Eine erneute Zunahme von schriftlichen Anfragen und Beschwerden kann das Portal Programmbeschwerde.de für das Jahr 2017 verbuchen. 1.150 schriftliche Anfragen und Beschwerden erreichten die Landesmedienanstalt Saarland (LMS), die www.Programmbeschwerde.de auch als gemeinsames Beschwerdeportal der Medienanstalten anbietet. Dominierende Themen waren die politische Berichterstattung, die Werbepraxis der privaten Fernsehveranstalter und Fragen zum Jugendschutz.

Das Jahr 2017 war bemerkenswert im Hinblick auf Kritik und Beschwerden zu politischen Themen, insbesondere bei der Berichterstattung und in Talk-Formaten des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Hier fand auch die Debatte um die mediale Präsenz der AfD ihren Niederschlag, sowohl aus der Sicht derjenigen, die sie für ungerecht und einseitig negativ dargestellt fanden, als auch anderen, für die dieser Partei eine zu große Aufmerksamkeit zugekommen sei.

„Dass sich Anregungen, Kritik und Beschwerden zur politischen Berichterstattung weit überwiegend auf öffentlich-rechtliche Programme bezogen, könnte auch ein Indikator für mangelnde Relevanz der privaten Angebote in diesem Segment für das Fernsehpublikum sein. Dies sollte insbesondere den privaten Vollprogrammveranstaltern und ihren Anspruch an den Public Value zu denken geben“, so der Direktor der LMS, Uwe Conradt.

Bei den privaten Fernsehprogrammen konnte im Bereich Jugendschutz im zweiten Halbjahr ein Rückgang der Beschwerden zu Werbung für Erotikartikel im Tages­programm verzeichnet werden. Kritisiert wurde die Ausstrahlung von Filmen im Abendprogramm, die teilweise in Programmzeit­schriften mit FSK 16 oder 18 ausgewiesen waren, jedoch bereits ab 20 oder 22 Uhr gesendet wurden. Hier besteht Informationsbedarf über Schnittfassungen und Ausnahmeregelungen.

Bemerkbar in Beschwerden niedergeschlagen hat sich auch der vermehrte Einsatz von Programmtrailern mit Bewegtbildern im Tagesprogramm zu Filmen, die einer Sendezeitbeschränkung unterliegen. Diesbezüglich war Ende 2016 eine gesetzliche Liberalisierung in Kraft getreten. Insbesondere von Eltern und Erziehenden wurden etliche Trailer als für Kinder ängstigend und überbelastend eingestuft.

Sonstige Beschwerden bezogen sich wie in den vergangenen Jahren auf Inhalte im Tagesprogramm, die als verstörend, diskriminierend oder unangemessen erachtet wurden, wie z. B. Gewaltdarstellungen in Nachrichtensendungen, erotische Szenen, vulgärer Sprachgebrauch oder überzeichnete Rollenbilder in Reality-Formaten.

Die Werbepraxis bei privaten Fernsehprogrammen – insbesondere in der Prime-Time – wird von zahlreichen Zuschauerinnen und Zuschauern teilweise heftig kritisiert: Dabei zeigt das Publikum Verständnis für die Notwendigkeit der Werbefinanzierung, hält aber bei einigen Programmen die Anzahl und Dauer von Werbeblocks für überzogen und die Art der Platzierung für aufdringlich. Fälle möglicher Schleichwerbung oder unzulässiger Produktplatzierungen wurden ebenfalls gemeldet und an die zuständigen Aufsichtsanstalten weitergeleitet. Im Bereich der Telemedien gab es Beschwerden hauptsächlich zu Fragen des Jugendschutzes und zum Thema Werbung. Hier zeigt sich eine gewachsene Sensibilität des Publikums für die Notwendigkeit der Kennzeichnung werblicher Inhalte in Sozialen Netzwerken wie YouTube, Facebook und Instagram.

Die Vorsitzende der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten, Cornelia Holsten, dankt dem Beschwerdeteam der LMS für seine engagierte Arbeit: „Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt, dass sich Programmbeschwerde.de als Anlaufstelle für Fragen und Anliegen zur Medienwelt bewährt hat – und das gilt auch für Inhalte auf YouTube & Co. Die Landesmedienanstalten werden sich mit diesem Serviceportal weiterhin als Sprachrohr für das Publikum positionieren. Dem Zuschauer Orientierung zu bieten wird in Zeiten rasanten Medienwandels wichtiger als je zuvor.“

LMS-Direktor Uwe Conradt: „Das Portal konnte nicht nur zahlreiche Einzelfälle der Prüfung und teilweise Sanktionierung durch die zuständige Aufsicht zuführen, es liefert auch einen Beleg dafür, dass die Stimmen von Privatpersonen in unserer Gesellschaft auch gegenüber ‚den Medien‘ nicht ohne Gehör bleiben. Wir werden deshalb im Jahr 2018 die Website überarbeiten und schrittweise dialogorientierter gestalten.“

Weiterführende Links:

www.programmbeschwerde.de/

www.die-medienanstalten.de/ueber-uns/organisation/personen/cornelia-holsten/

www.die-medienanstalten.de/ueber-uns/organisation/personen/uwe-conradt/

Hintergrundinformationen:

Das Serviceportal leitet in erster Linie Programmbeschwerden zum privaten Rundfunk und Telemedien, die mögliche medienrechtliche Verstöße zum Inhalt haben, an die jeweils zuständigen Medienanstalten weiter. Programmkritik wird den Zuschauerredaktionen der Sender zugeleitet. Zuschriften zu öffentlich-rechtlichen Programmen gehen direkt an die Rundfunkanstalten der ARD und an das ZDF. Seit seinem Bestehen dient das Portal auch der Information der Öffentlichkeit zu übergreifenden Fragen des dualen Rundfunksystems und der Medienordnung in Deutschland. Es informiert auch über Einzelbereiche wie z. B. Jugendmedienschutz, Werberegulierung und Programmgrundsätze. Oft erfolgen hierzu auch individuelle Auskünfte oder werden weiterführende Informationen vermittelt.

Statistik 2017:

Im Jahr 2017 gingen per E-Mail 1.150 schriftliche Anfragen und Beschwerden ein, die sich hauptsächlich auf die Bereiche Jugendschutz, Programmgrundsätze, Gewinnspiel- und Werberegeln bezogen. 568 Anliegen betrafen konkrete Programminhalte privater Veranstalter bzw. Online-Angebote, 582 bezogen sich auf Sendungen und Angebote öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten bzw. die Aufsicht im dualen System insgesamt. Vereinzelt waren darunter auch Fragen zur Empfangbarkeit von Programmen über unterschiedliche Verbreitungswege.

Damit hat sich die Zahl der schriftlichen Beschwerden, Hinweise und Anfragen (ohne telefonische Kontakte und Korrespondenz) im Jahr 2017 gegenüber 2016 (1.048) erneut erhöht.

118 in diesen Zuschriften enthaltene individuelle oder übergreifende Fragen wurden direkt beantwortet. Das Beschwerdeportal wird auch als Anlaufstelle genutzt von Ratsuchenden, die nicht wissen, an wen sie sich generell im Bereich der Medien bei Problemen wenden können. Dies betrifft zunehmend auch Online-Angebote und Social-Media-Plattformen. Hier bietet Programmbeschwerde.de Orientierung, informiert über Möglichkeiten und Grenzen der Medienregulierung und verweist bei Bedarf auch auf andere Institutionen wie z. B. Freiwillige Selbstkontrollen, den Deutschen Werberat, den Presserat oder Verbraucherberatungen. Diesbezüglich und in Reaktion auf Weiterleitungen wurden 89 Korrespondenzen geführt.

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