Im Weihnachtsgeschäft müssen Paketzusteller vor allem schnell auf den Beinen sein und oft auch kräftig schleppen. Aber werden sie dafür auch angemessen entlohnt? Eine neue Studie der WHU – Otto Beisheim School of Management kommt zu dem Ergebnis, dass sie sich zumindest beim Trinkgeld an der Haustür keine großen Hoffnungen machen brauchen. Denn gerade wer speziell seine Weihnachtseinkäufe online tätigt, geizt häufig mit dem Obulus für die Überbringer.
Alle Jahre wieder: Im Dezember müssen die Paketlieferdienste zu Hochform auflaufen, wenn alle Sendungen noch rechtzeitig bei ihren Empfängern eintreffen sollen. In der Vorweihnachtszeit werden an Spitzentagen bis zu 22 Millionen Sendungen pro Tag zugestellt. Zu keiner Zeit des Jahres ist der Stress für die Zusteller so groß wie jetzt.
Da stellt sich die Frage, ob es auch den Zustellern so geht wie den Kellnern. Wenn der Laden brummt, können diese durch Trinkgelder eine stattliche Summe zum regulären Gehalt dazuverdienen. Das “Stimmt so”, das Aufrunden oder einige Münzen zusätzlich zu geben sind typische Angewohnheiten im Restaurant. Mit Trinkgeld möchten Kunden etwas ausdrücken, zum Beispiel, dass der Kellner sehr aufmerksam war oder, dass die Taxifahrerin gut gefahren ist. Aber was ist mit den Zustellern, einer Berufsgruppe, die gerade jetzt besonders im Fokus steht? Sie klingeln täglich an 100 und mehr Türen und übergeben Dinge, die wenige Tage später als Geschenke unter dem Weihnachtsbaum liegen. Können sie auf eine neue gesellschaftliche Norm hoffen, durch die sie öfter bei ihrer harten Arbeit extra entlohnt werden?
Dazu hat der Lehrstuhl für Logistik- und Dienstleistungsmanagement der WHU – Otto Beisheim School of Management in Düsseldorf eine neue, wissenschaftliche Studie durchgeführt und 500 Personen befragt, die regelmäßig Waren online bestellen. Die Befragten gaben an, im Schnitt vier bis fünf Bestellungen pro Monat zu erhalten. Durchschnittlich kommen sie dabei pro Zustellung auf 1,3 Pakete deren Bestellwert sich auf 58 Euro beläuft. Die Befragung zeigte außerdem, dass fast die Hälfte (49,2 %) von ihnen den Zustellern noch nie Trinkgeld gegeben hat. 30,5 % der Befragten haben schon monetäres Trinkgeld gegeben – also Münzen oder Scheine. 10,4 % haben kleine Geschenke wie Schokolade oder Gebäck überreicht. Und 9,8 % haben sich in der Vergangenheit bereits durch Geld sowie durch Geschenke erkenntlich gezeigt. Der Wert des einzelnen Trinkgelds bzw. des einzelnen Geschenks belief sich dabei im Durchschnitt auf knapp 2,50 Euro.
Die Studie hat außerdem herausgearbeitet, dass die wenigsten nur Trinkgeld geben, weil sie sich dazu verpflichtet fühlen. Stattdessen steht im Vordergrund, etwas für den erhaltenen Service zurückzugeben, gute Leistung zu belohnen oder dass man der Person einfach einen Gefallen tun möchte. Es zeigte sich jedoch, dass Personen, die verstärkt typische Weihnachtsgeschenke wie Elektrogeräte, Spielwaren oder Bücher online kaufen, bei der Zustellung deutlich seltener Trinkgelder oder Geschenke geben. Bei diesen Kunden haben die Zusteller demnach besonders schlechte Karten im laufenden Weihnachtsgeschäft. Spendabel dagegen zeigten sich bei der kurzen Interaktion an der Haustür auch die Menschen, die gerne dem Personal im Restaurant oder anderswo etwas Gutes tun oder sich für guten Service bedanken.
„Dass man Trinkgeld in Restaurants oder bei Essenslieferungen gibt, ist eine weitverbreitete Norm“, sagt Prof. Dr. Carl Marcus Wallenburg, Inhaber des Lehrstuhls für Logistik- und Dienstleistungsmanagement an der WHU. „Dementsprechend stellten wir fest, dass Menschen, die häufig Essen oder frische Lebensmittel online bestellen, auch bei Paketzustellungen häufiger Trinkgeld geben. Bei der Höhe des Trinkgelds gab es jedoch keine Unterschiede zu Personen, die Essen und frische Lebensmittel nicht online bestellen.“ Hinsichtlich der Höhe des Trinkgeldes gibt es aber ein klares Stadt-Land-Gefälle: Im Schnitt geben Menschen auf dem Land den Zustellern beinahe einen Euro mehr Trinkgeld.