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Gut jeder vierte Bundesbürger kann sich vorstellen, als nächstes Fahrzeug ein Elektroauto anzuschaffen (26 Prozent). Dagegen halten 52 Prozent den Kauf eines E-Auto für unwahrscheinlich und 22 Prozent haben keinerlei Pläne für die Anschaffung eines Autos. Das hat eine repräsentative Ipsos-Umfrage im Auftrag des TÜV-Verbands unter 1.000 Personen ab 16 Jahren ergeben.

“Trotz des aktuellen Absatzbooms bei Elektrofahrzeugen gibt es in der Bevölkerung immer noch viele Vorbehalte gegen die Elektromobilität”, sagte Dr. Joachim Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbands, bei der Vorstellung der “TÜV Mobility Studie 2022”. Gegen die Anschaffung eines Elektroautos sprechen laut Umfrage an erster Stelle die geringe Reichweite (für 49 Prozent), gefolgt von hohen Anschaffungskosten (46 Prozent) und der geringen Verfügbarkeit von Ladestationen (44 Prozent). Zudem haben 42 Prozent Zweifel, ob Elektrofahrzeuge umweltfreundlicher sind als Verbrenner.

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“Im Vergleich zu unserer letzten Befragung vor zwei Jahren hat sich an den Bedenken trotz der technischen Entwicklung und staatlicher Förderprogramme kaum etwas geändert”, sagte Bühler. “Die Reichweitenangst in Kombination mit der Ladeproblematik kann toxisch für die Elektromobilität wirken.” Die aktuell hohen Verkaufszahlen könnten sich als Strohfeuer erweisen, wenn Politik und Hersteller jetzt nicht gegensteuern. Bühler: “Wir brauchen eine Offensive für mehr Ladestationen, eine zielgenauere Förderung und mehr günstige E-Autos für Jedermann. Und wir müssen besser darüber informieren, welchen Beitrag die Elektromobilität für den Umwelt- und Klimaschutz leisten kann.” Schon jetzt sei die Reichweite von E-Autos für den Mobilitätsbedarf der meisten Menschen mehr als ausreichend.

Neben besseren Bedingungen für die Elektromobilität befürworten die Bundesbürger verschiedene Maßnahmen, um die Klimabelastung durch den Straßenverkehr zu verringern. 80 Prozent fordern einen beschleunigten Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs und 82 Prozent wünschen sich einen kostenfreien ÖPNV. 70 Prozent der Befragten fordern darüber hinaus einen beschleunigten Ausbau der Infrastruktur für Fahrräder und 49 Prozent wünschen sich eine finanzielle Förderung von Lastenrädern und E-Bikes. Auch kontrovers diskutierte Maßnahmen finden eine Mehrheit: 56 Prozent befürworten ein Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen (38 Prozent lehnen ab) und 49 Prozent sind für eine Verschärfung der Abgasgrenzwerte für Pkw (38 Prozent lehnen ab). Immerhin 40 Prozent befürworten ein Tempolimit von 30 km/h in Städten, 55 Prozent der Befragten sind aber dagegen. Auch eine City-Maut oder Null-Emissionszonen lehnt eine Mehrheit ab.

“Die Bundesregierung hat die Chance, mutige Entscheidungen für den Umwelt- und Klimaschutz zu treffen”, sagt Bühler. Nur so könne auch der Verkehrssektor einen Beitrag zur Reduktion der Treibhausgase leisten. Als eine kurzfristig wirksame Maßnahme empfiehlt der TÜV-Verband, die Richtwerte zur Luftqualität gemäß den internationalen Empfehlungen anzupassen. Luftschadstoffe wie Feinstaub und Stickoxide sollten zeitnah bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor im Rahmen der Abgasuntersuchung unabhängig überprüft werden.

Auto und Fahrrad sind die Corona-Gewinner – der ÖPNV verliert

Laut den Ergebnissen der Umfrage hat die Corona-Pandemie die Stellung des Autos als wichtigstes Verkehrsmittel noch verstärkt. 72 Prozent der Bundesbürger nutzen an einem gewöhnlichen Werktag ein Auto. Das entspricht im Vergleich zu Anfang 2020, vor dem Ausbruch der Pandemie, einem Plus von 7 Prozentpunkten. 32 Prozent fahren werktäglich Rad (plus 3 Punkte). Damit hat das Fahrrad den öffentlichen Nahverkehr vom zweiten Platz verdrängt. 25 Prozent nutzen an Werktagen den ÖPNV, ein Minus von 7 Punkten. 5 Prozent fahren mit einem Motorrad oder Motorroller (plus 2 Punkte). “Der individuelle Verkehr per Auto, Fahrrad oder Motorrädern gewinnt. Dagegen haben viele Menschen während der Pandemie Busse und Bahnen aus Sorge vor Ansteckung gemieden”, sagte Bühler. “Das heißt aber nicht, dass sich die Befragten nicht einen attraktiveren Nahverkehr wünschen und diesen auch nutzen würden.”

Die Studie zeigt, dass es den meisten Bürgern sehr schwer fällt, ihre Mobilität umwelt- und klimaschonender zu gestalten. “Die Menschen haben erkannt, dass unser Verkehrssystem an seine Grenzen stößt, passen ihr Verhalten aber nur zögerlich an”, sagte Bühler. Die größten Probleme des Straßenverkehrs haben die Befragten identifiziert: die Überlastung der Innenstädte, Luftverschmutzung, Klimabelastung und zu viele Staus. 54 Prozent geben an, dass der Umwelt- und Klimaschutz bei ihren Mobilitätsentscheidungen eine Rolle spielt. Fragt man aber, was den Menschen bei der eigenen Mobilität besonders wichtig ist, stehen Flexibilität, Schnelligkeit und Verlässlichkeit auf den ersten drei Plätzen. Es folgen die Faktoren Sicherheit, Kosten, Bewegung und Komfort. Der Schutz der Umwelt landet am Schluss. Viele Aktivitäten wie Einkäufe oder Ausflüge sind den Befragten ohne eigenes Auto zu beschwerlich, geben 55 Prozent der Autobesitzer an. Und es fehlt an Alternativen. Der Öffentliche Nahverkehr ist für 50 Prozent und das Fahrrad für 35 Prozent nicht verfügbar oder zu unsicher. Auch an ausreichenden Carsharing-Alternativen mangelt es, sagen 30 Prozent.

Sicherheit im Straßenverkehr verbessern

Was die technische Sicherheit der Fahrzeuge angeht, werden Fahrerassistenzsysteme immer wichtiger. Ab Juli 2022 müssen in neuen Fahrzeugtypen eine Reihe dieser Systeme eingebaut werden, darunter Notbremsassistent, Müdigkeitswarner oder intelligenter Geschwindigkeitsassistent. 44 Prozent der Befragten haben Assistenzsysteme bereits genutzt. “Auch Assistenzsysteme können verschleißen”, sagte Bühler. Anfällig sei vor allem die empfindliche Sensorik, die durch Parkrempler oder unsachgemäße Reparaturen beeinträchtigt werden kann. Bühler: “Sind die Sensoren beschädigt oder falsch ausgerichtet, können sie zu Fehlfunktionen des Systems führen. Dann werden Sicherheitssysteme zum Unfallrisiko.” Deshalb sei es wichtig, Funktion und Wirkung von Assistenzsystemen regelmäßig bei der Hauptuntersuchung zu überprüfen. Drei von vier Befragten sprechen sich dafür aus, dass Assistenzsysteme von unabhängigen Stellen geprüft werden (75 Prozent).

Mit der angestrebten Liberalisierung rückt der Konsum von Cannabis und die Teilnahme am Straßenverkehr in den Fokus. In der Umfrage geben nur 42 Prozent der Befragten an, dass sie sich über die Regelungen zu Cannabis im Straßenverkehr ausreichend informiert fühlen. Das zeigt einen hohen Aufklärungs- und Informationsbedarf in der Bevölkerung. Da Cannabis die Wahrnehmung und Sensomotorik der Fahrer negativ beeinflussen kann, müssen Cannabis-Nutzer wie bei Alkohol klar zwischen Konsum und Fahren trennen.

Die vollständigen Studienergebnisse sind abrufbar unter: www.tuev-verband.de/tuev-mobility-studie-2022

Methodik-Hinweis: Grundlage der Angaben ist eine repräsentative Befragung des Marktforschungsinstituts Ipsos im Auftrag des TÜV-Verbands unter 1.000 Personen ab 16 Jahren. Die Umfrage wurde im Februar 2022 durchgeführt.

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1 Kommentar

  1. Geringe Reichweite (für 49 Prozent): Wir sind ja alle Vielfahrer die Tag für Tag Hunderte Kilometer fahren.
    Hohe Anschaffungskosten (46 Prozent): Zugegeben ein Elektroauto kostet mehr wie die Juckel (ca. 2000€) mit der man zur Arbeit fährt und einkaufen, es gibt aber noch Geld vom Staat, muss es zwingend z. B. Ein EQS sein?
    Geringe Verfügbarkeit von Ladestationen (44 Prozent): Würden mehr sich ein Elektroauto gönnen könnte es in der Tat eng werden, insbesondere wenn andere zu blöd zum Autofahren sind, so parken das kein anders Elektroauto mehr ohne andere Fahrzeuge einen Parkplatz zu nehmen Laden können.
    Umweltfreundlichkeit (42 Prozent): Berechtigte Frage die wie ich finde zu kurz kommt, bekannt ist ja um einen Akkumulator herstellen zu können werden seltene Erden benötigt. Dann auch wie werden verbrauchte Akkumulatoren entsorgt? Wie es mit konventionellen Autos passiert ist bestens bekannt.

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