Schwarze Magie, Trolle und Steine, die die Unsterblichkeit garantieren – im Harry Potter-Universum gibt es viele Dinge und Lebewesen, die in der „echten“ Welt so nicht vorkommen. Auch die Magier-Sportart Quidditch scheint auf den ersten Blick dazuzugehören. Schließlich sausen die Spieler dabei auf Besen durch die Luft. Und doch wird das Spiel auch in Homburg gespielt. Wie das Spiel funktioniert und was dabei besonders wichtig ist, hat uns die Mannschaft bei einem Besuch verraten.
Gut, richtige Besen mit einem Reisigbündel an einem Ende sind es tatsächlich nicht. Und auch der Speed eines „Nimbus 2000“ geht den langen Stäben ab. Aber irgendwo muss man schließlich Abstriche machen. Fliegende Besen gibt es, ähnlich wie fliegende Teppiche, in Homburg eben (noch) nicht. Dementsprechend flitzen die sechs Spieler in der Sporthalle des Christian von Mannlich-Gymnasiums an diesem Montagabend mit einfachen Plastikstöcken in der Hand über das Parkett. Sieht gar nicht mal so einfach aus. Vor allem dann nicht, wenn mit der anderen Hand noch ein Ball kontrolliert werden muss.
„Das ist tatsächlich erst einmal ungewohnt, wenn man einen Besen zwischen den Beinen hat“, räumt Susanne Schäfer von den „Homburg Horntails“ ein. „Aber man gewöhnt sich eigentlich recht schnell daran.“ Das ist aber auch dringend notwendig, denn Quidditch ist wahrlich kein Sport, bei dem man viel Zeit zum Nachdenken hätte. Immer wieder geht es hoch und runter auf dem Feld, der Laie verliert da schnell mal den Überblick, wer jetzt gerade wie am Zug ist.
Das liegt auch daran, dass es gleich mehrere Bälle gibt, die bei diesem sichtlich anstrengenden Sport im Spiel sind. Wie in der Welt von Harry Potter gibt es zum Beispiel Klatscher. Das sind jedoch keine Bälle, die von selbst die Richtung wechseln, wie in den Büchern. Sondern Dodge-Bälle, die auf Spieler der gegnerischen Mannschaft geworfen werden. Bei einem Treffer sind diese, ähnlich wie beim Völkerball, kurzzeitig aus dem Spiel.
Punkte gibt es, wenn ein Volleyball durch einen der drei Ringe des gegnerischen Teams geworfen wurde. Im Normalfall gibt es auch einen Schnatz, der an einer Hose herunterbaumelt und vom gegnerischen Team abgezogen werden muss, um das Spiel zu beenden und dreißig Extra-Punkte zu kassieren. „Mit Schnatz spielen wir jedoch nicht, dafür sind wir zu wenige Leute“, erklärt Trainer Philipp Monz.
Dass Qudditch in Homburg überhaupt gespielt wird, liegt an einer Idee von zwei Studenten. Die fragten sich vor rund drei Jahren gegenseitig, welche Position sie eigentlich spielen würden, wenn sie in der Welt von Harry Potter Quidditch spielen könnten. Und siehe da, schnell stieß man im Internet auf die Info, dass es die Sportart auch in „unserer“ Welt gibt. So wurden dann im Oktober 2018 die „Homburg Horntails“ aus der Taufe gehoben.
15 Leute kamen zum ersten Training, dann flachte das Interesse etwas ab, mittlerweile sind es regelmäßig um die 10 Quidditch-Begeisterte, die mitmachen. Größtenteils Studenten, schließlich ist das Team über den Hochschulsport der Uni organisiert. “Da gibt es dann schon eine gewisse Fluktuation, wenn beispielsweise Leute mit ihrem Studium fertig sind und neue Erstis dazukommen“, erzählt Spielerin Susanne Schäfer. In diesem Oktober konnten die „Horntails“ nun gleich vier Neuankömmlinge begrüßen.
Freilich reicht das noch nicht, um auf Turniere zu fahren, bei denen sich Quidditch-Teams aus ganz Deutschland miteinander messen. Insgesamt 50 davon gibt es im ganzen Land. Zwar besteht eine Mannschaft aus sieben Spielern, doch reicht das in der Regel nicht aus, um konkurrenzfähig zu sein. „Man muss schon ordentlich durchwechseln, weil es doch sehr anstrengend ist“, erläutert Trainer Monz, wieso es rund 14 Spieler braucht, um sinnvoll an einem Wettbewerb teilnehmen zu können. Viel auszumachen scheint es den Spielern der „Homburg Horntails“ jedoch nicht, dass sie zu wenige sind, um sich mit anderen Mannschaften zu duellieren. Sichtlich steht der Spaß im Vordergrund. Taktiktraining steht nicht auf dem Programm, stattdessen wird auf dem Feld immer wieder gelacht.
Liegt womöglich auch daran, dass hier junge Menschen zusammenkommen, die nicht nur Spaß an der sportlichen Betätigung an sich haben. „Dadurch, dass alle Harry Potter-Fans sind, hat man hat direkt eine Gemeinsamkeit, die verbindet“, schildert Susanne Schäfer, warum das Training den Quidditch-Spielern sichtlich viel Spaß macht. Tatsächlich gibt es niemanden im Team, der Harry Potter nicht kennt – höchstens die Bücher wurden von dem ein oder anderen nicht gelesen. Quidditch ist also allen ein Begriff.
Demzufolge kennt auch jeder die spektakulären Szenen, die sich in der Fantasie-Welt auf den fliegenden Besen abspielen. Ganz so halsbrecherisch sind die Spielsequenzen in der Mannlich-Halle freilich nicht. Aber vielleicht gibt es ja tatsächlich irgendwann fliegende Besen. Ob die Quidditch-Faszination so weit geht, diese auch zu besteigen, ist freilich eine andere Frage. Da scheinen einfache Plastikstäbe doch die sicherere Alternative.