Ab dem morgigen Dienstag, 2. März, 0 Uhr, gelten neue Einreisebeschränkungen, um die Ausbreitung der hoch ansteckenden Corona-Mutation aus Afrika auszubremsen, die gerade in Lothringen einen großen Anteil an Neuinfektionen ausmacht. Unter anderem benötigen Transitreisende einen negativen Test, um nach Deutschland zu kommen. Mit Blick auf die neuerlichen Kontrollen zwischen Lothringen und dem Saarland äußert sich Saar-SPD-Generalsekretär Christian Petry:
„Erneut werden die Grenzen zwischen Lothringen und Deutschland undurchlässiger. Wenn auch nicht in dem Maße, wie wir es vor einem Jahr erleben mussten, als ohne Absprache mit den europäischen Partnern von deutscher Seite Fakten geschaffen wurden und es dadurch unweigerlich zu Verstimmungen in den Beziehungen zwischen Luxemburg und Frankreich auf der einen Seite und Deutschland auf der anderen kam. Daraus hat Bundesinnenminister Horst Seehofer offensichtlich nichts gelernt. Denn statt auf gemeinsame Test- und Impfstrategien im Kampf gegen die Ausbreitung des Corona-Virus‘ und seiner hoch ansteckenden Mutanten zu setzen, will er erneut die Grenzen abriegeln. Davon lässt sich aber ein Krankheitserreger nicht beeindrucken, wie uns die Maßnahmen vor zwölf Monaten eindrucksvoll vor Augen geführt haben.
Dabei ist das Saarland schon viele Schritte weiter, setzt nicht auf Abschottung, sondern unter anderem auf gemeinsame Testzentren wie beispielsweise am ehemaligen Grenzpunkt Goldene Bremm bei Saarbrücken. Ständige Kontakte zwischen den Gesundheitsbehörden bei uns und in Lothringen tragen ihr Übriges zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit in der Krisenbewältigung bei. Außerdem trifft dieser unüberlegte Schritt des Bundesinnenministers auch die deutsche Wirtschaft: Viele Betriebe im Saarland sind auf die auf französischer Seite lebenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im hohen Maße angewiesen. Bis zu 80 Prozent der Belegschaft in einzelnen Fabriken stammen aus der Region hinter der einstigen Grenzlinie. Das scheint Herr Seehofer völlig außer Acht zu lassen. Damit nimmt er ein dramatische Gefahr für die Produktionssicherheit in Kauf. In einer Zeit, in der durch Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit ohnehin viele Betriebe erhebliche existenzielle Nöte haben.“
Jusos an der Saar: Berlin und Paris verkennen die Lebensrealität der Menschen in der Großregion
Auch die saarländischen Jusos kritisieren die Entscheidung auf deutscher Seite, dass Grenzgängerinnen und Grenzgänger aus dem Departement Moselle künftig bei der Einreise nach Deutschland einen negativen Corona-Test vorweisen müssen. Die Jusos an der Saar fordern einheitliche Anforderungen an den vorzuweisenden Corona-Test auf beiden Seiten, dezentrale Testmöglichkeiten für alle Einreisenden und den besonderen Schutz für grenzüberschreitende Familienverhältnisse. Kira Braun, Landesvorsitzende der Jusos: „Die Entscheidung, dass nun bei jedem Grenzübertritt ein negativer Corona Test vorgewiesen werden muss, zeigt, dass sowohl in Berlin als auch Paris die Lebensrealität der Menschen in der Großregion völlig verkannt wird. Die Grenzregion besteht nicht nur aus Arbeitskräften, sondern ist ein grenzüberschreitender Lebensraum. Es muss nun schnellstmöglich sichergestellt werden, dass vor allem Familien aus der Grenzregion dezentral, gebührenfrei und ohne massive Hürden getestet werden können, damit Schulbesuche, die Betreuung und Pflege Angehöriger und die Ausübung des geteilten Sorgerechts weiterhin möglich bleiben. Dafür brauchen wir nun dringend dezentrale Testmöglichkeiten und die verbindliche Zusage, dass auf beiden Seiten die gleichen Anforderungen an den Corona-Test gelten werden. “
„Die Leidtragenden dieser Grenzpolitik sind die Menschen, die im Verflechtungsraum SaarMoselle leben und ein deutsch-französisches Leben führen. Dass die Grenzen in unserer Region kaum noch sichtbar und spürbar sind, ist das Ergebnis jahrzehntelanger Arbeit. Wir dürfen nun nicht zulassen, dass diese Errungenschaft unter der Corona-Krise leidet. Auch deshalb muss der grenzüberschreitende Personennahverkehr aufrechterhalten werden. “ so Timo Stockhorst, Sprecher des Arbeitskreises Europa der Jusos Saar. Die Jusos an der Saar fordern die Landesregierung auf, schnellstmöglich praktikable Lösungen, insbesondere für die Familien in der Grenzregion, zu finden und an dem Versprechen festzuhalten, dass es nicht mehr zu Grenzschließungen kommen wird.
Oskar Lafontaine: Deutsch-französische Freundschaft nicht weiter beschädigen
„Die deutsch-französische Freundschaft ist für die Zusammenarbeit in Europa unverzichtbar. Sie darf nicht weiter beschädigt werden.“ Mit diesen Worten kommentiert Oskar Lafontaine die Verschärfung der Einreiseregeln aus dem Departement Moselle an der deutsch-französischen Grenze. „Wenn der Präsident der Region Grand-Est, Rottner, von einer brutalen Entscheidung spricht und Berlin einen Alleingang vorwirft, dann ist etwas gründlich schief gelaufen. Wieder einmal zeigt sich, dass Merkel und Seehofer kein Verständnis für die französische Kultur und Politik haben. Zum zweiten Mal trifft die Bundesregierung eine Entscheidung, die den grenzüberschreitenden Verkehr und vor allem das Leben der 16.000 Berufspendler erschwert. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die saarländische Landesregierung diese Vorgehensweise mitträgt. Sie ist jetzt umso mehr gefordert, diesen Schaden zu begrenzen.“