Zaghafte Signale für ein Umdenken der Versicherungswirtschaft erkennt der saarländische Minister für Umwelt und Verbraucherschutz, Reinhold Jost, in den jüngsten Äußerungen des Vorstandschefs der Munich Re, eines der weltweit größten Rückversicherungsunternehmen. „Munich-Re-Chef Joachim Wenning hält eine Pflichtversicherung für machbar. Das gibt uns Rückenwind“, so Jost.
Jost hatte sich bereits vor Jahren im Rahmen der Umweltministerkonferenz für eine Pflichtversicherung stark gemacht. „Starkregen und Sturzfluten können im Gegensatz zu den früher im Fokus stehenden Flusshochwässern prinzipiell überall auftreten und jeden treffen. Die möglichen katastrophalen Ausmaße wurden uns jetzt vor Augen geführt. Es ist daher höchste Zeit, dass die Gesellschaft auf die wachsenden Herausforderungen reagiert. Die Einführung einer Pflichtversicherung für Elementarschäden könnte dabei ein wirksamer Baustein der Schadensregulierung sein“, ist der Minister überzeugt. Er behält sich vor, nach den Ferien eine entsprechende Bundesrats-Initiative zu starten.
Im Juni 2015 stand die Konferenz der Justizminister der Einführung einer Pflichtversicherung aufgrund erheblicher rechtlicher und praktischer Bedenken kritisch gegenüber. Nach den katastrophalen Auswirkungen der Starkregenereignisse im Mai und Juni 2016 wurde die Justizministerkonferenz von der Umweltministerkonferenz erneut gebeten, die Einführung einer Pflichtversicherung für sämtliche Elementarschäden zu prüfen.
Die Justizministerkonferenz vom 20./21.6.2017 erklärte dazu:
- es wird die Auffassung geteilt, dass die Einführung einer Pflichtversicherung nur unter engen verfassungsrechtlichen Voraussetzungen möglich ist und
- nach den vorliegenden Daten eine Einführung – auch unter Berücksichtigung der Gefährdung durch Starkregenereignisse – ohne Veränderung des verfassungsrechtlichen Rahmens derzeit nicht gerechtfertigt ist.
Eine andere verfassungsrechtliche Bewertung wäre aber möglich z. B. bei klimatischen Veränderungen oder Änderungen der Datenlage zum Versicherungsmarkt.
Jost: „Es ist nunmehr offensichtlich, dass diese klimatischen Veränderungen vorliegen, und somit an der Zeit, die Einführung einer Pflichtversicherung erneut umfassend zu prüfen und zu implementieren, um Betroffene mit ihren finanziellen und zum Teil existenziellen Schäden an Gebäuden nicht alleine zu lassen. Ein Blick beispielsweise in die Schweiz zeigt, dass eine bezahlbare, verpflichtende Elementarschadensversicherung umsetzbar ist.“
Natürlich müsse die Einführung einer Pflichtversicherung die topografischen und gebäudespezifischen Gegebenheiten sowie die Anpassung auf das jeweilige Hochwasser-/ Starkregenrisiko berücksichtigen und sich bei der Prämienstaffelung wiederfinden. Ein weiter so nach einem schadensbringenden Ereignis dürfe es nicht geben, das Lernen aus einem Ereignis müsse Standard sein, so der Minister. Das könnte durch eine gutachterliche Begleitung (z.B. dem Hochwasserpass) – ähnlich dem TÜV als Voraussetzung einer Autoversicherung – sichergestellt werden. Ansonsten könnte eine Versicherungspflicht den notwendigen Vorsorgeaspekten (z.B. hochwasserangepasstes Planen und Bauen) und damit den fachlichen Kenntnissen zuwiderlaufen.