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Im Rahmen eines Pressegesprächs am Dienstag (09.08.2016) stellte Finanzminister Stephan Toscani steuerpolitische Grundsatzüberlegungen vor: „Die Steuerpolitik der nächsten Jahre muss sich an den Eckpfeilern orientieren: Entlastung für untere und mittlere Einkommensgruppen sowie Steuergerechtigkeit.“
Minister Stephan Toscani Foto: www.saarland.de
Minister Stephan Toscani
Foto: www.saarland.de
„Ich halte es für notwendig, ab der kommenden Legislaturperiode bei den unteren und mittleren Einkommen die Steuerbelastung zu senken. Dies erscheint mir dadurch möglich, dass wir den sogenannten „Mittelstandsbauch“ und die kalte Progression abbauen und so die Steuerzahler entlasten. Mittlere Einkommen erreichen in Deutschland zu früh hohe Progressionsstufen. Ich will, dass den arbeitenden Menschen mehr von ihren Einkommenszuwächsen bleibt, weil sich Leistung lohnen muss.“ Er sprach sich auch dafür aus, den Soli auf Sicht auslaufen zu lassen. „Auch das wäre eine große Entlastung für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die im nächsten Jahrzehnt möglich wird.“
Die öffentlichen Haushalte in Deutschland seien insgesamt betrachtet ausreichend finanziert. Die finanziellen Einbußen, die Bund, Ländern und Gemeinden seit 2001 durch verschiedene Sonderfaktoren entstanden sind – weltwirtschaftliche Einbrüche nach 2001 und 2009, Steuersenkungen zu Beginn des letzten Jahrzehnts – sind kompensiert. Bund, Länder und Gemeinden erzielen insgesamt wieder Überschüsse. Die volkswirtschaftliche Steuerquote hat wieder ein vergleichsweise hohes Niveau erreicht.
„Dafür, dass wir die Steuerentlastungen auch in unserem Landeshaushalt verkraftenkönnen, ist allerdings die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen eine wichtige Voraussetzung. Der Beschluss der Ministerpräsidenten stellt uns ab 2020 eine finanzielle Besserstellung in der Größenordnung von insgesamt 500 Mio. Euro pro Jahr in Aussicht. Einhaltung der Schuldenbremse, die Wahrung der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse einschließlich eines angemessenen Investitionsniveaus sowie die steuerliche Entlastung lassen sich dann miteinander vereinbaren. Damit die Steuerpolitik nicht in Widerspruch zur Haushaltskonsolidierung gerät, müssen die Entlastungen für breite Bevölkerungsschichten einhergehen mit einer weiterhin konsequenten Bekämpfung von Steuerhinterziehung und -gestaltung sowie mit punktuellen Erhöhungen an anderer Stelle. Auch aus Gründen der Steuergerechtigkeit ist dies nötig.“
Finanzminister Stephan Toscani zum Thema Abgeltungssteuer: „Wenn der automatische Informationsaustausch über Bankdaten ab 2017 international eingeführt ist, gibt es keine Rechtfertigung mehr dafür, Kapitaleinkünfte gegenüber Lohneinkünften zu bevorzugen. Die Begründung, die bei der Einführung galt, dass es besser ist, sich mit 25 Prozent bei der Besteuerung von Kapitalerträgen zufrieden zu geben und darauf zu hoffen, dass dann weniger auf Schwarzgeldkonten im Ausland geparkt wird, hat heute keinen Bestand mehr. Es war schon damals nicht gerechtfertigt, Kapitaleinkünfte gegenüber Lohneinkünften zu bevorzugen, aber dem Staat blieb nichts anderes übrig. Ich bin allerdings nicht für die Eingliederung der Abgeltungssteuer in den Einkommenssteuertarif, sondern für eine Anpassung des Steuersatzes mit Beibehaltung des bisherigen Verfahrens. Außerdem rege ich an, über eine Erhöhung der Freibeträge nachzudenken, die seit Einführung der Abgeltungssteuer im Jahr 2009 nicht mehr erhöht wurden.“
Als weitere konkrete Maßnahme nannte Stephan Toscani die Reform der Erbschaftsteuer und erklärte: „Ich bin zuversichtlich, dass der Vermittlungsausschuss im September zu einer Lösung kommt, damit das Gesetz dann schnellstmöglich beschlossen werden kann. Für den „Normalbürger“ bleibt hier alles beim Alten. Aber die Reform wird aufgrund der stärkeren Heranziehung von großen Betriebsvermögen zu Mehreinnahmen führen.“
Stephan Toscani plädierte für die Verbreiterung der Einnahmebasis des Staates durch konsequentes Vorgehen gegen Steuerhinterziehung und Steuergestaltung.
„Dafür wurden – nicht zuletzt auf Initiative des Saarlandes – in dieser Legislaturperiode die Weichen gestellt. Dazu gehört eine gesetzliche Regelung, die dafür sorgt, dass elektronische Registrierkassen verpflichtend mit einer manipulationssicheren Software ausgestattet werden. Bereits seit 2014 fordere ich die gesetzliche Einführung einer technologieoffenen manipulationssicheren Software für elektronische Kassen. Daher begrüße ich, dass die Bundesregierung nun einen entsprechenden Gesetzentwurf beschlossen hat. Unser Engagement hat sich gelohnt! Durch manipulierte Kassen entgehen dem Staat jährlich Einnahmen in Milliardenhöhe. Für das Saarland geht es nach bisherigen Schätzungen um Mehreinnahmen in Höhe von bis zu 60 Mio. Euro pro Jahr, die in anderen Bereichen wie Bildung oder Infrastruktur fehlen.“
Er nannte außerdem die Verschärfung der strafbefreienden Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung sowie den automatischen Informationsaustausch über Bankkonten, der ab 2017 in mehr als 100 Staaten gilt. „Schwarzgeldkonten im Ausland gehören dann weitgehend der Vergangenheit an. Dadurch ist mit Steuermehreinnahmen zu rechnen.“
Multinationalen Konzernen wird es schwerer gemacht, durch Steuergestaltungen Gewinne in Niedrigsteuerländer zu verlagern. Minister Stephan Toscani: „Für mich steht fest: Gewinne, die in Deutschland erzielt werden, müssen auch in Deutschland versteuert werden. Wir unterstützen Bundesfinanzminister Dr. Schäuble bei seinem Einsatz auf EU-Ebene und OECD-Ebene, diese Gewinnverlagerungen einzuschränken.
Alle diese Maßnahmen dienen der Steuergerechtigkeit. Gleichzeitig verbreitern sie die Einnahmebasis des Staates und ermöglichen so die Steuerentlastungen für breite Schichten unserer Gesellschaft“, betonte Finanzminister Stephan Toscani abschließend.

 

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