In ähnlicher Weise könnte es Nutzer*innen etwas erschwert werden, Informationen mit wenigen Quellangaben zu teilen. So zum Beispiel, indem die Freigabe einen weiteren Mausklick in einem Popup-Fenster erfordert und zusätzlich darauf hingewiesen wird, dass Informationen fehlen. Eine andere Art von Stupsern zielt darauf ab, wie Inhalte in Browsern angeordnet sind, das heißt wie unser Nachrichten-Feed gestaltet ist. Einfacher wäre es für die Nutzer*innen, wenn zwischen Inhaltstypen, wie Meinungen und Nachrichten, unterschieden würde oder auch Beiträge von Freund*innen als solche gekennzeichnet wären.

Boosting hingegen zielt darauf ab, die Nutzer*innen langfristig kompetenter zu machen. Mit Blick auf den Nachrichten-Feed könnte dies bedeuten, dass Nutzer*innen befähigt werden, selbst anpassen zu können, wie eigene Nachrichten-Feeds gestaltet und sortiert sind. Das heißt, die Nutzer*innen entscheiden durch eigene Einstellungen, welche Faktoren ihnen am wichtigsten sind und was sie zuerst sehen möchten. Soziale Netzwerke könnten darauf hinweisen, warum ein Inhalt wie gewichtet und uns zuerst gezeigt wird, während andere Inhalte nachrangig behandelt werden. Ein anderes Beispiel für eine Boosting-Maßnahme wäre es, Informationen darüber zu geben, von wem ein Inhalt ursprünglich stammt und wie genau er sich verbreitet hat. Um Herkunft, Kontext und Qualität von Online-Inhalten besser einschätzen zu können, könnten auch Entscheidungsbäume zum Einsatz kommen. Diese würden den Nutzer*innen Prüfkriterien an die Hand geben, mit deren Hilfe sie selbst Inhalte systematisch prüfen und somit sozusagen zum Faktenchecker in eigener Sache werden können. Auf längere Sicht könnten Nutzer*innen so Muster erkennen, den kritischen Umgang mit Inhalten lernen sowie Manipulationen schneller erkennen.

„Der interaktive Charakter der sozialen Medien könnte genutzt werden, um einen vielfältigen demokratischen Dialog und die kollektive Intelligenz zu fördern. Es geht darum, neue Wege zu finden, um das Potenzial des Internets mit Blick auf demokratische Gesellschaften und deren Entscheidungsprozesse zu stärken, anstatt diese zu untergraben. Globale Probleme wie der Klimawandel oder die Coronavirus-Pandemie erfordern koordinierte, kollektive Lösungen. Dafür brauchen wir eine demokratisch-vernetzte Online-Welt“, sagt Ralph Hertwig, Direktor des Forschungsbereichs „Adaptive Rationalität“ am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung.

Das Max-Planck-Institut für Bildungsforschung wurde 1963 in Berlin gegründet und ist als interdisziplinäre Forschungseinrichtung dem Studium der menschlichen Entwicklung und Bildung gewidmet. Das Institut gehört zur Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e. V., einer der führenden Organisationen für Grundlagenforschung in Europa.

Originalpublikation: Lorenz-Spreen, P., Lewandowsky, S., Sunstein, C. R., & Hertwig, R. (2020). How behavioural sciences can promote truth, autonomy and democratic discourse online: Nature Human Behaviour

 

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