Symbolbild

Das Risiko, dass die deutsche Wirtschaft in den kommenden drei Monaten in eine Rezession gerät, hat in den vergangenen Wochen etwas abgenommen. Die Entspannung ist zwar moderat, es handelt sich aber um den ersten Rückgang der Rezessionswahrscheinlichkeit seit dem Frühjahr 2021, als sich die internationalen Lieferengpässe zugespitzt hatten. Das signalisiert der Konjunkturindikator des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung, der die aktuell verfügbaren Daten zur Wirtschaftslage bündelt. Für den Zeitraum von November bis Ende Januar 2022 weist der Indikator ein Rezessionsrisiko von 40,8 Prozent aus, nach 44,1 Prozent im Vormonat.

Damit wächst der Abstand zur 50 Prozent-Schwelle etwas, was eine Fortsetzung des Aufschwungs signalisiert. Korrespondierend ist die Wahrscheinlichkeit für einen Wirtschaftsboom mit deutlich überdurchschnittlichem Zuwachs in den kommenden drei Monaten auf aktuell 25,1 Prozent gestiegen, nach 19,9 Prozent im Oktober. Die statistische Streuung im Indikator, ein Maß für die Unsicherheit von Wirtschaftsakteuren, ist etwas gesunken. Trotz der leichten Aufhellung bleibt der nach dem Ampelsystem arbeitende Indikator auf „gelbrot“. Damit prognostiziert er für die kommenden drei Monate eine „erhöhte konjunkturelle Unsicherheit“, aber kein Ende der wirtschaftlichen Erholung. In seiner aktuellen Konjunkturprognose rechnet das IMK mit einem Wirtschaftswachstum von 2,6 Prozent in diesem Jahr.

IMK-Konjunkturexperte Peter Hohlfeld wertet die neuen Indikator-Zahlen als erstes Anzeichen dafür, dass sich die Situation in den internationalen Lieferketten etwas entspannt. „Es lässt sich noch nicht sicher sagen, ob die aktuelle Datenlage schon eine Trendwende bei den angebotsseitigen Engpässen signalisiert.“, sagt der Forscher. „Trotz aller Unsicherheit deutet sich aber eine Stabilisierung des Wachstumstempos durch das außenwirtschaftliche Umfeld an.“ Allerdings entstünden durch die stark wachsende vierte Covid-Welle in Deutschland gleichzeitig neue Risiken, warnt Hohlfeld: „Es bleibt zu hoffen, dass die binnenwirtschaftliche Dynamik in den nächsten Wochen nicht durch einschränkende Maßnahmen infolge der hohen Corona-Infektionszahlen in Mitleidenschaft gezogen wird.“

Der aktuelle leichte Rückgang der Rezessionswahrscheinlichkeit beruht vor allem auf steigenden Auftragseingängen aus dem Ausland für die deutsche Industrie. Diesem Aufwärtstrend, der sich auch in den um Großaufträge bereinigten Daten zeigt, misst der Konjunkturindikator eine hohe Bedeutung zu. Ebenfalls positiv auf die Prognose wirkt sich der anhaltend hohe Auftragsbestand der Unternehmen aus, denn er legt nahe, dass es bislang nicht in einem nennenswerten Umfang zu Stornierungen von Aufträgen gekommen ist. Zudem waren im Oktober erstmals seit Beginn der konjunkturellen Erholung nach der Coronakrise die Frachtkosten für Container leicht rückläufig, während der Containerumschlag weiterhin moderat wächst. Gebremst wurde die Aufhellung der Aussichten von schlechteren Werten beim ifo-Geschäftsklimaindex und bei den Auftragseingängen aus dem Inland; diese Faktoren haben eine stärkere Abnahme der Rezessionswahrscheinlichkeit verhindert.

In den IMK-Konjunkturindikator fließen zahlreiche Daten aus der Real- und der Finanzwirtschaft ein. Darüber hinaus berücksichtigt das Instrument Stimmungsindikatoren. Das IMK nutzt die Industrieproduktion als Referenzwert für eine Rezession, weil diese rascher auf einen Nachfrageeinbruch reagiert als das Bruttoinlandsprodukt. Der Konjunkturindikator wird monatlich aktualisiert.

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