Bild: Stephan Bonaventura
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Derzeit werden die zahlreichen Ukraine-Flüchtlinge noch auf Wohnungen im Stadtgebiet verteilt. Wie lange das noch möglich ist, steht jedoch in den Sternen. Deshalb bereitet die Stadt in Zusammenarbeit mit Hilfsorganisationen das Sportzentrum Erbach als Notunterkunft vor; der Aufbau ist gerade im vollen Gange. HOMBURG1 war auf der Baustelle zu Besuch.

Hallenpanorama – Bild: Stephan Bonaventura

Dicht an dicht reihen sich weiße Kabinen aneinander, in manchen warten bereits Betten mit noch verpackten Matratzen – ganz fertig ist man im Sportzentrum Erbach noch nicht. Doch für körperliche Freizeitaktivitäten eignet sich die große Halle bereits jetzt nicht mehr. Stattdessen werden hier in naher Zukunft Ukraine-Flüchtlinge unterkommen, zumindest dann, wenn der Wohnraum in der Stadt nicht mehr ausreicht. Als Notunterkunft ist das Sportzentrum gedacht, wenn möglich sollen die Menschen hier so wenig Zeit wie unbedingt nötig verbringen.

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Bild: Stephan Bonaventura

Denn eine solche Sammelunterkunft ist auf längere Sicht kaum etwas für Frauen und Kinder, die momentan den weit überwiegenden Teil der Ukraine-Flüchtlinge ausmachen. Auch wenn sich die zahlreichen Helfer alle Mühe geben, um die Unterbringung auf Vordermann zu bringen. Dazu mussten zunächst Tonnen an Sperrmüll aus dem Gebäude gebracht werden, bevor schließlich das Technische Hilfswerk die Kabinen und Feldbetten aufstellte. Die wurden der Stadt vom Kreis-Katastrophenschutz ausgeliehen. Die ursprünglichen Kabinen waren für Familien mit Kindern jedoch zu klein und so kamen die Helfer auf die Idee, die Innenwände auszubauen, damit sozusagen zwei Kabinen von einer Familie genutzt werden können. Am Ende soll es so Schlafplätze für bis zu 300 Menschen geben.

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Noch stehen jedoch nicht alle Kabinen und auch ansonsten ist noch viel zu tun, wie das emsige Treiben in der Halle und den Nebenräumen nahelegt. Überall sind Menschen beschäftigt, um das Gebäude für die Flüchtlinge herzurichten. Da wird gesägt, hier wird gehämmert, in der Küche der ehemaligen Gaststätte wird gar ein ganzer Raum verputzt. Und das ist nur die von außen sichtbare Arbeit, mit der rund 15 Menschen beschäftigt sind.

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Gerade wird auch in der Küche noch gearbeitet – Bild: Stephan Bonaventura

Dazu kommen noch Dutzende städtische Mitarbeiter, die im Hintergrund an vielen verschiedenen Dingen arbeiten. Da geht es, typisch Deutschland, nicht zuletzt auch um bürokratische Vorgaben. Schließlich ist das Sportzentrum offiziell ja nicht als Flüchtlingsunterkunft ausgewiesen. So muss zum Beispiel der Brandschutz auf die neue Situation hin angepasst werden. Auch andere bauliche Vorschriften sind zu beachten. Nachlässigkeiten darf man sich nicht erlauben, denn am Ende muss alles auch noch vom Gesundheitsamt des Kreises abgenommen werden. Zumindest Platzmangel hat man nicht, die erforderliche Quadratmeterzahl für Toiletten, Duschen und Unterkunft werden in dem Riesengebäude locker erreicht.

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Bild: Stephan Bonaventura

Wenn alles fertig ist, sollen nicht nur Schlafplätze auf die Ankömmlinge warten, sondern auch Aufenthaltsmöglichkeiten, ein Essensbereich sowie menschenwürdige Sanitäranlagen, die in den Umkleidekabinen unterkommen. Diese werden deshalb derzeit unter anderem mit neuen Leitungen und Duscharmaturen ausgestattet. Im ehemaligen Kraftraum der Leichtathleten werden neu gekaufte Waschmaschinen und Trockner angeschlossen, in der früheren Gaststätte soll schließlich die Essensausgabe erfolgen. Die Nahrung selbst kommt von einem oder mehreren Caterern, da laufen noch die Verhandlungen. Im Gästeraum der Wirtschaft wird es unter anderem Teekocher geben. Und in der heutigen Zeit ganz wichtig: Steckdosen. Hier können die Menschen dann ihre elektronischen Geräten aufladen, weil es in den Schlafkabinen selbst keinen Stromanschluss geben wird.

Das kostet natürlich alles Geld, doch wenn alles ordnungsgemäß über die Bühne geht, dürfte zumindest nicht die klamme Stadt für die Kosten aufkommen. Diese werden aller Voraussicht nach Land und Bund übernehmen. Aber auch so muss von städtischer Seite noch viel bedacht werden. Nicht zuletzt der soziale Aspekt, denn es kommen ja vor allem Frauen und Kinder. Deswegen soll es, wenn möglich, draußen Sportprogramme für die Kleinen geben. „Deswegen ist die Wahl letztlich auf das Sportzentrum gefallen, weil es hier eine große Außenanlage gibt, die auch entsprechend eingezäunt ist“, sagt Philipp Scheidweiler, der von Seiten der Stadt für die Koordinierung des Projekts zuständig ist.

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Scheidweilers Hinweis auf die Umzäunung bringt noch einen anderen Aspekt ins Spiel, der die Verantwortlichen beschäftigt. Denn längst nicht alle, die später vor Ort sind, könnten nur Gutes im Schilde führen. Deshalb wird ein Sicherheitsdienst engagiert. Weniger, um Streitigkeiten in der Halle zu schlichten, sondern eher dafür, die ein- und ausgehenden Personen im Auge zu behalten. Vollkommen übersichtlich wird es zu Beginn nämlich nicht. „Wir werden mit einer Grundbelegung von 30 Personen anfangen und dann wird sich das täglich entwickeln“, verrät Scheidweiler. „Letztlich würden wir uns natürlich wünschen, dass gar niemand hier einziehen müsste.“ Ob das ein frommer Wunsch bleibt, kann derzeit niemand sagen. Eines scheint jedoch sicher: Nach Ostern könnten im Sportzentrum die ersten Flüchtlinge unterkommen.

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