Pingusson-Bau in Saarbrücken Foto: Phrontis - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=10600710

Bauminister Klaus Bouillon hat mitgeteilt, dass gemäß dem Ministerratsbeschluss vom Sommer 2016 die Ergebnisse der Prüfung einer Sanierung des Ensembles Pingusson-Gebäude jetzt vorliegen. Unter Berücksichtigung von Baupreissteigerungen und Risiken beim Umbau im Bestand werden Kosten von über 50 Mio. bis 55 Mio. Euro erwartet. 

Minister Klaus Bouillon: „Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass wir damit als Bauministerium, welches mir erst 2017 zur Verantwortung übertragen wurde, lediglich den Auftrag des Ministerrates vom August 2016 umgesetzt haben“, erklärt Minister Bouillon. Der Ministerrat hatte 2016 u.a. Folgendes beschlossen:
·         Eine Sanierung sollte unter der Voraussetzung einer Finanzierbarkeit angestrebt werden.
·         Auf der Basis der Ergebnisse des Betontechnologischen Gutachtens soll die Planung durch die ARGE „Brünjes“ weiterentwickelt und eine daraus resultierende Kostenschätzung ermittelt werden. Diese Kostenschätzung dient als Grundlage für eine intensivierte Wirtschaftlichkeitsuntersuchung.
·         Da bisher keine Vorsorge für die Finanzierung der Komplettsanierung des alten Kultusministeriums getroffen wurde, wurde das Ministerium für Finanzen und Europa (MFE) gebeten, für die Finanzierung Modelle zu erarbeiten und diese dem Ministerrat vorzulegen.
·         Der Ministerrat wird auf der Basis einer weiterentwickelten Kostenschätzung, der intensivierten Wirtschaftlichkeitsuntersuchung und der vom MFE vorgeschlagenen Finanzierungsmodelle sowie des Ergebnisses der noch einzuholenden Prüfung der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung durch den Rechnungshof eine Entscheidung über die weitere Vorgehensweise treffen.

Minister Klaus Bouillon: „Auftragsgemäß habe ich die Untersuchungsergebnisse mit der Bewertung meiner Fachabteilung dem Landesrechnungshof zur Prüfung zur Verfügung gestellt. Nach dessen Prüfung werden die Ergebnisse, so wie es der Ministerrat beschlossen hat, dem Finanzminister vorgelegt.“ Anschließend wird sich der Ministerrat mit der Angelegenheit befassen. Bauminister Klaus Bouillon verweist bei der Abwägung auf eine Vielzahl von Aspekten:

1.   Es sei zu beachten, dass es gelungen ist, bereits 22 größere Baumaßnahmen mit einem Gesamtvolumen von rund 300 Millionen Euro in die Ausführung – also in die Umsetzung – zu bringen. Minister Bouillon: „Das bedeutet, es ist gelungen mit einem schlanken Personalkörper, die Investitionsoffensive Saar auf den Weg zu bringen.“
2.   Weiterhin sei zu beachten, dass 20 große Baumaßnahmen sich bereits in der Planungsphase befinden; teilweise bereits mit einem Baubeginn in diesem und dem nächsten Jahr. Minister Bouillon: „Auch hier handelt es sich um eine Größenordnung von rund 300 Millionen Euro.“
3.   Weiterhin zu beachten ist das größte Projekte in der Geschichte des Saarlandes: das sogenannte „Nervenberg-Projekt“ umfasst den Neubau des Gesamtkomplexes der Nervenklinik auf dem Uni Campus in Homburg. Die Gesamtinvestition wird durch den Neubau der Chirurgie und der dazugehörigen Infrastruktur erweitert und liegt derzeit geschätzt bei rund 400 Millionen Euro, die es in den nächsten 10 bis 15 Jahren zu finanzieren und umzusetzen gilt.
4.   Weiterhin zu beachten sei, dass viele zusätzliche Maßnahmen im Bereich des Hochschulbaus, des Klinikbaus und des Landesbaus angemeldet sind. Minister Klaus Bouillon: „Aus meiner Sicht muss man all diese Dinge im Zusammenhang sehen, um verantwortungsvoll mit den Geldern, die zur Verfügung stehen umzugehen.“

Und weiter: „Der Ministerrat wird die schwierige Aufgabe haben, hier Prioritäten zu setzen und sich auf die notwendigen Baumaßnahmen zu konzentrieren. Meine persönliche Auffassung dies bezüglich ist klar, ich habe mich hierzu bereits vor zwei Jahren geäußert.“

Aus Sicht der SPD-Landtagsfraktion führt an einer Sanierung des Pingusson-Baus kein Weg vorbei. Dazu erklärt der kulturpolitische Sprecher Jürgen Renner: „Das Pingussongebäude ist deutschlandweit ein einzigartiges Zeugnis der deutsch-französischen Geschichte und ein markantes Monument des saarländischen Wegs zwischen zwei Nationen.  Zudem fand das Gebäude noch unter der früheren Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer Eingang in die Frankreich-Strategie des Saarlandes. Sie hatte sich damals auch für den Erhalt des Gebäudes und den Rückzug des Kultusministeriums ausgesprochen. Erst vor zwei Jahren bekräftigte der heutige Ministerpräsident Hans diese Haltung. Klar ist: Wir brauchen hier schnelle Entscheidungen und es braucht dringend Initiativen beim Bund und bei der EU, um Fördergelder für die Sanierung des  bedeutsamen Gebäudes einzuwerben. Nicht zuletzt müssen wir berücksichtigen, dass das Land als Ersatz für das Pingussongebäude jährlich hohe Summen für die Anmietung der Alten Post aufbringen muss.“

“Nach Jahren des Stillstands und des zunehmenden Verfalls des Saarbrücker Pingusson-Baus ist die Landesregierung bis heute kaum einen Schritt weiter gekommen. Wenn Bauminister Bouillon nun von Sanierungskosten zwischen 50 und 55 Millionen Euro spricht, dann wiederholt er im Großen und Ganzen nur das, was er schon im Juli 2019 erklärt hat, als er mit einer Summe von 53 Millionen Euro rechnte. Einen Fortschritt seitdem kann ich nicht erkennen.” Mit diesen Worten reagiert Jochen Flackus, der parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion im Saarländischen Landtag, auf die neuen Erklärungen des Bauministers zum Pingusson-Bau. “Nach wie vor bleibt es ungewiss, ob diese Regierung den historischen Bau nun für diese Summe sanieren will und dafür entsprechende Gespräche mit dem Bund und der EU über finanzielle Unterstützung führen wird, oder ob sie das Gebäude abreißen oder – was am wahrscheinlichsten ist – zumindest bis nach der Landtagswahl unverändert weiter dem Verfall preisgeben wird. Die Landesregierung sitzt dieses Thema schon seit Jahren aus, spätestens seit 2014 die erste Untersuchung zu den Millionen-Kosten einer Sanierung der Betonfassade vorlag. Auch deshalb sind die Kosten nun so hoch, weil jahrelang nichts geschehen ist und notwendige Sanierungsarbeiten unterblieben sind. Dabei bietet sich das baugeschichtlich wichtige Gebäude mit seiner wechselvollen Geschichte geradezu an als ein Ort der deutsch-französischen Freundschaft an der Saar, in dem deutsch-französische Einrichtungen und Organisationen wie beispielsweise die deutsch-französische Hochschule einen würdigen Platz finden könnten. Die drei saarländischen Bundesminister sollten den Erhalt des Saarbrücker Pingusson-Baus daher bei den deutsch-französischen Konsultationen zur Sprache bringen. Leider lässt die Landesregierung bei diesem Projekt Gespür für deutsch-französische Partnerschaft ebenso vermissen wie kulturpolitische Kreativität. Die Geschichte des Verfalls des Pingusson-Baus ist eine Geschichte des Versagens der Regierung, für das wieder einmal die Steuerzahler zur Kasse gebeten werden.”

Zum Hintergrund des Pingusson-Baus (altes Kultusministerium): Der Gebäudekomplex des Ministeriums für Bildung und Kultur in der Saaruferstraße 30-32 wurde Anfang der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts als französische Botschaft vom Architekten Georges Henri Pingusson (1894-1978) entworfen. Er ist Teil eines umfassenden Neubebauungsplans, der für die Stadt Saarbrücken von Pingusson nach dem Zweiten Weltkrieg entworfen wurde. Nur wenige der damals geplanten Gebäude wurden baulich auch umgesetzt, darunter aber das damalige Botschaftsgebäude, das als Verwaltungsbau vom Ministerium für Bildung und Kultur genutzt wurde. Das Gebäude wurde in der Zeit von 1951 bis 1954 nach dem Entwurf des Architekten Pingusson als Sitz des französischen Militärgouverneurs an der Saar, Gilbert Grandval, erbaut. In den 80er Jahren wurde das Bauwerk in die Liste der denkmalwerten Gebäude gemäß Saarländischem Denkmalschutzgesetz aufgenommen.

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