Die saarländische Landesregierung und die Spitzen der Bistümer Speyer und Trier haben sich am Dienstag in der Staatskanzlei des Saarlandes in Saarbrücken zu ihrem traditionellen Meinungsaustausch getroffen. Das vierte Gespräch der schwarz-roten Landesregierung unter Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer mit den Bischöfen Dr. Karl-Heinz Wiesemann und Dr. Stephan Ackermann zeigte viele Übereinstimmungen in politischen und gesellschaftlichen Fragen. Insbesondere die Flüchtlingspolitik war ein breit diskutiertes Thema.
„Die Landesregierung ist an einer guten und zielorientierten Zusammenarbeit mit den Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften sehr interessiert“, sagte Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer der Landespressekonferenz Saar im Anschluss an das Spitzengespräch. „Die Gespräche mit der katholischen Kirche sind getragen von einer konstruktiven und angenehmen Atmosphäre.“
Die beiden Bischöfe lobten das Krisenmanagement der Landesregierung in der Flüchtlingssituation. Die Kirchen und das Land sind sich einig, dass sich die Flüchtlingsfrage allein national nicht effektiv und dauerhaft lösen lässt. Die Bekämpfung der Fluchtursachen, die Entwicklung neuer Perspektiven für die Menschen in den betroffenen Staaten und die bessere Steuerung der Migration kann nur in enger Zusammenarbeit mit den europäischen Partnern und den Herkunfts- und Transitländern der Flüchtlingsbewegung gelöst werden. Man müsse sich bewusst sein, dass es bei der Lösung der Flüchtlingsfrage keine einfachen und schnellen Lösungen gebe.
Die Landesregierung und die Bischöfe von Trier und Speyer wollen sich weiter dafür einsetzen, die Integration in unsere Werteordnung von Beginn an intensiv zu unterstützen und die Werte unseres Landes – wie Menschenwürde, Respekt, Toleranz, Gleichberechtigung, Religionsfreiheit, individuelle Freiheit und Autonomie – umfassend zu vermitteln. Ein Ziel ist es, verstärkt Migranten und ihre Organisationen in die Integrationsarbeit einzubinden und Menschen mit Migrationshintergrund, die schon länger in Deutschland leben, als Brückenbauer zu gewinnen. Die Bischöfe laden dazu ein vor Ort den interreligiösen Dialog zu suchen, um den fremden und den eigenen Glauben noch besser kennen zu lernen. Landesregierung und Kirchen wollen Sorge für die soziale Balance in der Gesellschaft tragen, indem sozial benachteiligte Gruppen, Obdachlose, Langzeitarbeitslose, verarmte und vereinsamte Menschen, von Altersarmut bedrohte Menschen gleichermaßen unterstützt werden. Damit sollen Neid, Missgunst und Konkurrenzsituationen mit Flüchtlingen und Integrationsmaßnahmen vermieden und der gesellschaftliche soziale Zusammenhalt gestärkt werden.
Gesprächsgegenstand waren auch die aktuellen Reformprozesse in den Bistümern. Bischof Wiesemann stellte das neue Seelsorgekonzept des Bistums Speyer vor, das eine neue, tragfähige konzeptionelle Grundlage für die Seelsorge schafft. Das Konzept soll den Blick für die aktuellen Herausforderungen öffnen und zu neuen Formen der Seelsorge motivieren. Die Seelsorge im Bistum Speyer soll durch drei Dimensionen geprägt sein: Gemeinschaft, Dialog und Ökumene. Leitende Perspektiven sind „Spiritualität“, „Evangelisierung“, „Anwaltschaft“ für die Schwächeren und das Leben als Teil einer „weltweiten Kirche“. Im Rahmen der inhaltlichen Neuausrichtung wurden 70 neue Pfarreien aus bisher 346 Pfarrgemeinden gebildet. Die Pfarreien setzen sich aus mehreren Gemeinden zusammen. Jede Pfarrei wird ein eigenes pastorales Konzept erarbeiten, um vor Ort mit den eigenen seelsorglichen Angeboten an den richtigen Stellen anzusetzen.
Einen Einblick in den Beratungsstand der Bistumssynode gab Bischof Ackermann. Vier Perspektivwechsel kündigen sich demnach an. Einmal wird die Synode wohl empfehlen, künftig stärker den einzelnen Menschen in seiner persönlichen Situation zu sehen und zu respektieren. Zweitens sind die Getauften eingeladen, ihr Christsein stärker zu entdecken und zu leben. Im Unterschied zur bisherigen Praxis der Gemeinden, Menschen vor allem für festgelegte Tätigkeiten und Aufgaben zu suchen, soll zukünftig der Blick auf die Charismen der Menschen gerichtet sein. Der dritte Perspektivwechsel ist die Einrichtung weiter pastoraler Räume und die Verankerung netzwerkartiger Kooperationsformen. Viertens wird die Synode wohl dafür votieren, das in den Beratungen erfahrene gemeinsame Sehen, Hören, Diskutieren und Entscheiden als synodales Prinzip bistumsweit zu verankern. Die letzte Vollversammlung der Synode (29. April bis 1. Mai in Trier) wird über die Empfehlungen entscheiden.
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