarten, wie oben bereits zum Teil aufgezählt, gehörten zum kostbaren Bestand dieser in Deutschland einzigartigen Anlage.
Die Juristin Laura Katharina Woll befasst sich in ihrem Beitrag „‚Ausländer‘ beim Rheinischen Appellationshof und „‚Anwaltschaftssachen bezüglich einer Zwangsversteigerung‘“ mit einem rechtsgeschichtlichen Thema zum Kirchheimer Hof. Sie deckt erstmals auf, dass sich dessen Besitzer, der französische Baron Benoit Alexandre Jacomin de Malespine, über Jahre Rechtstreitigkeiten mit dem einflussreichen Unternehmer Heinrich Wahlster lieferte, was 1848 in einer angesetzten Zwangsversteigerung des Hofes gipfelte.
In der Rubrik „Aus unseren Partnerregionen“ stellt Anna Duda-Świerk, Mitarbeiterin der Öffentlichkeitsarbeit in der Kreisverwaltung des polnischen Partnerlandkreises, das Schicksal der polnischen Familie Ulma aus dem Landkreis Lancut (Woiwodschaft Podkarpackie) vor. Familie Ulma half während des Zweiten Weltkrieges jüdischen Mitmenschen und wurde deshalb ermordet. Ihre Seligsprechung wird im September dieses Jahres erfolgen.Gerhard Abels Beitrag behandelt die saarpfälzischen Wurzeln des Kaufhauspioniers und US Postmasters General John Wanamaker (1838-1922), dessen Vorfahren Wannemacher hießen und u. a. in Bierbach an der Blies bezeugt sind.
„Mit diesen wunderbaren Beiträgen um die Geschichte unserer Heimat aus nah und fern wünsche ich allen viel Lesevergnügen. Gleichzeitig möchte ich unsere Bürgerinnen und Bürger auch motivieren, auf Spurensuche zu gehen und möglicherweise selbst einmal zur Feder oder in die Tastatur für die ‚Saarpfalz‘ zu greifen. Ich danke allen, die das Zustandekommen dieser Jubiläumsausgabe mit einer beachtlichen Sammlung von historisch wertvollen Aufsätzen ermöglicht haben – aber auch den Leserinnen und Lesern für ihr Interesse und ihre langjährige Treue“, betont Landrat Dr. Theophil Gallo.
Die „Saarpfalz“ ist im Buchhandel oder beim Saarpfalz-Kreis, E-Mail an kulturmanagement@saarpfalz-kreis.de, erhältlich.