Mathias Manderscheid, Trainer beim Schwimmclub Homburg und DLRG-Ausbilder, Foto: Anca Berdel
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Die Sommerferien starten, Badegäste zieht es an die Gewässer und für viele gibt es nichts Schöneres, als einen schulfreien Tag mit Freunden und Familie im Freibad zu verbringen.

Letztes Jahr ertranken laut DLRG-Statistik deutschlandweit 16 Kinder bis 10 Jahre, 29 Todesopfer waren jünger als 20 Jahre. Die Hälfte der tödlichen Ertrinkungsunfälle passierten in den Sommermonaten. Die meisten Menschen kamen laut DLRG-Statistik von Mai bis August im Wasser ums Leben. Parallel hat sich die Zahl der Grundschulkinder, die nicht schwimmen können, verdoppelt. Selbst vor dem Wechsel auf die Weiterführende kann mehr als die Hälfte von ihnen nicht sicher schwimmen. Grund genug, sich über ausreichende Schwimmsicherheit Gedanken zu machen.

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Wir sprachen darüber mit Mathias Manderscheid, Trainer beim Schwimmclub Homburg, DLRG-Ausbilder und Familienvater.

Können Sie für den Anfang einen Geheimtipp verraten, etwas, was Eltern vielleicht gar nicht auf dem Schirm haben?

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Klar, beispielsweise, dass Wassersicherheit schon lange anfängt, bevor man überhaupt das Freibad betritt – nämlich bei der Anschaffung des Schwimmanzugs. Hier ist Sichtbarkeit das oberste Gebot: Ich rate davon ab, Badebekleidung in Blautönen, Türkis, Schwarz bzw. Weiß oder Hautfarben zu kaufen, weil sie sich kaum vom Wasser im Becken unterscheidet. Leuchtende Farben wie Neongelb, -Grün, -Orange oder Pink stechen hervor und man kann sein Kind schnell erkennen – auf der Liegewiese und im Wasser. Wobei man sagen muss, Gelb scheint durch trübe Naturgewässer am besten durch, Pink und Neongrün sowie Orange sind für Chlorwasser erste Wahl.

Was gilt es vor dem ersten Sprung ins Wasser noch zu beachten?

Natürlich die Baderegeln. Mir stockt immer wieder der Atem, wenn ich Menschen sehe, die ins Becken springen, ohne sich vorher abzuduschen. Das ist total unhygienisch und bei tropischer Hitze absolut gefährlich für die Gesundheit. Wenn einem schon das Brausewasser zu kalt ist, was meinen die Leute, wie sich das plötzliche Tauchen ins kalte Wasser und der Temperaturschock auf ihren Kreislauf auswirken?

Gibt es auch Informationen, die man nicht oft genug wiederholen kann?

Leider ja. Ich bin erstaunt, wie oft ich heute noch den Satz höre „Mein Kind kann schwimmen, es hat das Seepferdchen!“ Da kann ich als DLRG-Ausbilder und Familienvater nur den Kopf schütteln. Denn das Seepferdchen bereitet nur auf die Schwimmabzeichen vor. Für den Frühschwimmer, wie er auch noch genannt wird, muss das Kind lediglich 25 m – also eine Kurzbahn – schaffen und aus schultertiefem Wasser einen Gegenstand heraufholen. Nur, weil das Kind jetzt ins tiefe Becken darf, heißt das noch lange nicht, dass es ein sicherer Schwimmer ist. Das sind Kinder erst mit Erlangen des Bronzeabzeichens. Dafür müssen sie 15 Minuten lang ununterbrochen schwimmen und in dieser Zeit mindestens 200 Meter zurücklegen, und zwar in zwei Schwimmlagen – eine Aufgabe, an der so manche Erwachsene zu knabbern haben. Wir als Schwimmclub Homburg gehen noch einen Schritt weiter und empfehlen ganz klar, bis zum Silberabzeichen das Schwimmtraining fortzuführen.

Warum das denn?

Weil Kinder für das Silberabzeichen schon erste Taktiken zur Selbstrettung erlernen. Beispielsweise wie man sich orientiert, wenn man ins Wasser fällt. Man muss für den „Fahrtenschwimmer“ auch vom 3 Meter Turm springen und wieder auftauchen. 10 Meter Streckentauchen ist ebenfalls Voraussetzung. Es werden auch Abläufe geübt für den Fall, dass ein Muskelkrampf oder Erschöpfung plötzlich auftreten. Und wie man sich zu verhalten hat, wenn jemand anderes in Not gerät, sich an einen festklammert und in die Tiefe drückt.

Ist das wirklich nötig?

Kinder können sehr schnell ertrinken. Das ist ebenfalls ein Punkt, den man nicht oft genug wiederholen kann. Ist eine Welle über seinen Kopf geschwappt und es hat Wasser eingeatmet – das allein reicht schon, um Kinder in Gefahr zu bringen. Und: Ertrinken sieht nicht aus wie bei Baywatch. Wer nicht atmen kann, kann auch nicht nach Hilfe rufen! Kinderlungen füllen sich innerhalb von 30 Sekunden mit Wasser. Eine Whatsapp schnell zu beantworten oder ein Bild als Insta-Story hochzuladen dauert manchmal länger. Deswegen auch: Hat man mal seinen Nachwuchs aus den Augen verloren, immer zuerst auf den Beckenboden schauen! Alles andere ist nachrangig.

Ist man dann mit Schwimmhilfen auf der sicheren Seite?

Schwimmhilfen sind kein Freifahrtschein und sie schützen auch nicht vor dem Ertrinken. Auch Schwimmflügel können vom Arm abrutschen und dann hängt das Kind mit einer Schulter über und dem Kopf unter Wasser. Eltern von Nichtschwimmern sollten sich zu jederzeit maximal eine Armlänge entfernt aufhalten, um sofort reagieren zu können – selbst in knietiefen Becken! Wovon wir gänzlich abraten sind diese aufblasbaren Ringe mit Sitzmöglichkeit. Kentern sie, können sich Kinder daraus gar nicht befreien und sind mit dem Kopf unter Wasser gefangen. Der beste Schutz gegen Ertrinken ist und bleibt, sicher schwimmen zu können.

Was ist von Crashkursen im Sommer oder vom Schwimmenlernen im Urlaubshotel zu halten?

Auch jetzt, vier Jahre nach der Pandemie, sind an vielen Orten die Wartelisten für Schwimmkurse voll. Im Urlaub zu lernen kann auch viele Vorteile haben: Man ist sowieso am Pool in Badekleidung, durchs tägliche Üben sind Fortschritte schneller zu erkennen und meistens kümmert sich ein Trainer um weniger Kinder als es in der örtlichen Schwimmschule der Fall wäre. Dabei sollten die Eltern darauf achten, dass es sich wirklich um „lupenreine“ Abzeichen handelt. Dies ist laut Prüfungsordnung nur dann der Fall, wenn die Wassertiefe die Körpergröße des Prüflings überschreitet. Auch muss das Kind vom Beckenrand deutlich ins tiefe Wasser springen und dabei vollständig eintauchen. Wir empfehlen auch dringend, die Prüfung auf einer Bahn mit mindestens 25 Meter Länge zu absolvieren. Alles andere ist Augenwischerei.

Da man das diese Fertigkeiten auch wieder verlernen kann, rate ich den Urlaubsrückkehrern dringend dazu, nach den Sommerferien mit dem Schwimmen weiterzumachen. Als zweitgrößter Schwimmverein im Saarland bieten wir eine Vielzahl an Trainingsmöglichkeiten an, um junge Seepferdchen-Absolventen auf die nächsten Abzeichen vorzubereiten. Wir laden alle Eltern ein, sich über unsere Schwimmkurse zu informieren und mit ihren Kindern zum Schnuppern vorbeizukommen.

Infos gibt es auf der Vereins-Website unter www.homburg-schwimmclub.de.

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