Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes in Saarlouis hat in einem aktuellen Beschluss (vom 22.03.2023 – 2 B 10/23 -) den Landkreis Neunkirchen verpflichtet, einem knapp dreijährigen und einem etwa eineinhalb Jahre alten Kind jeweils ab sofort einen wohnortnahen Betreuungsplatz in einer Kindertageseinrichtung oder Kindertagespflege nachzuweisen. Der Platz muss von Montag bis Freitag in der Zeit zwischen 7.00 Uhr und 15.30 Uhr eine Betreuung gewährleisten.
Die Eltern der beiden Kinder hatten den Landkreis unter Vorlage mehrerer Absagen aufgefordert, einen Kita-Platz für die beiden Kinder nachzuweisen. Sie machten geltend, der Vater sei vollschichtig in Saarbrücken beschäftigt und die Mutter wolle wieder ihre Tätigkeit in einem Kreiskrankenhaus aufnehmen, was ihr aber wegen der Betreuung ihrer Kinder nicht möglich sei. Daraufhin teilte ihnen der Landkreis mit, dass er einen Kita-Platz nicht zur Verfügung stellen könne. Der unter Hinweis auf die bundesgesetzliche Verpflichtung, einen Betreuungsplatz wohnortnah zur Verfügung zu stellen (aus § 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII), gestellte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wurde erstinstanzlich vom Verwaltungsgericht des Saarlandes zurückgewiesen. Es nahm an, die Eltern seien auf den beanspruchten Betreuungsplatz nicht angewiesen, weil die Mutter ihre Elternzeit zwischenzeitlich verlängert habe.
Der dagegen erhobenen Beschwerde hat der 2. Senat des OVG nunmehr im Wesentlichen entsprochen. Zur Begründung verweist der unanfechtbare Beschluss darauf, dass der gesetzliche Anspruch unbedingt ausgestaltet sei und daher die vom Verwaltungsgericht angenommene Angewiesenheit der Eltern auf den beanspruchten Betreuungsplatz nicht voraussetze. Die Vorschrift verschaffe Kindern, die das erste Lebensjahr vollendet haben, bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres einen eigenen Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung im Rahmen eines öffentlich-rechtlich geförderten Betreuungsverhältnisses. Dieser Anspruch sei keinem Kapazitätsvorbehalt unterworfen. Der Landkreis sei verpflichtet, eine Betreuungsinfrastruktur sicherzustellen und gegebenenfalls auch die vorhandenen Kapazitäten so zu erweitern, dass sämtlichen anspruchsberechtigten Kindern ein ihrem Bedarf entsprechender Betreuungsplatz nachgewiesen werden könne. Dem Anspruch stehe auch nicht entgegen, dass die Mutter der Kinder ihre Elternzeit verlängert habe, zumal dies nach ihren Angaben vorsorglich deswegen erfolgt sei, weil nicht absehbar gewesen sei, ob und wann eine Betreuungsmöglichkeit für ihre Kinder zur Verfügung stehe. Sorgeberechtigte könnten auch dann eine Halb- oder Ganztagsbetreuung für ihr Kind in einer Halb- oder Ganztagsbetreuung in Anspruch nehmen, wenn sie überhaupt nicht oder nur zum Teil erwerbstätig seien. Sie könnten auch nicht auf die Inanspruchnahme einer Tagesmutter oder eines Tagesvaters verwiesen werden.
Quelle: Oberverwaltungsgericht des Saarlandes